Restrukturierungen

Haben Sie als Arbeitgeber Fragen zur rechtssicheren Durchführung von Restrukturierungsmaßnahmen? Möchten Sie sicherstellen, dass Ihre geplanten Maßnahmen den gesetzlichen Vorgaben entsprechen und keine versteckten Fallstricke enthalten? Oder sind Sie als Arbeitnehmer unsicher, welche Rechte Sie im Rahmen einer Restrukturierung haben und wie Sie Ihre Interessen bestmöglich wahren können?

Restrukturierungen sind ein entscheidender Faktor für die Anpassung und Weiterentwicklung eines Unternehmens. Sie umfassen tiefgreifende Änderungen in der Organisation und Struktur eines Betriebs und haben weitreichende arbeitsrechtliche Implikationen. Diese Umstrukturierungen, sei es durch Personalabbau, Betriebsschließungen, Betriebsänderungen, Outsourcing oder Betriebsübergänge, müssen sorgfältig geplant und rechtssicher umgesetzt werden, um rechtliche Risiken zu minimieren und das Vertrauen der Belegschaft zu erhalten.

Dieser Leitfaden behandelt die rechtlichen Anforderungen bei Personalabbau und betriebsbedingten Kündigungen (dazu unter 1.), die wichtigsten Aspekte bei Betriebsschließungen (dazu unter 2.), die wesentlichen arbeitsrechtlichen Regelungen zu Betriebsänderungen (dazu unter 3.) und die rechtlichen Implikationen eines Betriebsübergangs (dazu unter 4.).

Abschließend werden häufige Fragen zu diesen Themen beantwortet (dazu unter 5.), um Ihnen einen umfassenden Überblick über die rechtlichen Herausforderungen und Risiken bei Restrukturierungen zu geben.

1. Personalabbau und betriebsbedingte Kündigungen 

Der Personalabbau ist eine der häufigsten Maßnahmen im Rahmen von Restrukturierungen. Betriebsbedingte Kündigungen sind dabei das Mittel, um die Belegschaft an die neuen betrieblichen Anforderungen anzupassen. Hierbei ist jedoch eine Vielzahl von rechtlichen Vorgaben zu beachten:

  • Sozialauswahl: Die betriebsbedingte Kündigung muss sozial gerechtfertigt sein. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber bei der Auswahl der zu kündigenden Mitarbeiter soziale Kriterien wie Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten und Schwerbehinderung berücksichtigen muss.

  • Interessenausgleich und Sozialplan: Bei größeren Personalabbaumaßnahmen, insbesondere wenn eine Massenentlassung vorliegt, sind der Betriebsrat und der Arbeitgeber verpflichtet, einen Interessenausgleich und einen Sozialplan zu verhandeln. Der Interessenausgleich regelt das „Wie“ der Maßnahme, während der Sozialplan finanzielle Ausgleichszahlungen an die betroffenen Arbeitnehmer vorsieht.

  • Anhörung des Betriebsrats: Vor jeder Kündigung muss der Betriebsrat ordnungsgemäß angehört werden. Eine Kündigung, die ohne oder nach unzureichender Anhörung des Betriebsrats ausgesprochen wird, ist unwirksam.

Merke

Betriebsbedingte Kündigungen werden oftmals, im Zuge des mit dem bei Restrukturierungen regelmäßig einhergehenden Personalabbaus, ausgesprochen.

2. Betriebsschließungen

Die vollständige oder teilweise Schließung eines Betriebs stellt einen erheblichen Einschnitt dar und erfordert eine sorgfältige arbeitsrechtliche Planung und Durchführung im Rahmen einer Restrukturierung.

Im Rahmen einer Betriebsschließung sind insbesondere folgende rechtliche Aspekte von Bedeutung:

a) Kündigungsschutz und Abfindungen

Auch bei einer Betriebsschließung müssen die Vorgaben des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) beachtet werden. Kündigungen bedürfen einer sozialen Rechtfertigung, auch wenn diese aufgrund der Betriebsschließung ausgesprochen werden. Der Arbeitgeber muss darlegen, dass die Kündigungen auf betriebsbedingten Gründen beruhen und dass keine Möglichkeit besteht, die betroffenen Arbeitnehmer an anderer Stelle im Unternehmen weiterzubeschäftigen.

Zudem sind bei einer Massenentlassung die Regelungen des § 17 KSchG zu beachten, die eine frühzeitige Anzeige der Entlassungen bei der Agentur für Arbeit vorschreiben.

Hiernach ist der Arbeitgeber verpflichtet, wenn er innerhalb von 30 Tagen

  • in Betrieben mit in der Regel mehr als 20 und weniger als 60 Arbeitnehmern mehr als 5 Arbeitnehmer,
  • in Betrieben mit in der Regel mindestens 60 und weniger als 500 Arbeitnehmern 10 vom Hundert der im Betrieb regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer oder aber mehr als 25 Arbeitnehmer,
  • in Betrieben mit in der Regel mindestens 500 Arbeitnehmern mindestens 30 Arbeitnehmer

entlässt, dies bei der Agentur für Arbeit anzuzeigen. 

In vielen Fällen wird den Arbeitnehmern eine Abfindung angeboten, um die sozialen Härten abzufedern, die mit dem Verlust des Arbeitsplatzes verbunden sind. Diese Abfindungen können entweder freiwillig vom Arbeitgeber angeboten oder im Rahmen eines Sozialplans festgelegt werden, der mit dem Betriebsrat ausgehandelt wird.

b) Informations- und Anhörungspflichten

Der Betriebsrat hat ein weitreichendes Mitbestimmungsrecht bei einer geplanten Betriebsschließung. Nach § 111 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) muss der Betriebsrat rechtzeitig und umfassend über die Schließung informiert werden. Dazu gehört eine Darstellung der wirtschaftlichen Gründe, die zur Schließung führen, sowie eine detaillierte Beschreibung der Auswirkungen auf die Belegschaft.

Der Betriebsrat hat das Recht, Verhandlungen über einen Interessenausgleich und einen Sozialplan zu führen.

Der Interessenausgleich regelt, ob und in welcher Form die geplanten Maßnahmen durchgeführt werden, während der Sozialplan die wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern durch die Schließung entstehen, abmildern soll.

Eine ordnungsgemäße Information und Anhörung des Betriebsrats ist unabdingbar, da ansonsten die Gefahr besteht, dass Kündigungen unwirksam sind oder Entschädigungsansprüche entstehen.

3. Betriebsänderungen 

Betriebsänderungen, die durch Restrukturierungsmaßnahmen ausgelöst werden und erhebliche Nachteile für die Belegschaft mit sich bringen, lösen nach § 111 BetrVG besondere Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats aus.

Zu den typischen Betriebsänderungen gehören:

  • die Einschränkung und Stilllegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
  • die Verlegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
  • der Zusammenschluss mit anderen Betrieben oder die Spaltung von Betrieben,
  • grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen,
  • die Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren.

a) Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats

Der Betriebsrat hat bei geplanten Betriebsänderungen ein umfassendes Mitbestimmungsrecht. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Betriebsrat rechtzeitig über die geplanten Maßnahmen zu informieren und Verhandlungen über einen Interessenausgleich und einen Sozialplan zu führen. Der Interessenausgleich dient dazu, eine Einigung über die Durchführung der Betriebsänderung zu erzielen.

Der Sozialplan soll die wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern durch die Betriebsänderung entstehen, ausgleichen. Diese Verhandlungen sind für den Arbeitgeber von großer Bedeutung, da eine Betriebsänderung ohne einen solchen Interessenausgleich oft zu erheblichen rechtlichen Risiken führt, einschließlich der Möglichkeit von Schadensersatzforderungen der Arbeitnehmer.

b) Einigungsstelle

Kommt es zwischen dem Betriebsrat und dem Arbeitgeber nicht zu einer Einigung, kann die Einigungsstelle angerufen werden. Die Einigungsstelle ist ein paritätisch besetztes Gremium, das mit Vertretern des Arbeitgebers und des Betriebsrats sowie einem neutralen Vorsitzenden besetzt ist.

Die Einigungsstelle kann eine verbindliche Entscheidung treffen, die für beide Seiten bindend ist. Im Rahmen der Einigungsstelle können sowohl der Interessenausgleich als auch der Sozialplan verbindlich festgelegt werden. Die Anrufung der Einigungsstelle kann in vielen Fällen dazu beitragen, langwierige und kostspielige Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden.

Merke

Die rechtssichere Durchführung von Restrukturierungen ist von zentraler Bedeutung, um den Fortbestand des Unternehmens zu sichern und gleichzeitig die Interessen der Arbeitnehmer zu wahren.

4. Betriebsübergang nach § 613a BGB

Ein Betriebsübergang, der häufig im Rahmen von Restrukturierungen vorkommt, liegt vor, wenn ein Betrieb oder ein Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen neuen Inhaber übergeht.

Dies hat erhebliche arbeitsrechtliche Konsequenzen für die betroffenen Arbeitnehmer:

a) Rechtsnachfolge

Nach § 613a BGB tritt der neue Inhaber in die Rechte und Pflichten der bestehenden Arbeitsverhältnisse ein. Dies bedeutet, dass alle bisherigen Arbeitsbedingungen, wie Gehalt, Urlaubsansprüche und sonstige arbeitsvertragliche Regelungen, unverändert fortbestehen.

Der neue Arbeitgeber ist daran gebunden, die bisherigen Arbeitsverträge einzuhalten, und darf diese nicht einseitig zu Ungunsten der Arbeitnehmer ändern. Diese Rechtsnachfolge stellt sicher, dass die Arbeitnehmer im Falle eines Betriebsübergangs nicht schlechter gestellt werden als zuvor.

Es besteht jedoch die Möglichkeit, dass der neue Arbeitgeber mit den Arbeitnehmern eine einvernehmliche Änderung der Arbeitsbedingungen verhandelt, die den neuen betrieblichen Gegebenheiten Rechnung trägt.

b) Widerspruchsrecht der Arbeitnehmer

Arbeitnehmer haben das Recht, dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf den neuen Inhaber zu widersprechen. Dieser Widerspruch muss innerhalb eines Monats nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung durch den Arbeitgeber erfolgen.

Die schriftliche Unterrichtung durch den neuen oder alten Arbeitgeber muss folgende Informationen beinhalten: 

  • den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
  • den Grund für den Übergang,
  • die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
  • die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

Durch einen Widerspruch bleibt das Arbeitsverhältnis mit dem bisherigen Arbeitgeber bestehen, was jedoch dazu führen kann, dass der bisherige Arbeitgeber keine Beschäftigungsmöglichkeit mehr hat und eine Kündigung aussprechen muss.

Das Widerspruchsrecht stellt ein wichtiges Schutzinstrument für Arbeitnehmer dar, die nicht unter den Bedingungen des neuen Arbeitgebers weiterarbeiten möchten. Allerdings sollten die Konsequenzen eines solchen Widerspruchs, insbesondere die mögliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses, sorgfältig abgewogen werden.

5. Häufige Fragen zum Thema Restrukturierungen

a) Welche Fristen müssen bei einer betriebsbedingten Kündigung beachtet werden?

Bei betriebsbedingten Kündigungen gelten die gesetzlichen Kündigungsfristen, die sich nach der Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers richten. Zudem muss bei Massenentlassungen eine Anzeige bei der Agentur für Arbeit erfolgen, bevor die Kündigungen ausgesprochen werden dürfen.

b) Wie ist ein Interessenausgleich rechtssicher zu gestalten?

Ein Interessenausgleich sollte detailliert und eindeutig die geplanten Maßnahmen und deren Auswirkungen auf die Belegschaft beschreiben. Er muss mit dem Betriebsrat verhandelt und schriftlich fixiert werden. Ein rechtssicherer Interessenausgleich minimiert das Risiko von Rechtsstreitigkeiten und erleichtert die Umsetzung der Restrukturierung.

c) Was passiert, wenn ein Arbeitnehmer dem Betriebsübergang widerspricht?

Widerspricht ein Arbeitnehmer dem Betriebsübergang, bleibt sein Arbeitsverhältnis mit dem bisherigen Arbeitgeber bestehen. Dies kann jedoch zur Folge haben, dass der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aufgrund der weggefallenen Beschäftigungsmöglichkeit kündigt.

d) Welche Rolle spielt der Betriebsrat bei einer Betriebsschließung?

Der Betriebsrat hat bei einer Betriebsschließung weitreichende Mitbestimmungsrechte, insbesondere in Bezug auf den Sozialplan und den Interessenausgleich. Er muss frühzeitig informiert und in die Entscheidungsprozesse einbezogen werden.

e) Was passiert, wenn keine Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat erzielt wird?

Wenn keine Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat erzielt wird, kann die Einigungsstelle eingeschaltet werden. Diese paritätisch besetzte Stelle trifft eine verbindliche Entscheidung, die sowohl den Interessenausgleich als auch den Sozialplan betreffen kann. Dies hilft, langwierige und kostenintensive Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden.

f) Welche rechtlichen Risiken bestehen für den Arbeitgeber bei einer Restrukturierung?

Die rechtlichen Risiken bei einer Restrukturierung sind vielfältig und umfassen unter anderem unwirksame Kündigungen, Schadensersatzforderungen, und langwierige Rechtsstreitigkeiten. Diese Risiken können durch eine sorgfältige Planung und die rechtzeitige Einbindung des Betriebsrats minimiert werden.

 

Restrukturierungen sind arbeitsrechtlich hochkomplex und erfordern eine sorgfältige Planung und Durchführung. Wenn Sie Unterstützung bei der rechtssicheren Gestaltung Ihrer Restrukturierungsmaßnahmen benötigen, sprechen Sie mich gern an.

Dr. Daniel Weigert, LL.M. (Lund)

Rechtsanwalt · Fachanwalt für Arbeitsrecht
MBA
Data Protection Risk Manager
Wirtschaftsmediator (IHK)
Negotiator (EBS) · Negotiation Master Class (Harvard)

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