Recht des unlauteren Wettbewerbs (UWG), Abwerbungen

Das Thema Recht des unlauteren Wettbewerbs ist von zentraler Bedeutung, insbesondere wenn es um Abwerbungen von Mitarbeitern oder Kunden geht. In diesem Kontext stellen sich häufig Fragen nach der Zulässigkeit bestimmter geschäftlicher Handlungen und nach den rechtlichen Konsequenzen, die aus einem Verstoß gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) folgen können.

Nachfolgend wird erläutert, was das UWG regelt (dazu unter 1.), welche spezifischen Anforderungen bei Abwerbungen zu beachten sind (dazu unter 2.), und welche Rechtsfolgen sich bei Verstößen ergeben (dazu unter 3.).

Schließlich werden typische Fragen zum Thema beantwortet (dazu unter 4.) und relevante Rechtsprechung dargestellt (dazu unter 5.). 

1. Was regelt das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)?

Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) dient dem Schutz des lauteren Wettbewerbs und damit dem Schutz der Mitbewerber, Verbraucher und sonstigen Marktteilnehmer (§ 1 UWG). Es zielt darauf ab, unlautere Geschäftspraktiken zu verhindern, die den Wettbewerb verzerren könnten. Das UWG enthält allgemeine und spezielle Verbote, die bestimmte wettbewerbswidrige Handlungen untersagen.

Zu den zentralen Bestimmungen des UWG gehören:

  • Allgemeines Verbot unlauterer geschäftlicher Handlungen. Hiernach sind geschäftliche Handlungen unzulässig, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen (§ 3 UWG). Stets unzulässige geschäftliche Handlungen gegenüber Verbrauchern sind beispielsweise irreführende geschäftliche Handlungen wie die unerlaubte Verwendung von Gütezeichen, unwahre Angabe über die Unterzeichnung eines Verhaltenskodexes oder die unwahre Angabe über zeitliche Begrenzung des Angebots (vgl. Anhang zu § 3 Abs. 3 UWG). Auch aggressive geschäftliche Handlungen wie zum Beispiel, das räumliche Festhalten des Verbrauchers oder das Nichtverlassen der Wohnung des Verbrauchers trotz Aufforderung sind hiervon umfasst. 
  • Aufzählung von speziellen unlauteren Handlungen, wie zum Beispiel die Herabsetzung von Mitbewerbern oder die gezielte Behinderung von Konkurrenten (§ 4 UWG). Hiervon ist auch beispielsweise das Anbieten von Waren oder Dienstleistungen umfasst, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeigeführt wird. 
  • Verbot irreführender geschäftlicher Handlungen. Diese Vorschrift untersagt Handlungen, die geeignet sind, den Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer über wesentliche Merkmale eines Produkts oder einer Dienstleistung zu täuschen (§ 5 UWG).
  • Aggressive geschäftliche Handlungen, die geeignet sind, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die dieser andernfalls nicht getroffen hätte (§ 4a UWG). Dazu zählt insbesondere die Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers oder sonstigen Marktteilnehmers durch beispielsweise Nötigung einschließlich der Anwendung körperlicher Gewalt. 
  • Verbot unzumutbarer Belästigungen, wie etwa aggressive Werbung oder unerwünschte Telefonanrufe (§ 7 UWG).

2. Abwerbungen und das UWG

Im geschäftlichen Wettbewerb sind Abwerbungen von Kunden und Mitarbeitern ein sensibles Thema, das unter bestimmten Umständen als unlauter gelten kann.

a) Abwerbung von Kunden

Die Abwerbung von Kunden ist grundsätzlich zulässig und stellt einen wesentlichen Bestandteil des freien Wettbewerbs dar. Allerdings gelten hier gewisse Grenzen, die durch das UWG abgesteckt werden:

  • Unlautere Abwerbung: Eine Abwerbung gilt als unlauter, wenn sie beispielsweise durch Täuschung, Drohung oder andere unlautere Mittel erfolgt. Auch das Abwerben durch irreführende Angaben über den bisherigen Geschäftspartner oder durch das systematische Ausnutzen von Geschäftsgeheimnissen kann als wettbewerbswidrig eingestuft werden.
  • Boykottaufrufe: Besonders kritisch sind Boykottaufrufe, bei denen ein Wettbewerber gezielt darauf hinarbeitet, dass Kunden die Geschäftsbeziehungen mit einem Mitbewerber abbrechen. Solche Handlungen können gemäß § 4 UWG unlauter und damit unzulässig sein.

b) Abwerbung von Arbeitnehmern

Auch bei der Abwerbung von Arbeitnehmern gibt es spezifische rechtliche Anforderungen:

  • Proaktive Abwerbung: Die direkte und aktive Ansprache von Mitarbeitern eines Mitbewerbers mit dem Ziel, diese abzuwerben, ist grundsätzlich erlaubt. Das UWG verbietet jedoch unlautere Methoden, etwa wenn die Abwerbung durch Täuschung, die Verleitung zum Vertragsbruch oder durch das Ausnutzen interner Betriebsgeheimnisse erfolgt.
  • Verleitung zum Vertragsbruch: Besonders problematisch ist es, wenn ein abwerbender Arbeitgeber gezielt darauf hinwirkt, dass der abzuwerbende Mitarbeiter seinen bestehenden Arbeitsvertrag verletzt oder bricht. Dies kann zu Schadensersatzansprüchen des bisherigen Arbeitgebers führen.
  • Betriebsgeheimnisse: Die Nutzung von Betriebsgeheimnissen des bisherigen Arbeitgebers durch den abgeworbenen Arbeitnehmer oder den neuen Arbeitgeber kann ebenfalls einen Verstoß gegen das UWG darstellen.

Eine unlautere Handlung kann auch darin liegen, dass ein ausscheidender Mitarbeiter Kollegen abwirbt. Grundsätzlich ist die Abwerbung fremder Mitarbeiter erlaubt. Eine Ausnahme greift nur, wenn unlautere Begleitumstände hinzukommen (§ 4 UWG).

Unlauter ist etwa das zielbewusste, systematische Abwerben von Arbeitnehmern durch Verleumdung des bisherigen Arbeitgebers. Ebenfalls unlauter ist die Verleitung zum Vertragsbruch, etwa indem man verspricht, eine etwaige Vertragsstrafe zu übernehmen.

Ebenfalls unlauter ist es, Mitarbeiter nur deshalb abzuwerben, um über jene ab Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse des Konkurrenten zu kommen.

Insofern stellt es etwa einen fristlosen Kündigungsgrund dar, wenn ein Arbeitnehmer, der eine Selbstständigkeit plant, vor seinem Ausscheiden bei seinem alten Arbeitgeber für einen Wechsel zu seinem neuen Unternehmen wirbt.

Unzulässig ist schließlich das Abwerben von Personal unter Nutzung sachlicher und personeller Betriebsmittel.

Bei einem Verstoß hat das geschädigte sowohl Unterlassungs- als auch Schadensersatzasprüche. Daneben kann er das Arbeitsverhältnis mit dem abwerbenden Arbeitnehmer in der Regel außerordentlich und fristlos kündigen.

Merke

Unlautere geschäftliche Handlungen gegenüber Verbrauchern sind gemäß § 3 UWG solche, die nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

3. Rechtsfolgen bei Verstößen gegen das UWG

Verstöße gegen das UWG können vielfältige rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

Zu den wichtigsten Rechtsfolgen gehören:

  • Unterlassungsanspruch: Mitbewerber können bei unlauteren geschäftlichen Handlungen gemäß § 8 UWG einen Unterlassungsanspruch geltend machen. Der Unterlassungsanspruch dient dazu, zukünftige Verstöße zu verhindern.
  • Schadensersatzanspruch: Wenn ein Wettbewerber durch unlautere Handlungen geschädigt wurde, kann er gemäß § 9 UWG Schadensersatz verlangen. Dieser Anspruch setzt voraus, dass ein Verschulden des Handelnden vorliegt.
  • Gewinnabschöpfung: In bestimmten Fällen kann der Verletzte auch die Herausgabe des durch die unlauteren Handlungen erzielten Gewinns verlangen (§ 10 UWG).
  • Einstweilige Verfügung: Um schnelle Abhilfe bei fortdauernden Verstößen zu schaffen, kann der Betroffene eine einstweilige Verfügung erwirken, um die unlautere Praxis umgehend zu stoppen (§ 12 UWG).

4. Typische Fragen zum Thema UWG und Abwerbungen

a) Wann ist die Abwerbung von Kunden unzulässig?

Die Abwerbung von Kunden ist unzulässig, wenn sie durch unlautere Mittel wie Täuschung, Boykottaufrufe oder die Verwertung von Geschäftsgeheimnissen erfolgt.

b) Darf ich Mitarbeiter eines Mitbewerbers direkt ansprechen und abwerben?

Ja, die direkte Ansprache ist grundsätzlich erlaubt. Allerdings dürfen dabei keine unlauteren Methoden wie die Verleitung zum Vertragsbruch oder das Ausnutzen von Betriebsgeheimnissen angewendet werden.

c) Welche Rechtsmittel stehen mir bei einem Verstoß gegen das UWG zur Verfügung?

Betroffene können Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche geltend machen und in dringenden Fällen eine einstweilige Verfügung beantragen.

d) Was passiert, wenn ich gegen das UWG verstoße?

Ein Verstoß kann zu Unterlassungsansprüchen, Schadensersatzforderungen und der Herausgabe unrechtmäßig erzielter Gewinne führen.

5. Rechtsprechung zu Recht des unlauteren Wettbewerbs (UWG) und Abwerbungen:

  • Nach § 287 Abs. 1 ZPO entscheidet der Tatrichter unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung, ob ein Schaden entstanden ist und wie hoch er ist. Die Schätzung eines Schadens darf nur dann unterbleiben, wenn sie mangels konkreter Anhaltspunkte vollkommen „in der Luft hinge“ und daher willkürlich wäre. Eine völlig abstrakte Berechnung eines Schadens, auch in Form eines Mindestschadens, ist unzulässig. Dies gilt auch bei unlauterer Abwerbung von Mitarbeitern eines Konkurrenzunternehmens (BAG 26.09.2012 – 10 AZR 370/10).
  • Abwerbeverbote fallen nicht in den Anwendungsbereich des § 75f HGB, wenn sie nur Nebenbestimmungen der Vereinbarung sind und einem besonderen Vertrauensverhältnis der Parteien oder einer besonderen Schutzbedürftigkeit einer der beiden Seiten Rechnung tragen. Ein zwischen zwei Unternehmen im Hinblick auf einen gemeinsamen Vertrieb vereinbartes Abwerbeverbot darf grundsätzlich einen Zeitraum von zwei Jahren nach Beendigung der Zusammenarbeit nicht überschreiten (BGH 30.04.2014 – I ZR 245/12).

Wenn Ihre Arbeitnehmer unzulässig abgeworben werden oder wenn Sie als Wettbewerber rechtlich abgesichert wissen möchten, inwieweit Ihre Abwerbemaßnahmen noch zulässig sind, stehe ich Ihnen für eine umfassende rechtliche Beratung gerne zur Verfügung.

Dr. Daniel Weigert, LL.M. (Lund)

Rechtsanwalt · Fachanwalt für Arbeitsrecht
MBA
Data Protection Risk Manager
Wirtschaftsmediator (IHK)
Negotiator (EBS) · Negotiation Master Class (Harvard)

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