Die Befristung von Arbeitsverhältnissen – Rechtlicher Rahmen und typische Fehler

Ergänzend zu meinem instruktiven Artikel zu befristeten Arbeitsverhältnissen stelle ich nachfolgend die typischen Fehler dar, die in Bezug auf die Sachgründe des § 14 Abs. 1 TzBfG geschehen.

 

1. Befristungsgrund: Vorübergehender Bedarf (§ 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 TzBfG)

Typische Beispiele für Befristungen zur Deckung eines vorübergehenden Beschäftigungsbedarfs sind Projekte. Allerdings kann nicht zur Umgehung des Befristungsrechts ein „Projekt“ vorgeschoben werden. Gerichte prüfen ggf., ob bei Vertragsschluss das Projektende durch greifbare Tatsachen hinreichend sicher feststeht (BAG 04.12.2013 – 7 AZR 277/12). Ob sich die Prognose nachträglich als richtig herausstellt, ist hingegen unerheblich.

Merke

Arbeitsverhältnisse können projektbefristet werden!

 

2. Im Anschluss an ein Studium oder eine Ausbildung (§ 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 TzBfG)

Ein weiterer Sachgrund zur Befristung liegt vor, wenn das Arbeitsverhältnis im Anschluss an ein Studium oder eine Ausbildung begründet werden soll, um dem Arbeitnehmer den Übergang in eine Anschlussbeschäftigung zu erleichtern. Das kommt etwa in Betracht in Bezug auf Studenten, die im Studium bereits nebenbei „gejobbt“ haben, weil eine Anschlussbeschäftigung ohne Sachgrund dann nicht möglich ist. Nach einer Ausbildung darf jedoch keine Sekunde zwischen dem Ausbildungsende und dem Befristungsbeginn liegen, da ansonsten ein unbefristetes Arbeitsverhältnis entsteht (§ 24 BBiG). Ansonsten muss die Anschlussbeschäftigung zwar nicht unmittelbar nach dem Studienende beginnen, es darf aber keine Zwischenbeschäftigung vorgelegen haben (BAG 24.08.2011 – 7 AZR 368/10).

 

3. Zur Vertretung (§ 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 TzBfG)

Der wohl häufigste Sachgrund ist die Vertretung eines anderen Arbeitnehmers. Typische Fälle sind Langzeiterkrankungen und Elternzeitvertretungen. Das größte Praxisproblem dieser Sachgrundgruppe ist dasjenige der Kettenbefristungen. Siehe dazu mein Artikel zu typischen Problemen von Befristungen. Dem Befristungsgrund steht jedenfalls nicht entgegen, dass der Arbeitgeber keine Personalreserve, etwa für Elternzeitfälle, vorhält (BAG 26.10.2016 – 7 AZR 135/15).

Merke

Langzeiterkrankte und Mitarbeiter in Elternzeit können durch befristet Beschäftigte ersetzt werden!

 

4. Eigenart des Arbeitsverhältnisses (§ 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 TzBfG)

Ein Sachgrund kann auch in der Eigenart des Arbeitsverhältnisses liegen. Typische Fälle sind solche, in denen ein Arbeitnehmer zu einer besonders persönlichen Zusammenarbeit verpflichtet ist, etwa der persönliche Referent eines Universitätspräsidenten (LAG Berlin-Brandenburg 30.10.2018 – 7 Sa 711/18), in denen ein vertragstypischer, das übliche Maß deutlich übersteigender Verschleiß eintritt, was etwa bei Sportlern und Trainern der Fall sein kann (BAG 16.01.2018 – 7 AZR 312/16) oder bei einem besonderen Abwechslungsbedürfnis des Publikums, etwa bei Schauspielern (BAG 30.08.2017 – 7 AZR 864/15), sowie im programmgestaltenden Bereich von Presse und Rundfunk (Vgl. BVerfG 18.02.2000 – 1 BvR 491, 562/93 u. 1 BvR 624/98).

Merke

Typische Befristungsgründe sind ein Abwechslungsbedarf des Publikums oder ein besonderer Verschleiß durch Zeitablauf, etwa bei Sportlern.

 

5. Erprobung (§ 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 TzBfG)

Der Sachgrund der Erprobung hat nur einen geringen praktischen Anwendungsbereich. Zum einen können in der Regel sachgrundlose Befristungen für bis zu zwei Jahre vereinbart werden. Zum anderen können Arbeitsverhältnisse für sechs Monate aufgrund der Wartezeit in § 1 KSchG ohnehin gekündigt werden. Insofern hat dieser Sachgrund nur einen praktischen Anwendungsbereich, wenn für eine Erprobung ausnahmsweise ein längerer Zeitraum als sechs Monate erforderlich ist und eine sachgrundlose Befristung, etwa aufgrund einer Vorbeschäftigung, ausgeschlossen ist. Bei einer Vorbeschäftigung ist jedoch wiederum zu prüfen, ob überhaupt noch eine Befristung zur „Erprobung“ möglich ist, weil der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber bereits aus einem anderen Arbeitsverhältnis bekannt ist (BAG 25.10.2017 – 7 AZR 712/15).

 

6. Person des Arbeitnehmers (§ 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 TzBfG)

Es ist auch möglich, ein Arbeitsverhältnis zu befristen, wenn das in der Person des Arbeitnehmers begründet ist. Dies kann etwa der Fall sein, wenn dessen Aufenthaltserlaubnis zeitlich beschränkt ist. Der wichtigste Anwendungsfall dieses Befristungsgrundes ist wohl der Wunsch des Arbeitnehmers. Allerdings kann das Befristungsrecht nicht umgangen werden, indem schlicht behauptet wird, die Befristung entspreche dem Wunsch des Arbeitnehmers. Um eine solche Umgehung zu vermeiden, verlangt die Rechtsprechung objektive Anhaltspunkte für das Interesse des Arbeitnehmers (BAG 18.01.2017 – 7 AZR 236/15). In Betracht kommt etwa der feststehende Beginn eines Studiums, des Wehrdienstes oder eines sonstigen Zeitpunkts, zu dem das Arbeitsverhältnis aus Sicht des Arbeitnehmers enden muss.

Merke

Der Wunsch des Arbeitnehmers nach der Befristung muss objektiv indiziert sein!

 

7. Zweckbindung von Haushaltsmitteln (§ 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 TzBfG)

Nach dieser Regelung ist auch die Zweckbindung von Haushaltsmitteln ein Sachgrund im Sinne des Befristungsrechts. Allerdings privilegiert dies den Staat gegenüber privaten Arbeitgebern, da nur der Staat Haushalte festlegt. Insofern ist nach der ganz herrschenden Meinung diese Regelung europarechtswidrig, wobei der Europäische Gerichtshof darüber noch nicht abschließend entschieden hat.

 

8. Gerichtlicher Vergleich (§ 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 8 TzBfG)

Es soll auch genügen, wenn eine Befristung in einem gerichtlichen Vergleich vereinbart wird. Allerdings schränkt das Bundesarbeitsgericht diesen Sachgrund erheblich ein. So greift er nur dann, wenn das Gericht sowohl das Vorliegen eines Sachgrundes als auch den Aspekt des Rechtsmissbrauchs vor Vergleichsschluss konkret geprüft hat (BAG 21.3.2017 – 7 AZR 369/15), was praktisch nie der Fall sein dürfte.

Dr. Daniel Weigert, LL.M. (Lund)
Rechtsanwalt · Fachanwalt für Arbeitsrecht
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