Crowdworking – Chancen und Risiken einer modernen Arbeitsform

Die Arbeitswelt wird immer flexibler. Durch die Digitalisierung entstehen neue Formen der Arbeit. Eine davon ist das „Crowdworking“. Nachfolgend wird zusammengefasst, welche Vorteile das Crowdworking hat und was rechtlich zu beachten ist.

 

1. Vorteile von Crowdworking

Crowdworking bedeutet, dass ein Unternehmen Aufgaben auslagert, indem es über digitale Netzwerkplattformen Internetnutzer dazu aufruft, die Arbeit zu übernehmen. Es handelt sich um eine gute Möglichkeit für Unternehmen jeder Größe zahlreiche unterschiedliche Aufgaben professionell erledigen zu können, ohne sich mit einer Vielzahl von Arbeitsverhältnissen zu belasten. Die Hauptvorteile sind

  • Kostenersparnisse, da keine Leerlaufzeiten vergütet werden
  • Flexibilität, weil Crowdwork je nach Arbeitsanfall abgerufen werden kann
  • Risikolosigkeit, weil auf Crowdworker in der Regel keine Arbeitsrechtsnormen (Urlaub, Kündigungsschutz, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, Mindestlohn) Anwendung finden
  • Qualität durch eine hohe Konkurrenz konkurrierender Crowdworker
  • Qualität durch die „Schwarmintelligenz“ mehrerer Auftragnehmer
  • Kostenersparnisse durch einen großen Preisdruck unter Crowdworkern
  • Kostenersparnisse durch ein Entfallen des Arbeitgeberbeitrags zur Sozialversicherung
  • Weitgehende Mitbestimmungsfreiheit, weil der Betriebsrat nicht für externe Dienstleister zuständig ist.

 

Insofern sind Unternehmen gut beraten, die Zukunft auf diese neue Form der Arbeit auszurichten, soweit das sinnvoll erscheint. Grundsätzlich kommt Crowdworking sowohl bei einfachen administrativen Tätigkeiten in Betracht als auch bei hochwertigen und kreativen.

Merke

Crowdworking hat zahlreiche, gravierende Vorteile für Arbeitgeber, die derzeit noch von (zu) wenigen Unternehmen genutzt werden!

2. Kritik am Crowdworking

Der größte Kritikpunkt am externen Crowdworking ist der geringe soziale Schutz von Crowdworkern. Vor diesem Hintergrund hat das Kabinett „Merkel IV“ das Thema auf die arbeitsrechtliche Agenda gesetzt (Aktuelles Grünbuch Arbeit 4.0 des BMAS). Da das Thema jedoch tatsächlich und rechtlich äußerst komplex ist, gehe ich nicht davon aus, dass der Gesetzgeber intellektuell in der Lage ist, das Thema in halbwegs absehbarer Zeit hinreichend zu erfassen, um es einer gesetzlichen Regelung zuzuführen. Erfahrungsgemäß arbeitet sich der Gesetzgeber zunächst an vermeintlich einfachen Themen ab, die er leichter greifen kann (etwa die völlig sinnfreie Einführung des § 611a BGB) und überlässt die Klärung komplexer Themen der Judikative.

Merke

Der Gesetzgeber will Crowdworker in Zukunft stärker schützen. Ich gehe jedoch nicht davon aus, dass dies zeitnah geschehen wird, weil das Thema den Gesetzgeber vermutlich überfordert.

3. Externes und internes Crowdworking

Es wird unterschieden zwischen internem und externem Crowdworking.

a)    Externes Crowdworking

Beim externen Crowdworking fungiert meist eine Internetplattform als Vermittler zwischen dem Crowdworker und dem Unternehmen („Crowdsourcer“). Der Vertrag zwischen beiden kommt – je nach Plattform – dabei in der Regel erst zustande, wenn das Unternehmen den Ergebnisvorschlag des Crowdworkers angenommen hat.

Beim externen Crowdworking ist der Crowdworker in der Regel selbstständig. Er arbeitet typischerweise ortsunabhängig und weitgehend weisungsfrei. Er ist deshalb in aller Regel ein Selbstständiger und kein (befristet beschäftigter) Arbeitnehmer. Er kann sich deshalb auf keine arbeitsrechtlichen Schutznormen (Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, Bundesurlaubsgesetz, Mindestlohngesetz etc.) berufen. Typischerweise wird der Crowdworker auch Unternehmer sein, sodass auch das strenge Recht zu Allgemeinen Geschäftsbedingungen nur sehr eingeschränkt greift. Gleichwohl dürfte eine Vereinbarung nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam sein, die dem Unternehmen das Recht einräumt, die vom Crowdworker erbrachte Leistung ohne Angabe von Gründen abzulehnen und kein Entgelt zu zahlen.

Merke

Externe Crowdworker sind in der Regel Selbstständige und keine Arbeitnehmer!

b)    Internes Crowdworking

Beim internen Crowdworking wird Arbeit im Unternehmen über Zugriffsplattformen verteilt.

Internes Crowdworking bedeutet, dass Arbeit unternehmensintern über Plattformen zur Verfügung gestellt wird, sodass ein bestimmter Mitarbeiterkreis darauf zugreifen kann. Ein zusätzlicher Vorteil des Crowdworkings in Ergänzung zu den unter 1. genannten ist insoweit, dass die Leistungen von Arbeitnehmern skalierbar und transparent werden.

Beim internen Crowdworking bleiben die Arbeitnehmer, die sich daran beteiligen, Arbeitnehmer. Es ist aber ebenso zulässig, externen Dienstleistern Zugriff auf das interne Crowdworkingsystem zu geben, sodass Externe flexibel zugreifen und Arbeiten erledigen können.

Ein betriebsverfassungsrechtliches Problem ist, dass die Reichweite des Betriebsbegriffs verschwimmt. Wenn Arbeitnehmer im Münchener Büro vom Leiter des Münchener Büros geführt werden und Arbeitnehmer des Berliner Büros vom dortigen Leiter, liegen in der Regel zwei Betriebe im Sinne des § 4 BetrVG vor. Wird Arbeit durch Crowdworking so flexibilisiert, dass Arbeitnehmer in Berlin und München über Plattformen zusammenarbeiten und ggf. einheitlich geführt werden, kann das dazu führen, dass nur noch ein Betrieb vorliegt. Jedenfalls dürfte Crowdworking erschweren, die Grenzen des Betriebsbegriffs zu ziehen.

 

4.  Mitbestimmung

Internes Crowdworking dürfte in der Regel, je nach Ausgestaltung, nach § 87 Abs. 1 Nr. 13 BetrVG mitbestimmungspflichtig sein. Das Mitbestimmungsrecht des § 87 Abs. 1 Nr. 13 BetrVG ist verwirklicht, wenn eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt. Das ist bei internem Crowdworking in der Regel der Fall.

Merke

Internes Crowdworking ist in aller Regel mitbestimmungspflichtig!

Wenn Sie Beratung bei der Einführung oder Umsetzung von Crowdworking benötigen, melden Sie sich jederzeit gern.

Dr. Daniel Weigert, LL.M. (Lund)
Rechtsanwalt · Fachanwalt für Arbeitsrecht
Data Protection Risk Manager
Wirtschaftsmediator

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