Entgelttransparenzrichtlinie: Was Unternehmen wissen müssen

Möchten Sie sich als Arbeitgeber frühzeitig auf die geplanten Neuerungen der Entgelttransparenzrichtlinie vorbereiten und umfassend darüber informieren, welche Rechte und Pflichten damit auf Sie zukommen?

Die Entgelttransparenzrichtlinie (RL (EU) 2023/970), die am 06. Juni 2023 in Kraft getreten ist, zielt darauf ab, die Lohntransparenz innerhalb der EU-Mitgliedstaaten zu fördern und Diskriminierungen bei der Entgeltzahlung aufgrund des Geschlechts zu beseitigen. Für Unternehmen bringt diese Richtlinie künftig erhebliche Änderungen und Pflichten mit sich.

Im Folgenden geben wir zunächst einen Überblick über die zentralen Inhalte der Entgelttransparenzrichtlinie (dazu unter 1.) und dessen geplante Umsetzung (dazu unter 2.).

Anschließend geben wir Handlungsempfehlungen für Unternehmen (dazu unter 3.), erläutern die Konsequenzen bei Nichtbeachtung der Richtline (dazu unter 4.) und stellen ein kurzes Fazit dar (dazu unter 5.).

1. Ziele und Inhalte der Entgelttransparenzrichtlinie

Die Richtlinie verfolgt das Ziel, den Grundsatz des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit durch mehr Transparenz und stärkere Durchsetzungsmechanismen zu gewährleisten. Die Vorgaben gelten grundsätzlich für alle Arbeitgeber, unabhängig von der Unternehmensgröße.

Die wichtigsten Vorgaben umfassen:

Transparenz bei der Vergütung:

Arbeitgeber müssen ihren Mitarbeitenden auf Anfrage Informationen über die individuelle Bezahlung, das Gehaltsgefüge sowie die Kriterien zur Gehaltsfestlegung bereitstellen. Diese Informationen müssen klar und verständlich formuliert sein.

Information vor dem Vorstellungsgespräch:

Bereits vor einem Vorstellungsgespräch sind Arbeitgeber verpflichtet, Informationen über das Einstiegsgehalt bereitzustellen.

Zusammenarbeit mit Betriebsrat bei Entgeltgefälle von mindestens 5 %

Ein Entgeltunterschied von mindestens 5 %, der nicht durch objektive und geschlechtsneutrale Kriterien gerechtfertigt werden kann und innerhalb von sechs Monaten nicht behoben wurde, verpflichtet Arbeitgeber künftig dazu, gemeinsam mit den Arbeitnehmervertretungen zusammenzuarbeiten. Ziel dieser Zusammenarbeit ist es, diskriminierende Entgeltunterschiede zu identifizieren, zu korrigieren und durch geeignete Maßnahmen dauerhaft zu verhindern (sog. „Joint Pay Assessment“).

Regelmäßige Berichterstattung:

Unternehmen mit mindestens 100 Arbeitnehmern sind verpflichtet, Berichte über geschlechtsspezifische Lohnunterschiede zu erstellen und diese an die zuständigen Behörden zu übermitteln.

Jährliche Information über Auskunftsrechte:

Mitarbeitende müssen jährlich über ihr Recht auf Auskunft informiert werden. Diese Informationspflicht besteht nicht für Unternehmen mit weniger als 50 Arbeitnehmern. Arbeitnehmer haben ebenfalls ein individuelles Auskunftsrecht in Bezug auf

  • Individuelle Entgelthöhe
  • Durchschnittliche Entgelthöhe der Arbeitnehmer, die gleiche oder gleichwertige Arbeit leisten, aufgeschlüsselt nach Geschlecht

Verlagerung der Beweislast:

In Streitfällen liegt die Beweislast künftig beim Arbeitgeber, der nachweisen muss, dass keine Entgeltdiskriminierung vorliegt.

2. Zeitplan und Umsetzung der Richtlinie

Die Entgelttransparenzrichtlinie muss bis zum 07. Juni 2026 in deutsches Recht umgesetzt werden. Die Bundesregierung plant jedoch eine frühere Umsetzung durch eine Anpassung des Entgelttransparenzgesetzes.

Die Berichtspflichten für Unternehmen treten gestaffelt nach Unternehmensgröße in Kraft:

  • Ab 7. Juni 2027: Unternehmen mit 250 oder mehr Mitarbeitenden müssen jährlich Berichte erstellen.
  • Ab 7. Juni 2031: Unternehmen mit 150 bis 249 Mitarbeitenden müssen alle drei Jahre Berichte vorlegen.
  • Ab 7. Juni 2031: Unternehmen mit 100 bis 149 Mitarbeitenden müssen ebenfalls alle drei Jahre Berichte erstellen.

Unternehmen mit weniger als 100 Mitarbeitenden sind von der Berichtspflicht ausgenommen, können jedoch freiwillig Informationen veröffentlichen. Es bleibt abzuwarten, ob der deutsche Gesetzgeber für kleinere Unternehmen zusätzliche Pflichten einführt.

3. Handlungsbedarf für Unternehmen

Die Umsetzung der Entgelttransparenzrichtlinie erfordert eine gründliche Vorbereitung und Anpassung interner Prozesse. Unternehmen sollten unter anderem folgende Maßnahmen ergreifen:

  • Überprüfung der Vergütungsstrukturen:

Arbeitgeber sollten ihre Gehaltsstrukturen auf geschlechterneutrale und diskriminierungsfreie Kriterien hin überprüfen und gegebenenfalls anpassen.

  • Einführung transparenter Kriterien:

Klare und nachvollziehbare Kriterien zur Gehaltsfestlegung und -entwicklung müssen definiert und dokumentiert werden. Einschließlich Sondervergütungsbestandteile.

  • Schulung von Führungskräften und HR-Verantwortlichen:

Führungspersonal sollte in Bezug auf faire Entgeltstrukturen und die neuen gesetzlichen Anforderungen geschult werden.

  • Vorbereitung auf Berichtspflichten:

Unternehmen sollten frühzeitig Systeme zur Erhebung und Analyse von Entgeltdaten einführen, um die Berichtspflichten fristgerecht erfüllen zu können.

  • Erstellung von Musterdokumenten

Arbeitgeber sollten ebenfalls mit der Erstellung von Musterdokumenten anfangen (Beispiel: Informationsschreiben für Arbeitnehmer).

4. Rechtliche Konsequenzen bei Nichteinhaltung

Die Missachtung der Vorgaben der Entgelttransparenzrichtlinie kann erhebliche rechtliche und finanzielle Konsequenzen nach sich ziehen:

Geldbußen:

Unternehmen, die die Vorgaben nicht einhalten, können mit empfindlichen Geldbußen belegt werden.

Schadensersatzklagen:

Arbeitnehmer können Schadensersatzansprüche geltend machen, wenn sie aufgrund geschlechtsspezifischer Lohnunterschiede diskriminiert wurden.

Verlagerung der Beweislast:

In Streitfällen ist der Arbeitgeber verpflichtet nachzuweisen, dass keine Entgeltdiskriminierung vorliegt, was die rechtliche Verteidigung erschwert.

5. Fazit

Die Entgelttransparenzrichtlinie bringt tiefgreifende Änderungen für Unternehmen mit sich, bietet jedoch auch die Möglichkeit, die Chancengleichheit zu fördern und die Attraktivität als Arbeitgeber zu steigern. Eine frühzeitige Vorbereitung und die Anpassung interner Prozesse sind entscheidend, um rechtliche Risiken zu minimieren und die neuen Anforderungen erfolgreich umzusetzen.

Wenn Sie Unterstützung bei der Umsetzung der Entgelttransparenzrichtlinie in Ihrem Unternehmen benötigen, stehen wir Ihnen mit unserer arbeitsrechtlichen Expertise gerne zur Seite. Kontaktieren Sie uns für eine individuelle Beratung.

Dr. Daniel Weigert, LL.M. (Lund)

Rechtsanwalt · Fachanwalt für Arbeitsrecht
MBA
Data Protection Risk Manager
Wirtschaftsmediator (IHK)
Negotiator (EBS) · Negotiation Master Class (Harvard)

Ballindamm 27 · 20095 Hamburg

t +49 40 2285 11210
kanzlei@danielweigert.de

Anrufen! Emailen!