Fragen im Vorstellungsgespräch – Welche sind zulässig und welche nicht?

Immer wieder kommt es zu Irritationen, Missverständnissen und Fragen rund um das Thema: Welche Fragen darf ein Arbeitgeber stellen und welche nicht? Der nachfolgende Beitrag fasst das Wesentliche zusammen.

 

1. Grundsätze: Fragen im Bewerbungsgespräch

Bei Fragen im Vorstellungsgespräch handelt es sich um die Erhebung personenbezogener Daten. Sie sind deshalb nur zulässig, soweit sie ein schutzwürdiges Interesse verfolgen. Das ist nur der Fall, wenn das Interesse des Arbeitgebers so gewichtig ist, dass dahinter das Interesse des Arbeitnehmers am Schutz seiner Individualsphäre zurückzutreten hat (BAG 05.10.1995 – 2 AZR 923/94).

Stellt der Arbeitgeber nach diesen Grundsätzen eine unzulässige Frage, kann das im Wesentlichen zwei Konsequenzen haben:

Zum einen hat der Arbeitnehmer in diesem Fall ein Recht zur Lüge. Das heißt insbesondere, dass der Arbeitgeber den Vertragsschluss nicht anfechten kann, wenn er herausfindet, dass der Arbeitnehmer ihn belogen hat.

Wenn die Frage auf ein Diskriminierungsmerkmal im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes abzielt, dann kommt auch ein Entschädigungsanspruch in Betracht, wenn der Arbeitnehmer daraufhin abgelehnt wird. Diskriminierungsmerkmale im Sinne des § 1 AGG sind die Rasse, die ethnische Herkunft, das Geschlecht, die Religion oder Weltanschauung, eine Behinderung, das Alter und die sexuelle Identität. Problematisch ist es jedoch in aller Regel, die unzulässige Frage zu beweisen. Insbesondere in nicht protokollierten Gesprächen unter vier Augen ist das ausgeschlossen, falls der Fragende die Frage hinterher bestreitet.

 

2. Beispiele

Nachfolgend werden einige von der Rechtsprechung entschiedene Beispiele dargestellt. Insoweit ist aber zu beachten, dass es sich stets um Einzelfallentscheidungen handelt. Entscheidend ist immer, ob in Bezug auf das konkrete Arbeitsverhältnis ein legitimer Sachgrund besteht, die Frage zu stellen. So ist etwa die Frage nach der Religionszugehörigkeit grundsätzlich verboten, nicht jedoch bei Arbeitsverhältnissen kirchlicher Träger. Es ist also immer zu Fragen: Welches sachliche Interesse hat der Fragesteller an der Antwort?

In der Regel erlaubt sind Fragen nach Zeugnissen und Noten, Auslandsaufenthalten, Sprachkenntnissen, einer Aufenthalts- bzw. Arbeitserlaubnis, Vorstrafen, zeitlicher Flexibilität, Versetzungsbereitschaft, der Bereitschaft zum Schichtdienst, Nebentätigkeiten, Wettbewerbsverboten sowie dem Werdegang allgemein (LAG Köln 13.11.1995 – 3 Sa 832/95).

In der Regel unzulässig sind Fragen nach Schwangerschaften (LAG Köln 11.10.2012 – 6 Sa 641/12), nach der Familienplanung, nach dem Alter oder Geburtsdatum, nach Krankheiten (BAG 07.06.1984 – 2 AZR 270/83; BAG 19.12.2013 – 6 AZR 190/12) einschließlich Adipositas (EuGH 18.12.2014 – C-354/13), oder einer Behinderung (LAG Hamburg 30.11.2017 – 7 Sa 90/17), nach dem Geburtsort, einer Alkohol- oder Drogenabhängigkeit, der (Nicht-)Rauchereigenschaft, den Vermögensverhältnissen, dem bisherigen Gehalt (LAG Baden-Württemberg 23.12.1980 – 6 Sa 64/80), einer Gewerkschaftszugehörigkeit (BAG 18.11.2014 – 1 AZR 257/13), der sexuellen Orientierung, dem Beziehungsstatus, dem Ableisten eines Wehr- oder Zivildienstes, der politischen Gesinnung, der Parteizugehörigkeit, der Religion oder Vorstrafen (BAG 20.03.2014 – 2 AZR 1071/12), die aus dem Bundeszentralregister bereits gelöscht sind (es sei denn, sie sind tätigkeitsspezifisch).

Merke

Arbeitgeber sollten nur Fragen stellen, die in Bezug auf das Arbeitsverhältnis tatsächlich relevant sind!

 

Wenn Sie Fragen zu Vorstellungsgesprächen, unzulässigen Fragen oder Diskriminierungsindizien haben, melden Sie sich jederzeit gern.

Dr. Daniel Weigert, LL.M. (Lund)
Rechtsanwalt · Fachanwalt für Arbeitsrecht
Data Protection Risk Manager
Wirtschaftsmediator

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