Sowohl die Arbeitsverträge von angestellten Ärzten als auch deren Vergütung sind mit einigen rechtlichen Besonderheiten verbunden. Die wesentlichen werden nachfolgend dargestellt.
1. Verträge von Ärzten und Chefärzten
Bereits bei der Vertragsgestaltung von Ärzten sind diverse Besonderheiten zu beachten.
a) Kategorien von Ärzten in Krankenhäusern
Für verschiedene Typen von in Krankenhäusern tätigen Ärzten gelten unterschiedliche Regelungen, nämlich Folgende:
Die meisten Ärzte, derzeit ca. 65.000, sind Assistenzärzte. In Tarifverträgen werden sie schlicht als „Ärzte“ bezeichnet.
Eine Stufe darüber sind Fachärzte. Sie verfügen über eine abgeschlossene Facharztausbildung. Den größten Anteil haben die Fachrichtungen Chirurgie, Innere Medizin und Anästhesiologie. Derzeit sind ca. 32.000 Fachärzte, die nicht Oberärzte sind, an deutschen Krankenhäusern beschäftigt.
Darüber wiederum gibt es Oberärzte und leitende Oberärzte. Oberärzte sind Ärzte, denen die medizinische Verantwortung für selbstständige Funktionsbereiche der Klinik bzw. der Abteilung vom Arbeitgeber übertragen wurden. Dies setzt voraus, dass dem Oberarzt zumindest auch ein Facharzt der Entgeltgruppe II des Tarifvertrags für Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern (TV-Ärzte/VKA) unterstellt ist. Leitender Oberarzt ist derjenige, dem die ständige Vertretung des Chefarztes übertragen wurde. Jede Abteilung kann nur einen leitenden Oberarzt haben. Die wesentlichen Aufgaben der Oberärzte sind die Leitung von operativen Eingriffen sowie die Beaufsichtigung der Assistenzärzte in Weiterbildung. Oberärzte sind jedoch weiter den Weisungen des Chefarztes unterstellt. Derzeit sind ca. 30.000 Oberärzte bzw. leitende Oberärzte an deutschen Krankenhäusern beschäftigt.
Die ranghöchste Gruppe sind Chefärzte. In Universitätskliniken sind dies in der Regel verbeamtete Professoren. Die weit überwiegende Anzahl der Chefärzte ist jedoch in einem privaten Arbeitsverhältnis tätig. Der Chefarzt ist Leiter einer Fachabteilung und trägt die Gesamtverantwortung für alle in dieser Abteilung zu behandelnden Patienten. Organisatorisch ist er lediglich dem ärztlichen Direktor eines Krankenhauses nachgeordnet. Äußerst umstritten ist es, ob Chefärzte per se leitende Angestellte im Sinne des Arbeitsrechts sind. Davon hängt insbesondere die Reichweite ihres Kündigungsschutzes (§ 14 KSchG) und die Zuständigkeit der jeweiligen Personalvertretung (insb. § 5 Abs. 3 BetrVG) ab. Richtigerweise sind Chefärzte nicht per se leitende Angestellte, denn das setzt voraus, dass sie selbstständig Personal einstellen und/oder entlassen können. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Chefärzte gibt es derzeit ca. 12.500 an deutschen Krankenhäusern. Nach herrschender Auffassung sind Chefärzte in der Regel keine leitenden Angestellten im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG bzw. des § 14 KSchG, sodass der Betriebsrat für sie zuständig ist und sie auch Kündigungsschutz genießen. Allerdings findet das Arbeitszeitgesetz auf sie keine Anwendung (§ 18 ArbZG) und auch nicht der TV-Ärzte/VKD.
Der ärztliche Direktor ist Mitglied der Krankenhausbetriebsleitung und vertritt die ärztlichen Belange gegenüber dem Krankenhaus. Er ist zwar gegenüber Chefärzten weisungsbefugt, aber nicht in fachlicher Hinsicht.
Belegärzte sind Ärzte, die nicht im Krankenhaus angestellt sind, gleichwohl aber als Selbstständige berechtigt sind, im Krankenhaus unter Verwendung der Krankenhausressourcen Patienten zu behandeln. Der Belegarzt wird vom Krankenhaus weder vergütet noch ist er weisungsabhängig. Im Belegarztvertrages ist insbesondere zu regeln, wie weit seine Rechte und insbesondere seine Weisungsbefugnis gegenüber ärztlichen Mitarbeitern reicht. Derzeit sind ca. 5.900 Belegärzte an deutschen Krankenhäusern tätig.
Honorarärzte sind Ärzte, die als Selbstständige Behandlungsaufträge für das Krankenhaus übernehmen und dafür vom Krankenhaus vergütet werden. Eine eigene Abrechnung von Wahlleistungen gegenüber dem Patienten ist Honorarärzten untersagt (§ 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG).
Als Konsiliararzt werden Ärzte bezeichnet, die wegen ihrer besonderen Fachkompetenz zu einzelnen Behandlungsfragen zur Beratung herangezogen werden, weil die entsprechende Fachkompetenz im Krankenhaus nicht vorhanden ist. Arbeitsrechtlich sind sie im Wesentlichen wie Honorarärzte zu behandeln. Bereits 2012 gab es ca. 4.000 Honorarärzte an deutschen Krankenhäusern.
b) Arbeitsverträge von Ärzten
In Arbeitsverträgen von Ärzten sind diverse Besonderheiten zu beachten. Die wesentlichen sind Folgende:
Aufgrund der klaren hierarchischen Strukturen von Krankenhäusern sollte die Stellung des Arztes klar benannt werden. Ferner sollte klargestellt werden, welche Tarifverträge gegebenenfalls Anwendung finden sollen.
Bei Chefärzten sind in der Regel Konkretisierungen seiner Pflichten vereinbart, etwa ein Wirtschaftlichkeitsgebot oder organisatorische Abläufe.
Ferner muss die Vergütung (Liquidationsrecht des Chefarztes oder Poolbeteiligungen, dazu s.u. zu „Vergütung“) geregelt werden.
Weiter sollte bei Chefärzten die Reichweite des Weisungsrechts gegenüber anderen Ärzten geregelt sein. Da insbesondere Chefärzte aller Regel nach außertariflich vergütet werden, kann in ihren Verträgen eine automatische Gehaltserhöhung entsprechend der Tarifentwicklung vereinbart werden. Darüber hinaus spielt eine variable Vergütung eine große Rolle. Schließlich sollte geregelt werden, dass das Krankenhaus Ärzte gegebenenfalls freistellt, wenn sie von Dritten wegen Behandlungsfehlern in Regress genommen werden. Hintergrund ist, dass die Haftung von Chefärzten strenger ist als bei anderen Ärzten (dazu s.u. zur “Haftung”). Zu diesem Zweck kann insbesondere geregelt werden, dass das Krankenhaus eine entsprechende Haftpflichtversicherung abschließt. Hintergrund ist, dass der Abschluss einer Haftpflichtversicherung gemäß § 21 der Musterberufsordnung für Ärzte (MBO) sowie den meisten Heilberufsgesetzen der Länder vorgeschrieben ist.
c) Sozialversicherungspflicht von Honorarärzten
Scheinselbstständigkeit ist ein großes und praxisrelevantes Problem. Dies insbesondere für die Arbeitgeber von Scheinselbstständigen. Honorarärzte sind ein Klassiker im Themenfeld der Scheinselbstständigkeit. Dies, weil sie einerseits auf eigene Rechnung tätig werden, andererseits aber in der Regel weitgehend in die Abläufe der Klinik eingebunden sind. Lesen Sie zu dem Sonderproblem der Scheinselbstständigkeit von Honorarärzten meinen diesbezüglichen Artikel.
2. Vergütung
a) Tarifliche Eingruppierungen
Für Krankenhausträger bzw. Betreiber medizinischer/pflegerischer Einrichtungen sowie im Gesundheitsbereich tätige Arbeitnehmer überprüfen wir tarifvertragliche Zuordnungen und Eingruppierungen.
Die größte arztspezifische Gewerkschaft ist der Marburger Bund mit ca. 110.000 Mitgliedern. Er hat mit zahlreichen Krankenhäusern und Krankenhäuserträgern Tarifverträge geschlossen. Tarifverträge regeln Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien und ihrer Mitglieder. Das gilt grundsätzlich nur für Arbeitnehmer, die tarifgebunden sind. Allerdings ist in der Regel in Arbeitsverträgen vereinbart, dass auch nicht tarifgebundene Ärzte nach dem jeweils einschlägigen Tarifvertrag behandelt werden. Lediglich kirchlich getragene Krankenhäuser lehnen den Abschluss von Tarifverträgen ab, da Arbeitskampfmaßnahmen mit dem Grundsatz der christlichen Dienstgemeinschaft und mit der christlichen Glaubens- und Sittenlehre nicht vereinbar seien.
Die meisten Krankenhausärzte werden nach dem Tarifvertrag Ärzte/VKA vergütet und sind in dessen Vergütungsgruppen einzusortieren. Lediglich die Vergütung von Chefärzten ist tariflich nicht geregelt, sondern wird vollständig frei verhandelt.
b) Poolbeteiligung
Sowohl die MBO (§ 29 Abs. 3) als auch die Krankenhausgesetze einiger Bundesländer gebieten Poolbeteiligungen. Poolbeteiligungen sind Beteiligungen von Ober- und Assistenzärzten an den Einnahmen ihres Chefarztes an seiner Liquidation bei Privatpatienten. Für Krankenhäuser in kirchlicher Trägerschaft gibt es eine solche gesetzliche Regelung nicht.
Voraussetzung ist jedoch, dass der Chefarzt insoweit persönlich liquidiert. Das ist in der Regel nicht der Fall. Vielmehr rechnet in der Regel das Krankenhaus auch gegenüber Privatpatienten des Chefarztes ab und beteiligt den Chefarzt entsprechend. In diesem Fall ist keine Poolbeteiligung geboten.
Ferner geben die vorgenannten Gesetze Ärzten keine einklagbaren Rechte. Sie binden nur den Krankenhausträger. Auch wenn im Arbeitsvertrag eines Chefarztes eine Poolbeteiligung vereinbart ist, müssen sich Arbeitnehmer gegen das Krankenhaus und nicht direkt gegen den Chefarzt wenden.
Die Verteilung der Poolbeteiligungen ist in Krankenhäusern mit Betriebs- oder Personalrat mitbestimmungspflichtig, wenn es sich nicht um Einzelfälle handelt.
Unabhängig von der Gesetzeslage können Chefärzte ihren Ober- bzw. Assistenzärzten auch individuell Poolbeteiligungen zusagen. Dies ist auch durch konkludentes Verhalten (etwa regelmäßige tatsächliche Zahlungen) möglich. In diesem Fall entsteht ein Beteiligungsanspruch des Arbeitnehmers direkt gegen den Chefarzt.
In der Praxis schwanken die Poolbeteiligungen nach Schätzungen zwischen EUR 0,00 und über EUR 10.000,00 pro Jahr.
c) Besonderheiten bei Chefärzten
Typische Vergütungsthemen bei Chefärzten sind die Frage, ob der Chefarzt ein eigenes Liquidationsrecht gegenüber dem Patienten hat. Das ist allerdings nicht bei der Krankenhausambulanz, sondern nur bei Chefarztambulanz möglich. Bei gutachterlichen Tätigkeiten stellt sich die Frage, ob es sich um eine dienstvertragliche Verpflichtung oder um eine Nebentätigkeit handelt.
Bei Boni von Chefärzten wird oft diskutiert, inwiefern diese den Berufsethos des Arztes gefährden. Dies geschieht vor dem Hintergrund, dass finanzielle Anreize für Behandlungen eine Empfehlungsneigung aus wirtschaftlichen Gründen stimulieren könnten. Gleichwohl sind Boni für Chefärzte grundsätzlich zulässig.
Wenn Sie Fragen zur Gestaltung von Arzt-Arbeitsverträgen oder zur Vergütung angestellter Ärzte haben, melden Sie sich jederzeit gern.
Dr. Daniel Weigert, LL.M. (Lund)
Rechtsanwalt · Fachanwalt für Arbeitsrecht
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