Wie stellt man Kündigungen rechtssicher zu?

Viele Gerüchte und Mythen ranken sich um die Frage, wie man als Arbeitgeber Kündigungen rechtssicher zustellt. Es scheint, als habe jedes größere Unternehmen eine eigene Zustellungskultur entwickelt. Nachfolgend werden die kursierenden Missverständnisse aufgeklärt und die sinnvollste Vorgehensweise dargestellt.

 

1. Erfordernis eines Zugangsnachweises

Eine Kündigung bedarf zu ihrem Wirksamwerden des Zugangs. Der Zugang ist bewirkt, wenn die Kündigung so in den Herrschaftsbereich des Empfängers gelangt, dass unter gewöhnlichen Umständen mit seiner Kenntnisnahme zu rechnen ist (BAG 26.03.2015 – 2 AZR 483/14). Das ist bei der persönlichen Übergabe der Fall. Auch der Einwurf in den Briefkasten genügt. Allerdings ist insofern zu beachten, dass ein Arbeitnehmer teilweise erst am Folgetag den Briefkasten leert. Es gibt deshalb unterschiedliche Rechtsprechung zu der Frage, um wie viel Uhr ein Brief in den Briefkasten gelangen kann, damit davon ausgegangen werden darf, der Arbeitnehmer werde noch am gleichen Tag davon Kenntnis nehmen. Insofern sollte der Briefkasteneinwurf spätestens mittags erfolgen – je früher, desto besser.

 

Wenn der Arbeitnehmer bestreitet, die Kündigung erhalten zu haben, muss der Arbeitgeber den Zugang beweisen. Es gibt in der Zivilprozessordnung keine feste Beweisordnung, die regelt, wann eine Tatsache als bewiesen gilt. Deshalb gibt es unterschiedliche Auffassungen und Praktiken dazu, wie zugestellt wird. Im Wesentlichen handelt es sich um verschiedene Stufen unternehmerischer Vorsicht.

Merke

Seien Sie bei der Zustellung von Kündigungen nicht unsorgfältig! Kann der Zugang nicht bewiesen werden, scheitert die Kündigung ggf. bereits daran.

 

2. Am sichersten: Nachweis durch Empfangsbestätigung

Am sichersten ist die Empfangsbestätigung des Arbeitnehmers auf einer Kündigungskopie. Diese kann er sowohl bei einer persönlichen Übergabe geben als auch dann, wenn man zur Übergabe an der Wohnung des Arbeitnehmers klingelt und er öffnet.

Allerdings sollte die Kündigung nur dem Arbeitnehmer persönlich und nicht etwaigen Mitbewohnern übergeben werden. Es besteht die Gefahr, dass diese nur „Empfangsboten“ sind. Dann geht die Kündigung erst in dem Zeitpunkt zu, falls und wenn der Empfangsbote sie dem Arbeitnehmer tatsächlich übergibt.

Verweigert der Arbeitnehmer bei dem Versuch der persönlichen Übergabe die Annahme der Kündigung, gilt sie als zugegangen. Ein zweiter Zustellversuch ist dann entbehrlich. Allerdings sollte auch die Annahmeverweigerung dokumentiert werden.

 

3. Kein Nachweis durch Brief per Einschreiben

Weder durch Einwurf-Einschreiben noch durch Einschreiben mit Rückschein wird der Zugang bewiesen. Bei einem Einwurf-Einschreiben erhält man zwar einen Beleg dafür, dass ein Brief eingeworfen wurde. Allerdings kann der Umschlag leer gewesen sein. Außerdem passieren Fehler. Behauptet der Arbeitnehmer, der Brief sei nicht in seinem Briefkasten gewesen, wird sich der Postbote als Zeuge daran nicht erinnern.

Bei einem Einschreiben mit Rückschein gilt Entsprechendes. Außerdem gilt der Zugang grundsätzlich erst als bewirkt, wenn der Arbeitnehmer das Schreiben in seiner Poststelle abholt. Ist das nicht am 30. März, sondern erst am 1. April, hilft es dem Arbeitgeber nicht, dass die Abholbenachrichtigung bereits am 30. März im Briefkasten des Arbeitnehmers war.

Nach alledem sollten Kündigungen möglichst nicht postalisch verschickt werden.

Merke

Vermeiden Sie den Standardfehler, Kündigungen postalisch oder – noch gefährlicher – per Einschreiben-Rückschein zu versenden. Nutzen Sie – wenn eine persönliche Übergabe nicht möglich ist –  möglichst Boten!

 

4. Einwurf in den Briefkasten

Unterzeichnet der Arbeitnehmer keine Empfangsbestätigung oder ist er zu Hause nicht anzutreffen, sodass die Kündigung in den Briefkasten eingeworfen werden muss, dann muss der Zugang anders bewiesen werden können.

Bei der persönlichen Übergabe sollte derjenige, der die Kündigung übergeben hat, dies auf einer Kündigungskopie notieren („im Original übergeben am…um…Unterschrift“). Das sollte nicht der Geschäftsführer selbst sein, da er in einem etwaigen Kündigungsschutzverfahren nicht als Zeuge auftreten darf.

Entsprechendes gilt bei einem Briefkasteneinwurf. Es sollte deshalb vorab eine Kopie der Kündigung erstellt werden. Wird die Kündigung eingeworfen, sollte auf der Kopie sinngemäß notiert werden: „Original eingeworfen am…in der Straße…Hausnummer…in den Briefkasten mit der Aufschrift…Unterschrift“.

Wenn es sich bei dem Übergebenden bzw. Einwerfenden um eine Person handelt, die kein Eigeninteresse an der Sache hat (also etwa jeder neutrale Mitarbeiter), dann dürfte an dessen Glaubhaftigkeit kein Zweifel bestehen. Insofern genügt es, wenn eine Person diese Funktion übernimmt.

Merke

Nach einem halben Jahr erinnert sich kein Bote mehr an Details, etwa was auf dem Briefkasten stand. Der Bote sollte deshalb die Details seines Einwurfs notieren und signieren!

 

5. Zugangsvereitelung durch den Arbeitnehmer

Vereitelt der Arbeitnehmer den Zugang der Kündigung, etwa indem sein Name nicht auf dem Briefkasten steht oder er umzieht, ohne den Arbeitgeber zu benachrichtigen, muss er sich so behandeln lassen, als wäre die Kündigung zugegangen (Klinkhammer/Schmidbauer, ArbRAktuell 2018, 362). Fehlt die Zugangsmöglichkeit nur fahrlässig, dann muss der Arbeitgeber jedoch alles Zumutbare tun, um den Arbeitnehmer über den Zustellungsversuch zu unterrichten – etwa per Email, SMS oder sonstigen bekannten Kontaktmöglichkeiten.

Merke

Vereitelt der Arbeitnehmer die Zustellung, sollten Arbeitgeber vorsorglich alles Zumutbare tun, um den Arbeitnehmer auf die Kündigung hinzuweisen und sie nachträglich zuzustellen.

 

6. Bekannte Abwesenheit des Arbeitnehmers

Ist bekannt, dass der Arbeitnehmer nicht zu Hause ist, ändert das nichts. Zugangshindernisse, die in der Sphäre des Arbeitnehmers liegen, stehen dem Zugang der Kündigung nicht entgegen. Weiß der Arbeitgeber also etwa, dass der Arbeitnehmer im Urlaub ist, im Krankenhaus liegt oder sonst abwesend, genügt es gleichwohl, die Kündigung in seinem Hausbriefkasten zuzustellen. Ist sein Aufenthaltsort hingegen konkret bekannt, sollte sicherheitshalber gleichwohl an seinen tatsächlichen Aufenthaltsort eine Zweitausfertigung der Kündigung verschickt werden.

Dr. Daniel Weigert, LL.M. (Lund)
Rechtsanwalt · Fachanwalt für Arbeitsrecht
Data Protection Risk Manager
Wirtschaftsmediator

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