Die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung

Am 1. Januar 2023 hat die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AUB) die AUB in Papierform weitgehend abgelöst. Nachfolgend werden die Neuerungen, die aus arbeitsrechtlicher Perspektive Arbeitnehmer sowie Arbeitgeber betreffen dargestellt.

  1. Die Einführung der elektronischen AUB
  2. Was ändert sich für Arbeitnehmer?
  3. Besteht für Arbeitgeber Handlungsbedarf?
    a) Betriebsvereinbarungen überprüfen
    b) Anpassung aktueller Arbeitsverträge
    c) Welche Informationen erhalten Arbeitgeber und wann dürfen diese abgefragt werden?
  4. Haben Betriebsräte ein Mitbestimmungsrecht?

1. Die Einführung der elektronischen AUB

Seit dem 1. Januar 2023 hat die bisherige von Vertragsärzten ausgestellte AUB in Papierform durch die elektronische AUB weitgehend abgelöst. Lediglich in Störfallen (zum Beispiel: Internet für die Datenübermittlung funktioniert nicht) kann gegebenenfalls eine AUB in Papierform ausgestellt werden.

Wie bekommt der Arbeitgeber elektronische AUB? Arbeitgeber erhalten von nun an nicht mehr die typische gelbe AUB von Arbeitnehmern in Papierform, sondern können nur noch die Informationen der AUB elektronisch bei den Krankenkassen abfragen (§§ 109 SGB IV, 295 SGB V).

Stellt also ein Vertragsarzt die Arbeitsunfähigkeit eines Arbeitnehmers fest, wird die elektronische AUB zunächst an die gesetzliche Krankenkasse weitergeleitet und auf dem Kommunikationsserver den Arbeitgebern zum Abruf bereitgestellt. Die gesetzlichen Krankenkassen haben einen gemeinsamen Kommunikationsserver.

 

Merke

Arbeitgeber müssen seit dem 1. Januar 2023 die Daten der AUB der Arbeitnehmer elektronisch im Krankenkassenserver abfragen!

2. Was ändert sich für Arbeitnehmer?

Gesetzlich versicherte Arbeitnehmer müssen die AUB in gelbem Papierformat nicht mehr ihren Arbeitgebern zukommen lassen, sondern haben gemäß § 5 Abs. 1 a EFZG durch einen Arzt die Arbeitsunfähigkeit lediglich feststellen zu lassen. Arbeitnehmer erhalten einen Ausdruck des Formulars.

Nach wie vor müssen Arbeitnehmer die Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer dem Arbeitgeber gegenüber anzeigen. Sie sind außerdem bei einer Arbeitsunfähigkeit die länger als drei Kalendertage andauert dazu verpflichtet, ihrer Feststellungs- und Anzeigepflicht nachzukommen.

Die elektronische AUB gilt nicht (§ 5 Abs. 1 a EFZG) für

  • Privatversicherte,
  • für Personen, die eine geringfügige Beschäftigung in Privathaushalten ausüben und
  • bei der Feststellung der Arbeitsunfähigkeit durch einen Arzt, der nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnimmt. Diese sind ohnehin von der Übermittlungspflicht nach § 295 SGB V ausgeschlossen.

In diesen Fällen sowie bei Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Ausland, gilt weiterhin die Nachweispflicht der AUB in Papierform.

Merke

Gesetzlich Versicherte Arbeitnehmer müssen ihre Arbeitsunfähigkeit ärztlich feststellen lassen und dem Arbeitgeber mitteilen. Die Pflicht zum Einreichen der AUB in Papierform beim Arbeitgeber entfällt!

3. Besteht durch die eAUB für Arbeitgeber Handlungsbedarf?

Arbeitgeber und Personalabteilungen sollten sich mit dem Abruf der elektronischen AUB und den zugehörigen Kommunikationsservern der gesetzlichen Krankenkassen dringend auseinandersetzen. Die AUB erhalten diese von nun an nur durch eigene Initiative.

Arbeitgeber haben aber auch seit diesem Jahr das Recht vor Ablauf der drei Kalendertage im Sinne des § 5 EZFG die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers zu verlangen.

Auch folgende Punkte sollten unter anderem beachtet werden:

a) Betriebsvereinbarungen überprüfen

Arbeitgeber sollten bestehende Betriebsvereinbarungen mit Einigungen zu § 5 EFZG nach ihrer Wirksamkeit überprüfen und gegebenenfalls ändern.

b) Anpassung aktueller Arbeitsverträge

Ebenfalls sollten zumindest die ab jetzt abgeschlossenen Arbeitsverträge der Gesetzeslage angepasst werden.

Wir empfehlen Arbeitgebern, die typischen arbeitsvertraglich geregelten Vorlagepflichten im Arbeitsvertragsmuster um folgende Regelung zu ergänzen:

Die voranstehenden Vorlagepflichten gelten nicht, soweit § 5 Abs. 1a EFZG die Vorlagepflicht ausschließt. In diesem Fall tritt an die Stelle der Vorlagepflicht die Pflicht, das Bestehen einer Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer feststellen und sich eine ärztliche Bescheinigung aushändigen zu lassen.“

c) Welche Informationen erhalten Arbeitgeber und wann dürfen diese abgefragt werden?

Arbeitgeber erhalten u.a. folgende Informationen durch den elektronischen Abruf der AUB:

  • Name Arbeitnehmer/in,
  • Beginn und Ende der Arbeitsunfähigkeit,
  • Erst- bzw. Folgemeldung,
  • Datum der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit,
  • Angabe, ob Arbeitsunfähigkeit auf Arbeitsunfall oder sonstigen Unfall beruht.

Sie dürfen diese Informationen bei der jeweiligen Krankenkasse abfragen, wenn sie hierzu berechtigt sind. Arbeitgeber sind Abfrageberechtigt, wenn der gesetzlich Versicherte Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Arbeitsunfähigkeit bei ihnen beschäftigt ist und die Arbeitsunfähigkeit nach § 5 EFZG mitgeteilt hat. Der Anzeigepflicht des Arbeitnehmers wird daher künftig eine größere Bedeutung zukommen, da der Arbeitgeber nur dadurch Kenntnis von der Arbeitsunfähigkeit erlangt.  

Sinnvoll ist es mit dem Abrufen abzuwarten, bis den Arbeitnehmer die Feststellungs- und Anzeigepflicht trifft damit die AUB an die Krankenkasse übermittelt werden konnte. Die elektronische AUB kann für die Dauer des Beschäftigungszeitraums auch rückwirkend zum 1. Oktober 2021 nachträglich abgerufen werden. 

Arbeitgeber erhalten nunmehr keine Information mehr bezüglich des die AUB ausstellenden Arztes. Insofern könnte mangels Hinweises der ärztlichen Fachrichtung die Nachforschung, ob eine Fortsetzungserkrankung im Sinne des § 3 EFZG vorliegt, erschwert werden.

Merke

Arbeitgeber müssen proaktiv die AUB elektronisch abfragen und sollten bestehende Betriebsvereinbarungen und aktuelle Arbeitsverträge der aktuellen Gesetzeslage anpassen.

4. Hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht im Zusammenhang mit der AUB?

Betriebsräten steht im Zusammenhang mit der elektronischen AUB grundsätzlich kein Mitbestimmungsrecht zu. In Fällen in denen der Arbeitgeber auf Feststellung der Arbeitsunfähigkeit der Arbeitnehmer vor Ablauf der drei Kalendertage im Sinne des § 5 EFZG besteht kann für Betriebsräte jedoch ein Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG („Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb“) folgen.

Dies gilt allerdings nur bei Vorliegen eines kollektiven Tatbestands, also nicht, wenn der Arbeitgeber nur im Einzelfall die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit eines einzelnen Arbeitnehmers verlangt.

Sollten Sie Fragen zum Thema elektronische AUB haben oder Ihre bestehenden Betriebsvereinbarungen oder Arbeitsverträge hierzu überprüfen lassen möchten, bin ich Ihnen gerne behilflich.

Dr. Daniel Weigert, LL.M. (Lund)
Rechtsanwalt · Fachanwalt für Arbeitsrecht
Data Protection Risk Manager
Wirtschaftsmediator

Ballindamm 6 · 20095 Hamburg

t +49 40 2285 11210
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