Stehen Sie vor der Herausforderung, einen Aufhebungsvertrag auszuhandeln, oder überlegen Sie, wie Sie Ihre Verhandlungen zu Abfindungen optimal gestalten können? Wünschen Sie sich Klarheit über die rechtlichen Rahmenbedingungen und mögliche Fallstricke?
Dieser Artikel erläutert die wesentlichen Aspekte eines Aufhebungsvertrags (dazu unter 1. Was ist ein Aufhebungsvertrag?) und der Abfindung (dazu unter 2. Was ist eine Abfindung und wie wird sie berechnet?). Wir beantworten typische Fragen, die in Verhandlungen auftauchen können (dazu unter 3. Häufige Fragen zu Aufhebungsverträgen und Abfindungen). Außerdem bieten wir Ihnen einen Überblick über die relevante Rechtsprechung (dazu unter 4. Rechtsprechung zu Aufhebungsverträgen und Abfindungen).
Was ist ein Aufhebungsvertrag?
Ein Aufhebungsvertrag ist eine einvernehmliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Im Gegensatz zur Kündigung, die einseitig durch eine Partei ausgesprochen wird, basiert der Aufhebungsvertrag auf dem gegenseitigen Einverständnis beider Parteien. Durch einen Aufhebungsvertrag können die Modalitäten der Beendigung des Arbeitsverhältnisses individuell geregelt werden, was sowohl Vorteile als auch Risiken mit sich bringt.
a) Warum einen Aufhebungsvertrag in Erwägung ziehen?
Es gibt verschiedene Gründe, warum sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer einen Aufhebungsvertrag in Betracht ziehen können:
Vorteile für Arbeitgeber:
- Vermeidung von Kündigungsschutzklagen
- Flexibilität bei der Gestaltung der Beendigung des Arbeitsverhältnisses
- Schnellere Umsetzung der Personalplanung
Vorteile für Arbeitnehmer:
- Verhandlung einer Abfindung
- Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis zu einem selbst gewählten Zeitpunkt zu beenden
- Potentiell bessere Bedingungen als bei einer Kündigung
b) Gibt es auch Nachteile für den Arbeitnehmer?
Ein Aufhebungsvertrag kann in Bezug auf das Arbeitslosengeld einen Nachteil für Arbeitnehmer darstellen. Da der Arbeitnehmer durch den Aufhebungsvertrag sein Beschäftigungsverhältnis durch eigenes Zutun beendet, verhängt die Agentur für Arbeit regelmäßig eine Sperrzeit (§ 159 Abs. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch = SGB III). Diese Sperrzeit dauert normalerweise zwölf Wochen, während dieser Zeit erhält der Arbeitnehmer kein Arbeitslosengeld.
Unter bestimmten Voraussetzungen, wie beispielsweise bei einer ordentlichen betriebsbedingten Kündigung, verhängt die Agentur für Arbeit keine Sperrzeit.
Ein Aufhebungsvertrag kann eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld auslösen!
c) Form und Inhalt des Aufhebungsvertrags
Ein Aufhebungsvertrag muss schriftlich abgeschlossen werden, um rechtswirksam zu sein (§ 623 BGB). Die elektronische Form ist ausgeschlossen. Der Vertrag sollte klare Regelungen enthalten, insbesondere:
- Beendigungszeitpunkt des Arbeitsverhältnisses:
Das Datum, an dem das Arbeitsverhältnis endet, sollte klar im Vertrag festgehalten werden. Dies kann Einfluss auf den Anspruch auf Arbeitslosengeld und andere sozialrechtliche Ansprüche haben.
- Höhe und Fälligkeit einer Abfindung:
Die Höhe der Abfindung ist wichtig, da sie den finanziellen Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes und potenzielle rechtliche Risiken darstellt. Die Fälligkeit der Abfindung ist entscheidend, um sicherzustellen, dass der Arbeitnehmer rechtzeitig über die finanziellen Mittel verfügt, um den Übergang in die nächste Beschäftigung oder Arbeitslosigkeit zu überbrücken.
- Resturlaub und Überstundenregelung:
Der Umgang mit verbleibendem Resturlaub muss geklärt werden. Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf die Abgeltung nicht genommenen Urlaubs, wenn eine Freistellung erfolgt.
- Freistellung bis zum Beendigungszeitpunkt:
Es kann vereinbart werden, dass der Arbeitnehmer bis zum Beendigungsdatum freigestellt wird. Dabei ist zu klären, ob die Freistellung bezahlt oder unbezahlt erfolgt und ob der Arbeitnehmer in dieser Zeit einen anderen Job antreten darf.
- Rückgabe von Firmeneigentum:
Die Rückgabe von Firmeneigentum ist wichtig, um sicherzustellen, dass alle firmeneigenen Gegenstände wie Laptops, Mobiltelefone oder Schlüssel zurückgegeben werden und Missbrauch oder Verlust von Unternehmensressourcen vermieden wird.
- Erteilung eines Arbeitszeugnisses:
Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf ein wohlwollendes Arbeitszeugnis. Der genaue Wortlaut des Zeugnisses sollte im Vertrag festgehalten werden, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden.
- Variable Vergütungsbestandteile:
Regelungen zu Bonuszahlungen, Prämien oder anderen variablen Gehaltsbestandteilen sollten im Aufhebungsvertrag festgehalten werden. Klare Absprachen sind wichtig, um Missverständnisse zu vermeiden.
- Restarbeiten und Übergabe:
Regelungen zur Übergabe von Projekten und Aufgaben sollten im Vertrag enthalten sein. Es ist wichtig, dass der Arbeitnehmer seine Pflichten bis zum Beendigungsdatum erfüllt.
- Grund des Austritts:
Der Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses sollte im Aufhebungsvertrag festgehalten werden. Dies kann Auswirkungen auf das Arbeitslosengeld und das berufliche Fortkommen haben.
Ein Aufhebungsvertrag bietet sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer viele Vorteilewie zum Beispiel:
- Rechtssicherheit,
- Flexibilität,
- Schnelle Abwicklung,
- Vermeidung von Kündigungsschutzklagen,
- Verhandlung einer Abfindung.
Was ist eine Abfindung und wie wird sie berechnet?
In Arbeitsverhältnissen kommt es oft zu der Situation, dass ein Arbeitgeber sich von einem Arbeitnehmer trennen möchte. Der Arbeitnehmer hat jedoch einen Kündigungsschutz. Es sind dann Abfindungsverhandlungen zu führen. Diese Situation hat viele verhandlungstaktische, rechtliche, wirtschaftliche, persönliche und verhandlungspsychologische Aspekte. Sie benötigen für derlei Situationen deshalb einen professionellen und erfahrenen Verhandler.
Eine Abfindung ist eine Einmalzahlung, die der Arbeitgeber an den Arbeitnehmer leistet, um das Arbeitsverhältnis einvernehmlich zu beenden. Die Höhe der Abfindung kann frei verhandelt werden, jedoch gibt es häufig Orientierungshilfen und Berechnungsmodelle.
a) Wie wird die Abfindung berechnet?
Die Höhe der Abfindung richtet sich häufig nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit und dem letzten Bruttomonatsgehalt. Eine verbreitete Faustregel lautet: 0,5 bis 1,0 Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr. Allerdings kann die tatsächliche Abfindung je nach Verhandlungsgeschick und individuellen Umständen variieren.
Weitere Aspekte die die Abfindungshöhe beeinflussen können sind unter anderem die Chancen auf dem Arbeitsmarkt des Arbeitnehmers, das rechtliche Risiko, das Rückkehrinteresse des Arbeitnehmers und die Prozessdauer.
Für einen ersten Überblick über die Situation in Abfindungsverhandlungen empfehle ich meinen Artikel “Die Verhandlung einer Abfindung – Wovon hängt die Höhe der Abfindung ab?“.
b) Wie wird die Abfindung steuerlich behandelt?
Abfindungen sind grundsätzlich steuerpflichtig. Es gibt jedoch Möglichkeiten, die Steuerlast zu mindern, zum Beispiel durch die Anwendung der Fünftelregelung (§ 34 EStG). Hierbei wird die Abfindung so behandelt, als würde sie auf fünf Jahre verteilt gezahlt, was zu einer progressionsbedingten Steuerersparnis führen kann.
c) Wie hoch sollte die im Aufhebungsvertrag vereinbarte Abfindung sein?
Da ein Anspruch auf Abfindung meist nicht besteht ist, trotz der typischen Faustregeln zur Abfindung, die vereinbarte Abfindungshöhe Verhandlungssache.
Beispiel:
Ein Arbeitnehmer ist seit einem Jahr bei einem Unternehmen mit mehr als 30 Beschäftigten angestellt und soll eine ordentliche Kündigung mit vierwöchiger Frist zum Ende des nächsten Monats erhalten. Sein Monatsgehalt liegt bei 3.000 € und die Parteien einigen sich auf eine Abfindung nach der “Regelabfindung” von 0,5 Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr.
Berechnung:
Abfindung = 0.5 × 3.000 = 1.500 €.
Der Arbeitnehmer würde in diesem Beispiel eine Abfindung in Höhe von 1.500 € erhalten.
Die Höhe der Abfindung ist individuell und Verhandlungssache. Eine starke Verhandlungstaktik kann zu hohen Abfindungen führen.
Häufige Fragen zu Aufhebungsverträgen und Abfindungen
a) Welche rechtlichen Anforderungen muss ein Aufhebungsvertrag erfüllen?
Ein Aufhebungsvertrag muss schriftlich geschlossen werden, um wirksam zu sein (§ 623 BGB). Beide Parteien müssen den Vertrag unterzeichnen. Zudem darf der Vertrag nicht gegen gesetzliche Vorschriften oder die guten Sitten verstoßen.
b) Kann ein Aufhebungsvertrag widerrufen werden?
Ein Aufhebungsvertrag kann in der Regel nicht widerrufen werden. Es besteht jedoch die Möglichkeit, den Vertrag anzufechten, beispielsweise wegen Irrtums, arglistiger Täuschung oder widerrechtlicher Drohung (§§ 119, 123 BGB).
c) Kann eine Abfindung auch sozialversicherungsfrei sein?
Abfindungen sind in der Regel sozialversicherungspflichtig. Es gibt jedoch Ausnahmen, insbesondere wenn die Abfindung im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund eines Sozialplans gezahlt wird. In solchen Fällen kann die Abfindung unter bestimmten Voraussetzungen sozialversicherungsfrei sein.
d) Wie wird die Höhe der Abfindung berechnet?
Die Höhe der Abfindung ist Verhandlungssache und kann von verschiedenen Faktoren abhängen, wie der Dauer der Betriebszugehörigkeit, dem Lebensalter des Arbeitnehmers, und den Erfolgsaussichten einer Kündigungsschutzklage. Es gibt keine gesetzlich festgelegte Höhe für Abfindungen.
e) Was ist eine Sperrzeit und wie kann sie vermieden werden?
Eine Sperrzeit beim Bezug von Arbeitslosengeld (ALG I) wird verhängt, wenn der Arbeitnehmer sein Arbeitsverhältnis durch eigenes Zutun beendet hat, etwa durch einen Aufhebungsvertrag. Um eine Sperrzeit zu vermeiden, sollte im Aufhebungsvertrag der Arbeitgeber als initiierende Partei genannt werden und das Interesse des Arbeitnehmers an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses sollte möglichst gering dargestellt werden.
f) Welche Vorteile bietet ein Aufhebungsvertrag gegenüber einer Kündigung?
Ein Aufhebungsvertrag bietet sowohl dem Arbeitgeber als auch dem Arbeitnehmer die Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis ohne die Unsicherheiten und Konflikte einer Kündigung zu beenden. Beide Parteien können die Bedingungen einvernehmlich aushandeln und rechtliche Auseinandersetzungen vermeiden.
“Regelabfindung” = 0,5 Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr.
Rechtsprechung zu Aufhebungsverträgen und Abfindungen
- Die Einwilligung zum Abschluss eines arbeitsrechtlichen Aufhebungsvertrags kann nicht gemäß § 355 BGB widerrufen werden. Ein Aufhebungsvertrag ist jedoch unwirksam, wenn er unter Missachtung des Gebots fairen Verhandelnszustande gekommen ist (BAG 07.02.2019 – 6 AZR 75/18).
- Sagt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer aus einem Aufhebungsvertrag eine überhöhte Abfindung (hier: 265.000 €) zu und zahlt diese aus, dann hat der Arbeitgeber keinen Anspruch auf Rückzahlung wegen mangelhafter Beteiligung des Personalrats. Vielmehr hat der Arbeitnehmer das ihm vorteilhaft erscheinende Angebot annehmen dürfen (LAG Hamm 15.2.22 – 6 Sa 903/21).
- Ein beiderseitiger Forderungsverzicht in einem auf Wunsch des Arbeitnehmers geschlossenen, vom Arbeitgeber formulierten Aufhebungsvertrags unterliegt als Nebenabrede der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB. Im Sinne dieser Norm benachteiligt er den Arbeitnehmer nur dann unangemessen, wenn der Arbeitgeber die Situation des Arbeitnehmers entgegen den Geboten von Treu und Glauben zur Durchsetzung eigener Interessen ausgenutzt hat (BAG 24.02.2016 – 5 AZR 258/14).
- Lehnt ein Arbeitnehmer das an alle Arbeitnehmer gemachte Angebot des Arbeitgebers auf Abschluss eines (Änderungs-)Vertrags ab, scheidet eine Verletzung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes aus, weil die sich aus der Weigerung nunmehr ergebende Gruppenbildung hinsichtlich der in den Verträgen vorgesehenen Leistung nicht auf einer vom Arbeitgeber selbst aufgestellten Regel beruht (LAG Rheinland-Pfalz 19.1.2023 – 5 Sa 135/22).
- Der Arbeitgeber verhandelt nicht unfair, weil er den von ihm angebotenen Aufhebungsvertrag nur zur sofortigen Annahme unterbreitet und der Arbeitnehmer diesen nur sofort annehmen kann. Dies ist ein im Rahmen von Vertragsverhandlungen zulässiger Druck, mit dem der Arbeitgeber auf legitime Weise versucht, sein Verhandlungsziel zu erreichen (BAG 24.02.2022 – 6 AZR 333/21).
- Ein Abfindungsanspruch nach § 1a Abs. 1 KSchG in der gesetzlichen Höhe des § 1a Abs. 2 KSchG entsteht auch dann, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer informatorisch einen niedrigeren Abfindungsbetrag genannt hat. Kollektivrechtliche Regelungen zum Ausgleich wirtschaftlicher Nachteile aus einer Betriebsänderung können die Anrechenbarkeit von Leistungen nach § 1a KSchG vorsehen (BAG 19.06.2007 – 1 AZR 340/06).
- Es verstößt gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, wenn die Betriebsparteien in einem Sozialplan grundsätzlich die Gewährung eines zusätzlichen Abfindungsbetrags zum Ausgleich der durch eine Schwerbehinderung bedingten wirtschaftlichen Nachteile in Folge des Arbeitsplatzverlusts vorsehen, dessen Zahlung aber wegen einer im Sozialplan vorgesehenen Höchstbetragsregelung bei älteren schwerbehinderten Arbeitnehmern unterbleibt (BAG 11.10.2022 – 1 AZR 129/21).
- Ein Sozialplan darf eine geminderte Entlassungsabfindung für Arbeitnehmer vorsehen, die kurz vor dem Renteneintritt stehen. Es stellt jedoch eine nach dem Unionsrecht verbotene Diskriminierung dar, wenn bei der Berechnung dieser Minderung die Möglichkeit einer vorzeitigen Altersrente wegen einer Behinderung berücksichtigt wird (EuGH 06.12.2012 – C-152/11). formularmäßiger Klageverzicht in einem Aufhebungsvertrag, der zur
- Ein formularmäßiger Klageverzicht in einem Aufhebungsvertrag, der zur
Vermeidung einer vom Arbeitgeber angedrohten außerordentlichen Kündigung geschlossen wird, benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen iSv. § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB, wenn ein verständiger Arbeitgeber die angedrohte Kündigung nicht ernsthaft in Erwägung ziehen durfte, die Drohung also widerrechtlich iSd. § 123 BGB ist (BAG 12.03.2015 – 6 AZR 82/14).
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