Möchten Sie als Arbeitgeber Ihren älteren Mitarbeitern den Übergang in den Ruhestand erleichtern und dabei die betrieblichen Interessen wahren? Suchen Sie nach Möglichkeiten, das Renteneintrittsalter flexibler zu gestalten und gleichzeitig auf die Bedürfnisse Ihres Unternehmens einzugehen? Oder benötigen Sie eine fundierte rechtliche Beratung zu den Voraussetzungen und Gestaltungsmodellen der Altersteilzeit nach dem Altersteilzeitgesetz (AltTZG)?
Dieser Artikel behandelt die gesetzlichen Grundlagen der Altersteilzeit (dazu unter 1.), die verschiedenen Modelle zur Umsetzung in der Praxis (dazu unter 2.), die Förderung und die finanziellen Anreize für Arbeitgeber und Arbeitnehmer (dazu unter 3.) sowie die rechtlichen Pflichten und Risiken, die zu beachten sind (dazu unter 4.).
Abschließend werden häufige Fragen beantwortet (dazu unter 5.), um Ihnen einen umfassenden Überblick über die Altersteilzeit zu geben und die relevanten Aspekte praxisnah darzustellen und relevante Rechtsprechung dargestellt (dazu unter 6.).
1. Rechtliche Grundlagen der Altersteilzeit
Der flexible Übergang in den Ruhestand ist für viele Arbeitnehmer eine attraktive Möglichkeit, ihre Lebensarbeitszeit zu reduzieren und den Wechsel in die Rente schrittweise zu gestalten. Gleichzeitig können Arbeitgeber durch Altersteilzeitmodelle älteren Arbeitnehmern einen gleitenden Ausstieg aus dem Erwerbsleben anbieten und so personelle sowie betriebswirtschaftliche Planungen anpassen. Dabei ist die Kenntnis der
- rechtlichen Rahmenbedingungen,
- finanziellen Aspekte und
- Gestaltungsmöglichkeiten der Altersteilzeit von zentraler Bedeutung.
Das Altersteilzeitgesetz (AltTZG) regelt die Rahmenbedingungen für eine reduzierte Arbeitszeitgestaltung älterer Arbeitnehmer im Übergang zum Ruhestand.
Die Altersteilzeit ist ein Modell der Teilzeitarbeit, das speziell auf ältere Arbeitnehmer ab 55 Jahren abzielt. Sie ermöglicht es Arbeitnehmern, ihre Arbeitszeit in den letzten Jahren vor dem Renteneintritt zu reduzieren, ohne dass sie erhebliche Einbußen beim Gehalt hinnehmen müssen. Dabei haben Arbeitnehmer keinen gesetzlichen Anspruch auf Altersteilzeit, sie ist nur durch freiwillige Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer möglich.
Nach § 2 AltTZG müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, damit ein Anspruch auf Altersteilzeit besteht:
- Der Arbeitnehmer muss mindestens 55 Jahre alt sein.
- Es muss eine Reduzierung der bisherigen Arbeitszeit um die Hälfte erfolgen.
- Zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer muss eine schriftliche Vereinbarung zur Altersteilzeit getroffen werden.
- Der Arbeitnehmer war in den letzten fünf Jahren vor Beginn der Altersteilzeit wenigstens 1.080 Kalendertage sozialversicherungspflichtig – in Voll- oder Teilzeit – beschäftigt.
Regelmäßig finden sich Regelungen zur Altersteilzeit in Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträgen wieder.
2. Modelle der Altersteilzeit: Reduktionsmodell und Blockmodell
Das Altersteilzeitgesetz sieht im Wesentlichen zwei Modelle zur Umsetzung vor: das Reduktionsmodell und das Blockmodell.
a) Das Reduktionsmodell
Im Reduktionsmodell, auch als Gleichverteilungsmodell bekannt, reduziert der Arbeitnehmer über die gesamte Dauer der Altersteilzeit hinweg seine Arbeitszeit gleichmäßig. Der Arbeitnehmer arbeitet beispielsweise nur noch 50 % der bisherigen Arbeitszeit, wodurch die Altersteilzeit schrittweise und kontinuierlich erfolgt.
Dies bietet sowohl dem Arbeitgeber als auch dem Arbeitnehmer Planungssicherheit. Die Vergütung entspricht ebenfalls der reduzierten Arbeitszeit, wobei der Arbeitgeber verpflichtet ist, den Lohn um mindestens 20 % aufzustocken.
b) Das Blockmodell
Das Blockmodell ist in der Praxis häufiger anzutreffen und besteht aus zwei Phasen:
- Arbeitsphase: Der Arbeitnehmer arbeitet zu 100 % der regulären Arbeitszeit, erhält jedoch nur 50 % des Gehalts, das er während der gesamten Altersteilzeit erhalten würde. Zusätzlich erhält er eine Aufstockung durch den Arbeitgeber.
- Freistellungsphase: In der zweiten Hälfte der Altersteilzeit ist der Arbeitnehmer vollständig von der Arbeit freigestellt, erhält jedoch weiterhin das aufgestockte Teilzeitgehalt aus der Arbeitsphase. Dieses Modell ist besonders beliebt, da es dem Arbeitnehmer ermöglicht, vorzeitig vollständig aus dem Berufsleben auszusteigen, während der Arbeitgeber weiterhin Planungssicherheit hat.
Beide Modelle bedürfen einer genauen vertraglichen Vereinbarung und der Sicherstellung, dass die gesetzlichen Anforderungen eingehalten werden.
3. Finanzielle Anreize und Fördermöglichkeiten
Obwohl die Förderung der Altersteilzeit durch die Bundesagentur für Arbeit seit 2010 weggefallen ist, gibt es nach wie vor finanzielle Anreize, um die Modelle für Arbeitgeber attraktiv zu gestalten:
- Aufstockungsbeträge: Der Arbeitgeber muss das reduzierte Gehalt des Arbeitnehmers um mindestens 20 % aufstocken (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 AltTZG). Für den Arbeitnehmer bedeutet dies weniger finanzielle Einbußen.
- Beiträge zur Rentenversicherung: Der Arbeitgeber ist verpflichtet, Beiträge zur Rentenversicherung so zu leisten, dass der Arbeitnehmer keine wesentlichen Renteneinbußen hat. Diese Pflicht besteht bis zu einer Höhe von 90 % des zuletzt vor der Altersteilzeit versicherungspflichtigen Arbeitsentgelts.
Die Kosten für den Arbeitgeber können durch verschiedene betriebliche Strategien, etwa die gezielte Nachwuchsförderung und Personaleinsatzplanung, kompensiert werden.
Für die Altersteilzeit besteht zwar keine Mindestlaufzeit, die Pflicht aus AltTZG zum Aufstocken des Gehalts durch den Arbeitgeber gilt allerdings für maximal sechs Jahre.
4. Rechtliche Pflichten und Risiken bei der Umsetzung von Altersteilzeit
Bei der Einführung von Altersteilzeit sind einige rechtliche Pflichten zu beachten, um Risiken wie Diskriminierungsansprüche oder rechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden:
- Gleichbehandlungsgrundsatz: Arbeitgeber müssen sicherstellen, dass die Angebote zur Altersteilzeit allen Mitarbeitern gleichermaßen zugänglich gemacht werden, sofern diese die Voraussetzungen erfüllen. Eine Ungleichbehandlung kann zu rechtlichen Konsequenzen führen.
- Betriebsvereinbarungen: Häufig sind Regelungen zur Altersteilzeit Bestandteil von Betriebsvereinbarungenoder Tarifverträgen. Arbeitgeber sollten sicherstellen, dass sie die geltenden tarifvertraglichen und betrieblichen Regelungen einhalten und die Zustimmung des Betriebsrats einholen.
- Transparente Kommunikation und Dokumentation: Arbeitgeber sollten den Ablauf, die finanziellen Auswirkungen und die rechtlichen Konsequenzen der Altersteilzeit umfassend dokumentieren und transparent mit den Arbeitnehmern kommunizieren.
5. Häufige Fragen zur Altersteilzeit (AltTZG):
a) Welche Vorteile bietet die Altersteilzeit für Arbeitnehmer?
Die Altersteilzeit ermöglicht Arbeitnehmern eine schrittweise Reduzierung der Arbeitsbelastung, einen gleitenden Übergang in den Ruhestand und kann finanzielle Nachteile durch Aufstockungsbeträge des Arbeitgebers abmildern.
b) Können Arbeitgeber die Einführung von Altersteilzeit verweigern?
Altersteilzeit ist keine gesetzliche Pflicht. Arbeitgeber können die Einführung von Altersteilzeit aus betriebswirtschaftlichen Gründen ablehnen, sollten dies jedoch gut begründen und rechtlich absichern.
c) Was passiert, wenn der Arbeitnehmer während der Altersteilzeit erkrankt?
Im Falle einer Erkrankung gelten die allgemeinen Regelungen des Entgeltfortzahlungsgesetzes (EFZG). Während der Freistellungsphase im Blockmodell besteht weiterhin Anspruch auf die vereinbarte Vergütung, solange keine anderslautende Vereinbarung getroffen wurde.
d) Wie wirkt sich die Altersteilzeit auf die Rente aus?
Durch die Aufstockungsbeträge und zusätzlichen Rentenversicherungsbeiträge des Arbeitgebers sollen Renteneinbußen vermieden oder zumindest minimiert werden. Die Rentenhöhe kann jedoch je nach Modell und Verdienst abweichen.
e) Ist eine vorzeitige Beendigung der Altersteilzeit möglich?
Eine vorzeitige Beendigung der Altersteilzeit kann grundsätzlich vereinbart werden, bedarf jedoch einer schriftlichen Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer sowie der Klärung der entstehenden Ansprüche und Verpflichtungen.
6. Rechtsprechung zur Altersteilzeit (AltTZG):
- Der gesetzliche Urlaubsanspruch für den Zeitraum der Altersteilzeit ist nach § 3 BUrlG jahresbezogen nach der Anzahl der Tage mit Arbeitspflicht zu berechnen. Mit der Entscheidung, das Arbeitsverhältnis als Altersteilzeitarbeitsverhältnis im Blockmodell fortzuführen, treffen die Arbeitsvertragsparteien eine Vereinbarung über die Verteilung der Arbeitszeit für den Gesamtzeitraum der Altersteilzeit, die den Arbeitnehmer allein in der Arbeitsphase zur Arbeitsleistung verpflichtet und ihn in der Freistellungsphase von vornherein von der Arbeitspflicht entbindet. Einem Arbeitnehmer, der sich in der Freistellungsphase der Altersteilzeit befindet, steht mangels Arbeitspflicht kein gesetzlicher Anspruch auf Erholungsurlaub zu (BAG 24.09.2019 – 9 AZR 481/18).
- Keine Veränderung arbeitsvertraglicher Festlegungen durch den Bezug von Krankengeld: Sozialversicherungsrechtlich privilegierte Altersteilzeit und arbeitsvertraglich vereinbarte Altersteilzeit sind voneinander zu unterscheiden. Eine Verschiebung der sozialversicherungsrechtlich privilegierten Altersteilzeit wegen des Bezugs von Krankengeld zu Beginn der Arbeitsphase führt regelmäßig nicht dazu, dass bei der arbeitsrechtlich vereinbarten Altersteilzeit Unmöglichkeit eintritt oder die Geschäftsgrundlage wegfällt und deshalb die Vereinbarung unwirksam wird. Vielmehr ist es zumutbar, eine aufgetretene Störung durch eine Vertragsanpassung aufzufangen (LAG München 24.05.2023 – 5 Sa 37/23).
- Arbeitnehmer, die sich am 1. Oktober 2020 in der Freistellungsphase ihrer Altersteilzeit befanden, haben nach § 2 Abs. 1 TV Corona-Sonderzahlung vom 25. Oktober 2020 Anspruch auf die anteilige Corona-Sonderzahlung (BAG 28.03.2023 – 9 AZR 132/22).
Wenn Sie Fragen zum Thema Altersteilzeit haben, melden Sie sich gerne bei mir.
Dr. Daniel Weigert, LL.M. (Lund)
Rechtsanwalt · Fachanwalt für Arbeitsrecht
MBA
Data Protection Risk Manager
Wirtschaftsmediator (IHK)
Negotiator (EBS) · Negotiation Master Class (Harvard)
Ballindamm 6 · 20095 Hamburg
t +49 40 2285 11210
dw@danielweigert.de