Arbeitnehmererfindungsgesetz

Haben Sie als Arbeitgeber Fragen zur rechtssicheren Handhabung von Erfindungen, die Ihre Mitarbeiter im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses machen? Möchten Sie sicherstellen, dass die Vergütung für Diensterfindungen fair und gesetzeskonform festgelegt wird? Oder sind Sie unsicher, welche Rechte und Pflichten Sie oder Ihre Arbeitnehmer bei der Anmeldung und Nutzung solcher Erfindungen haben?

Dieser Artikel behandelt die rechtlichen Grundlagen und Definitionen von Arbeitnehmererfindungen (dazu unter 1.), die Rechte des Arbeitgebers an solchen Erfindungen und die Pflichten des Arbeitnehmers (dazu unter 2.), den Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers und die Berechnung der Vergütung (dazu unter 3.) sowie mögliche Streitigkeiten und Lösungsansätze im Falle von Unstimmigkeiten über die Vergütung (dazu unter 4.).

Abschließend werden häufige Fragen beantwortet (dazu unter 5.), um Ihnen einen umfassenden Überblick über die rechtlichen Anforderungen, Risiken und Gestaltungsmöglichkeiten im Zusammenhang mit Arbeitnehmererfindungen zu geben und relevante Rechtsprechung dargestellt (dazu unter 6.).

1. Was ist eine Arbeitnehmererfindung?

Arbeitnehmererfindungen sind in vielen Unternehmen ein wichtiges Thema, da Innovationen und technische Verbesserungen häufig von den eigenen Mitarbeitern entwickelt werden. Diese Erfindungen können dem Unternehmen erhebliche Wettbewerbsvorteile verschaffen, aber auch rechtliche und finanzielle Herausforderungen mit sich bringen.

Das Arbeitnehmererfindungsgesetz (ArbNErfG) regelt hierbei die Rechte und Pflichten von Arbeitgebern und Arbeitnehmern und legt fest, wann und unter welchen Bedingungen eine Erfindung dem Arbeitgeber zusteht und wie eine Vergütung hierfür zu erfolgen hat.

Dabei wird zwischen einer Diensterfindung und einer freien Erfindung unterschieden:

  • Eine Diensterfindung (§ 4 ArbNErfG) ist eine Erfindung, die ein Arbeitnehmer während der Dauer seines Arbeitsverhältnisses macht und die entweder aus seiner Tätigkeit resultiert oder maßgeblich auf Erfahrungen oder Arbeiten basiert, die im Rahmen seines Dienstverhältnisses gemacht wurden. Diese Erfindungen können patentfähig sein oder als Gebrauchsmuster geschützt werden. Darüber hinaus zählen auch technische Verbesserungsvorschläge zu den Arbeitnehmererfindungen. Dies gilt sowohl für Diensterfindungen im privaten als auch im öffentlichen Dienst. 
  • Im Gegensatz zu Diensterfindungen stehen freie Erfindungen. Diese werden nicht im Rahmen der dienstlichen Aufgaben des Arbeitnehmers gemacht und basieren nicht auf den Erfahrungen oder Arbeiten im Dienstverhältnis. Freie Erfindungen stehen grundsätzlich dem Arbeitnehmer zu, sind jedoch gemäß §§ 18, 19 ArbNErfG mitteilungs- und anbietungspflichtig.

2. Rechte des Arbeitgebers an Diensterfindungen

a) Anspruch des Arbeitgebers

Sobald eine Erfindung als Diensterfindung gilt, steht sie grundsätzlich dem Arbeitgeber zu. Der Arbeitgeber hat das Recht, die Erfindung für sich zu beanspruchen (§ 6 ArbNErfG) und kann sie zum Patent oder Gebrauchsmuster anmelden. Die Anmeldung ist besonders dann interessant, wenn die Erfindung dem Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil verschafft oder anderweitig wirtschaftlich nutzbar ist.

b) Meldepflicht des Arbeitnehmers

Arbeitnehmer sind verpflichtet, jede Diensterfindung unverzüglich und in schriftlicher Form dem Arbeitgeber zu melden. Die Meldung muss so präzise wie möglich sein und alle notwendigen Informationen enthalten, die es dem Arbeitgeber ermöglichen, die Erfindung umfassend zu bewerten und darüber zu entscheiden, ob er sie in Anspruch nehmen möchte. Versäumt der Arbeitnehmer diese Meldepflicht oder unterlässt er wesentliche Angaben, riskiert er, seine Ansprüche auf eine angemessene Vergütung zu verlieren.

3. Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers

Auch wenn die Erfindung dem Arbeitgeber zufällt, hat der Arbeitnehmer gemäß dem ArbNErfG Anspruch auf eine angemessene Vergütung. Diese Vergütung ist in der Regel ein heikles Thema und nicht selten Gegenstand von Verhandlungen oder gar Rechtsstreitigkeiten.

a) Gesetzliche Grundlage

Nach § 9 ArbNErfG steht dem Arbeitnehmer eine angemessene Vergütung für seine Diensterfindung zu. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, diese Vergütung zu zahlen, sobald die Erfindung in Anspruch genommen wird.

b) Bestimmung der Vergütungshöhe

Die Höhe der Vergütung wird nicht pauschal festgelegt und hängt von mehreren Faktoren ab, darunter:

  • Der wirtschaftliche Wert der Erfindung für das Unternehmen.
  • Der konkrete Beitrag des Arbeitnehmers zur Entwicklung der Erfindung.
  • Der Beitrag des Arbeitgebers durch Bereitstellung von Ressourcen, Know-how oder Unterstützung bei der Entwicklung.

Da es keine festen gesetzlichen Regelungen zur Höhe der Vergütung gibt, müssen diese Aspekte im Einzelfall ausgehandelt werden. Häufig entstehen hier Konflikte, da Arbeitgeber und Arbeitnehmer unterschiedliche Vorstellungen über die Angemessenheit der Vergütung haben.

c) Berechnungsgrundlagen

Zur Ermittlung der angemessenen Vergütung werden in der Praxis unterschiedliche Berechnungsmethoden herangezogen, insbesondere:

  • Lizenzanalogie: Die Vergütung orientiert sich an den Lizenzgebühren, die ein Dritter für die Nutzung der Erfindung zahlen würde.
  • Gewinnbasierte Berechnung: Diese Methode basiert auf dem tatsächlichen Gewinn, den der Arbeitgeber durch die Nutzung der Erfindung erzielt.

Gerichte oder Schiedsstellen können hinzugezogen werden, um die Angemessenheit der Vergütung zu überprüfen und eine geeignete Berechnungsmethode festzulegen.

4. Streitigkeiten und Lösungsansätze 

Idealerweise einigen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf eine angemessene Vergütung. Eine schriftliche Vereinbarung schafft hier Klarheit und Rechtssicherheit für beide Seiten.

Kommt es zu keiner Einigung, können Schiedsstellen oder Gerichte angerufen werden. Das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) bietet eine Schiedsstelle für Arbeitnehmererfindungen an, die bei der Vermittlung zwischen den Parteien hilft. Gerichte können im Streitfall eine Entscheidung über die angemessene Vergütung treffen.

Merke

Dem Arbeitnehmer steht eine angemessene Vergütung für seine Diensterfindung zu, sobald der Arbeitgeber die Erfindung in Anspruch nimmt!

5. Häufige Fragen zu Arbeitnehmererfindungen

a) Was passiert, wenn mein Arbeitgeber die Erfindung nicht in Anspruch nimmt?

Wenn der Arbeitgeber die Erfindung innerhalb von vier Monaten nach der ordnungsgemäßen Meldung nicht in Anspruch nimmt, bleibt sie dem Arbeitnehmer als freie Erfindung erhalten. Er kann dann frei über die Erfindung verfügen und diese selbst patentieren oder vermarkten.

b) Kann ein Arbeitnehmer eine Erfindung geheim halten?

Nein, der Arbeitnehmer ist gemäß § 18 ArbNErfG verpflichtet, jede Erfindung, die potenziell eine Diensterfindung darstellt, dem Arbeitgeber zu melden. Eine bewusste Zurückhaltung dieser Information kann zu rechtlichen Konsequenzen führen, einschließlich des Verlusts von Vergütungsansprüchen.

c) Welche Rechte hat der Arbeitnehmer, wenn die Vergütung unzureichend ist?

Der Arbeitnehmer hat das Recht, eine Schiedsstelle oder das Arbeitsgericht anzurufen, um eine angemessene Vergütung zu fordern. Er kann zudem Auskunft und Rechnungslegung verlangen, um die wirtschaftlichen Vorteile des Arbeitgebers durch die Erfindung zu bewerten.

d) Wie lange ist der Arbeitnehmer zur Meldung einer Erfindung verpflichtet?

Die Meldepflicht gilt während der gesamten Dauer des Arbeitsverhältnisses und endet mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Auch nach Ende des Arbeitsverhältnisses muss eine Erfindung gemeldet werden, wenn sie während des Dienstes entwickelt wurde.

e) Können arbeitsvertragliche Regelungen die Vergütung nach ArbNErfG abändern?

Ja, grundsätzlich können Arbeitsverträge spezielle Regelungen zu Diensterfindungen enthalten. Diese dürfen jedoch nicht zu einer vollständigen Benachteiligung des Arbeitnehmers führen und müssen stets im Einklang mit den Grundprinzipien des ArbNErfG stehen.

6. Rechtsprechung zum Arbeitnehmererfindungsgesetz:

  • Die Regelungen des ArbNErfG finden auf sogenannte Organerfinder wie den GmbH-Geschäftsführer dem Grunde nach keine Anwendung; Organerfinder können allerdings vertraglich – im vorliegenden Fall mit dem Geschäftsführeranstellungsvertrag – im Hinblick auf Diensterfindungen einem Arbeitnehmer gleichgestellt werden. Eine entsprechende Gleichstellung kann nur erreicht werden, wenn auf das entsprechende Rechtsverhältnis auch die in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zu den die gesetzlichen Ansprüche flankierenden Hilfsansprüchen Anwendung finden. Für die Frage, ob der Arbeitgeber von der erfinderischen Lehre des Arbeitnehmers Gebrauch macht, ist nicht entscheidend, ob und ggf. welche weiteren Patente des Arbeitgebers verwendet werden; es kommt allein darauf an, dass das fragliche Produkt die technischen Merkmale der Arbeitnehmer-Diensterfindung verwirklicht (LG München I 09.12.2020 – 21 O 10149/19).
  • Fehlt es an einer ordnungsgemäßen Meldung der Diensterfindung durch den Arbeitnehmererfinder, kann die vom Arbeitgeber einzuhaltende Frist zur Inanspruchnahme mit der Anmeldung der Erfindung zum Schutzrecht zu laufen beginnen. Bei der Frist zur Inanspruchnahme einer Diensterfindung handelt es sich um eine Ausschlussfrist (BGH 04.04.2006 – X ZR 155/03).
  • Die Frist zur Inanspruchnahme einer Diensterfindung wird, wenn es an einer schriftlichen Erfindungsmeldung des Diensterfinders fehlt, grundsätzlich nur in Gang gesetzt, wenn der Arbeitgeber, insbesondere durch eine Patentanmeldung und die Benennung des Arbeitnehmers als Erfinder, dokumentiert, dass es keiner Erfindungsmeldung mehr bedarf, weil er über die Erkenntnisse bereits verfügt, die ihm der Diensterfinder durch die Erfindungsmeldung verschaffen soll. Hat der Arbeitnehmer die Diensterfindung unberechtigt zum Patent angemeldet, bedarf es nach Inanspruchnahme der Diensterfindung durch den Arbeitgeber gemäß §§ 6, 7 ArbNErfG einer Übertragung und nicht nur einer Umschreibung der Anmeldung oder eines hierauf erteilten Patents auf den Arbeitgeber (BGH 12.04.2011 – X ZR 72/10).
  • Ein Arbeitgeber ist nach einer Mitteilung im Sinne von § 16 Abs. 1 ArbNErfG nur dann zur Übertragung des Rechts an den Arbeitnehmer verpflichtet, wenn dieser ein entsprechendes Verlangen fristgerecht äußert. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber an seiner Absicht, die Schutzrechtsanmeldung bzw. das Schutzrecht aufzugeben, nicht mehr festhält (BGH 27.07.2021 – X ZR 61/20).
  • Haben Arbeitgeber und Arbeitnehmer keine Vereinbarung hierüber getroffen, ist nach einem Verkauf der Schutzrechte zunächst zu prüfen, ob die Vergütung des Arbeitnehmererfinders aus einer konkret am Kaufvertrag orientierten Wertanalyse ermittelt werden kann. Ist dies nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich, kommt entweder eine pauschal geschätzte Verteilung von Anteilen des Kaufpreises oder eine Hochrechnung hypothetischer Lizenzgebühren in Betracht (OLG Karlsruhe 13.10.2021 – 6 U 130/19).

 

Bei Fragen zum ArbNErfG und zur Vergütung von Diensterfindungen stehe ich Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung. Unsere Kanzlei bietet umfassende Beratung und Unterstützung in allen Fragen rund um Arbeitnehmererfindungen. Kontaktieren Sie mich für eine individuelle Beratung.

Dr. Daniel Weigert, LL.M. (Lund)

Rechtsanwalt · Fachanwalt für Arbeitsrecht
MBA
Data Protection Risk Manager
Wirtschaftsmediator (IHK)
Negotiator (EBS) · Negotiation Master Class (Harvard)

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