Big Data im Arbeitsrecht

„Big Data“ ist in aller Munde. Das Internet weiß alles über jeden. Auch Arbeitgeber können sich „Big Data“ zu Nutze machen. Allerdings sind dabei arbeitsrechtliche Rahmenbedingungen zu beachten, die nachfolgend skizziert werden.

 

1. Was ist „Big Data“?

Als „Big Data“ werden Phänomene beschrieben, wie durch die Digitalisierung automatisiert große Datenmengen verarbeitet werden können, sodass daraus schnell und umfangreich Schlüsse gezogen werden können. Dieses Phänomen wird auch unter dem Stichwort „People Analytics“ diskutiert.

 

2. „Big Data“ im Arbeitsrecht

Im Arbeitsrecht kann Big Data vor und während dem Arbeitsverhältnis relevant werden.

Vor dem Arbeitsverhältnis etwa durch den Einsatz automatisierter Verfahren zur Bewerbervorauswahl. So ist es etwa möglich, über Bewerber im Internet (Social Media, etwa Facebook) weitreichende Informationen zu sammeln und auszuwerten. Entsprechendes gilt bei Beförderungen. Nur ein Beispiel: Es soll die Position einer neuen Abteilungsleiterin besetzt werden. Zwei Kandidatinnen kommen in Betracht. Beide sind 30 Jahre alt. Eine Kandidatin „liked“ im sozialen Netzwerk Facebook überwiegend Karriere- und Finanzportale. Ihr Facebook-Account lässt keine feste Beziehung erkennen. Eine andere Kandidatin „liked“ im Facebook Pädagogikportale und verfolgt etwa Seiten zur Montessori-Pädagogik. Sie hat einen Lebenspartner, der ein erfolgreicher, selbstständiger Anwalt ist. Bei welcher Kandidatin besteht die größere „Gefahr“, dass sie zeitnah schwanger wird und in längerfristige Elternzeit geht? Das Beispiel verdeutlicht die Gefahr, dass Arbeitgeber es dank „Big Data“ sehr leicht haben, ihren Entscheidungen „illegitime“ Informationen zu Grunde zu legen.

Im laufenden Arbeitsverhältnis kann „Big Data“ genutzt werden, um das Verhalten von Arbeitnehmern zu prognostizieren. So kann etwa durch Verbindungen zu Headhuntern, Einstellungen auf Karriereportalen wie Xing oder Linkedin, der Besuch von Netzwerkveranstaltungen oder geknüpfte Kontakte mit Konkurrenten auf die Wahrscheinlichkeit geschlossen werden, wie groß die Gefahr ist, dass ein Arbeitnehmer auf Jobsuche ist. So können „wechselgefährdete“ Mitarbeiter zielgerichteter gebunden werden.

Merke

“Big Data” kann im Arbeitsrecht genutzt werden, um Erkenntnisse über Arbeitnehmer oder Bewerber zu gewinnen.

 

3. Datenschutzrechtliche Grenzen

Im Detail sind die Grenzen rechtmäßiger “Big Data”-Analysen umstritten. Bislang haben sich in der Rechtsprechung nur Grundzüge herauskristallisiert.

Inhalte aus Business-Netzwerken (Xing, Linkedin) bezwecken gerade, dass sie von Geschäftspartnern und Arbeitgebern eingesehen werden können. Die dort eingetragenen Informationen darf ein Arbeitgeber also grundsätzlich nutzen (Dzida, NZA 2017, 541, 544). Die Rechtsprechung hat das bis dato nicht abschließend entschieden. Das Gegenteil soll nach überwiegender Auffassung für Privatnetzwerke wie Facebook oder Instagram gelten. „Googlen“ soll erlaubt sein, es sei denn, die dort zu findenden Informationen wurden erkennbar gegen den Willen des Arbeitnehmers hochgeladen. Nicht erlaubt ist es nach herrschender Meinung, Daten zu durchsuchen, um auf Persönlichkeitsmerkmale des Arbeitnehmers zu schließen, also etwa seine Posts in sozialen Netzwerken nach Stichworten zu durchsuchen, um Rückschlüsse auf sein Wesen zu ziehen.

Jedenfalls gibt es derzeit noch nahezu keine Rechtsprechung zu den Zulässigkeitsgrenzen von derlei Auswertungen. Das dürfte auch daran liegen, dass Arbeitnehmer in der Regel von derlei Auswertungen nichts erfahren. Im Eingangsbeispiel: Entscheidet sich die Geschäftsführung für die „karriereorientiertere“ Bewerberin, würden die wahren Hintergründe dieser Entscheidung in der Regel nicht publik.

Das zeigt, dass die Thematik vom Gesetzgeber und nicht von der Rechtsprechung entschieden und geregelt werden muss. Allerdings dürfte auch diese Thematik für den Gesetzgeber intellektuell zu anspruchsvoll sein, sodass er bei seiner Gewohnheit bleiben wird, die schwierigen Themen der Rechtsprechung zu überlassen.

Merke

Datenschutzrechtlich sind der Nutzung von „Big Data“ recht enge Grenzen gesetzt. In der Regel bleiben Verstöße aber ohne Konsequenz, weil niemand von dem Verstoß erfährt. Der Gesetzgeber wird das Problem aller Voraussicht nach der Rechtsprechung überlassen, weil es ihn intellektuell überfordert.

 

4. Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats

In jedem Fall hat bei Datenanalysen, die in irgendeiner Weise technikbasiert durchgeführt werden, der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG.

 

Wenn Sie Fragen zu den Chancen und Grenzen der Nutzung von „Big Data“ im Arbeitsverhältnis haben, melden Sie sich jederzeit gern!

Dr. Daniel Weigert, LL.M. (Lund)
Rechtsanwalt · Fachanwalt für Arbeitsrecht
Data Protection Risk Manager
Wirtschaftsmediator

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