Aktuelles: Umsetzung der Vereinbarkeitsrichtlinie

Am 24. Dezember 2022 ist das Vereinbarkeitsrichtlinienumsetzungsgesetz (VRUG) in Kraft getreten. Grundlage hierfür ist die europäische Richtlinie von 2019 (EU 2019/1158) zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige, die von den EU-Mitgliedsstaaten in nationales Recht umzusetzen war. In Deutschland ändert sich dadurch wenig – dieses Wenige stellen wir nachfolgend dar.

  1. Wie gestaltet die europäische Richtlinie das Thema Work-Life-Balance?
  2. Was sieht der Gesetzesentwurf der Bundesregierung vor?
    a) Elternzeit: Begründung der Antragsablehnung, § 15 BEEG
    b) Pflegezeit in Kleinbetrieben, § 3 PflegeZG
    c) Zuständigkeitserweiterung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, § 27 AGG
    d) Eigenes Gesetzgebungsvorhaben: Bezahlte Auszeit für zweiten Elternteil
  3. Zusammenfassung

1. Wie gestaltet die europäische Richtlinie das Thema Work-Life-Balance?

Die Richtlinie (EU) 2019/1158 hat zum Ziel, die Chancengleichheit von Männern und Frauen im Berufsleben – welches ein unionsrechtlich geschütztes Grundprinzip ist – in den EU-Mitgliedsstaaten zu unterstützen und die Vereinbarkeit des Berufs- und Privatlebens von Eltern und pflegenden Angehörigen zu erleichtern. Dadurch verpflichtet sie Mitgliedsstaaten, Regelungen zum Vaterschafts- und Elternurlaub, Pflegeurlaub, flexible Arbeitszeitregelungen und Kündigungsschutzregelungen zu implementieren. Die meisten davon gab es in Deutschland bereits, sodass sich die Anpassungen des deutschen Arbeitsrechts in Grenzen halten.

Merke

Die Richtlinie (EU) 2019/1158 soll die Chancengleichheit zwischen Männern und Frauen im Arbeitsleben unterstützen und eine bessere Work-Life-Balance fördern!

2. Was ändert das VRUG in Deutschland?

Das Gesetzesentwurf zur weiteren Umsetzung der europäischen Vereinbarkeitsrichtlinie (VRUG) enthält unter anderem folgende Anpassungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes, des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes sowie des Pflegezeitgesetzes:

a) Elternzeit: Begründung der Antragsablehnung, § 15 BEEG

Die Ablehnung eines Antrags auf flexible Arbeitszeitregelungen (z.B. Verringerung oder Verteilung der Arbeitszeit) in der Elternzeit ist – unabhängig von der Betriebsgröße – von dem Arbeitgeber zu begründen (§ 15 Abs. 5 S. 4 BEEG).

Bisher war die Ablehnung des Arbeitgebers gemäß § 15 BEEG unter anderem nur bei einer Betriebsgröße von regelmäßig mehr als 15 Arbeitnehmern zu begründen.

b) Pflegezeit in Kleinbetrieben, § 3 PflegeZG

Auch in Kleinbetrieben können Arbeitnehmer nun Familienpflegezeit (24 Monate gemäß § 2 FPfZG) oder Pflegezeit (bis zu sechs Monate für jeden pflegebedürftigen nahen Angehörigen gemäß §§ 3, 4 PflegeZG) beantragen. Dies war bisher nur ab einer Betriebsgröße von regelmäßig mehr als 15 Arbeitnehmern (PflegeZG) bzw. 25 (FPfZG) möglich. Der Arbeitgeber muss diesen Antrag innerhalb von 4 Wochen beantworten und hat eine etwaige Ablehnung zu begründen.

Ab dem Beginn und für die Dauer der Freistellung haben die Arbeitnehmer zudem einen Sonderkündigungsschutz (§ 5 Abs. 1 S. 2 PflegeZG).

c) Zuständigkeitserweiterung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, § 27 AGG

Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes ist nun zuständig für Diskriminierungen im Sinne der Vereinbarungsrichtlinie. Arbeitnehmer, die sich aufgrund ihrer Eltern-, Pflege-, oder Familienpflegezeit oder des Rechts zum Fernbleiben von der Arbeit im akuten Pflegefall oder bei dringenden familiären Gründen benachteiligt fühlen, können sich in diesen Fällen an die Antidiskriminierungsstelle wenden.

d) Eigenes Gesetzgebungsvorhaben: Bezahlte Auszeit für zweiten Elternteil

Die Bundesregierung hat in Bezug auf den in der Richtlinie bestimmten Urlaub für den zweiten Elternteil im Rahmen der Geburt des eigenen Kindes ein eigenes Gesetzgebungsvorhaben angekündigt. Dieses Gesetzgebungsvorhaben – das sogenannte „Paket für mehr Partnerschaftlichkeit“ – war zunächst für 2022 angestrebt, wird nun vermutlich erst 2024 umgesetzt und soll folgende Punkte enthalten:

  • Einführung 2-wöchiger bezahlter Freistellung für den/die Partner/Partnerin direkt nach der Geburt des Kindes,
  • Erweiterung der Partnermonate im Elterngeld,
  • Verlängerung des Kündigungsschutzes nach einer längeren Elternzeit.

3. Zusammenfassung des VRUG, dem  Vereinbarkeitsrichtlinienumsetzungsgesetz

Das VRUG enthält, obwohl die europäische Richtlinie (EU) 2019/1158 hierfür genügend Anlass gegeben hat, keine wesentlichen Änderungen in Bezug auf das Thema Work-Life-Balance im deutschen Recht. Es besteht daher momentan kein unmittelbarer Handlungsbedarf für Arbeitgeber.

Die Bundesregierung hatte zwar zunächst ein eigenes Gesetzgebungsvorhaben, das „Paket für mehr Partnerschaftlichkeit“, noch für 2022 angekündigt. Dies wird nun vermutlich erst 2024 umgesetzt werden. Es bleibt daher abzuwarten, ob die Bundesregierung in diesem Zusammenhang für umfassendere neue Regelungen sorgt.

Bei Fragen zu den neuen Regelungen der Umsetzung der Vereinbarkeitsrichtlinie zu Beruf und Privatleben stehe ich jederzeit gern zur Verfügung.

Dr. Daniel Weigert, LL.M. (Lund)
Rechtsanwalt · Fachanwalt für Arbeitsrecht
Data Protection Risk Manager
Wirtschaftsmediator

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