Arbeitszeugnisse

Haben Sie als Arbeitgeber Fragen zur rechtssicheren Erstellung von Arbeitszeugnissen? Möchten Sie sicherstellen, dass die Formulierungen in Ihren Zeugnissen den gesetzlichen Vorgaben entsprechen und die Interessen sowohl des Unternehmens als auch der Arbeitnehmer gewahrt werden? Oder sind Sie als Arbeitnehmer unsicher, welche Ansprüche Sie auf ein qualifiziertes und wohlwollendes Arbeitszeugnis haben und wie Sie gegen ein unzureichendes Zeugnis vorgehen können?

Dieser Artikel beleuchtet die gesetzlichen Grundlagen für Arbeitszeugnisse (dazu unter 1.), die inhaltlichen und formellen Anforderungen an ein qualifiziertes Arbeitszeugnis (dazu unter 2.) sowie die typischen Streitpunkte und Möglichkeiten zur Durchsetzung von Zeugnisansprüchen (dazu unter 3.).

Abschließend werden häufige Fragen rund um das Thema Arbeitszeugnisse beantwortet (dazu unter 4.) und relevante Rechtsprechung dargestellt (dazu unter 5.)

1. Gesetzliche Grundlagen und Arten von Arbeitszeugnissen

Arbeitszeugnisse sind ein zentraler Bestandteil des deutschen Arbeitsrechts und häufig ein Streitpunkt bei der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses. Jeder Arbeitnehmer hat gemäß § 109 GewO (Gewerbeordnung) das Recht auf ein schriftliches Zeugnis, das wohlwollend formuliert und inhaltlich korrekt sein muss.

Es gibt jedoch unterschiedliche Arten von Arbeitszeugnissen – vom einfachen Zeugnis, das nur die Dauer und Art der Tätigkeit beschreibt, bis hin zum qualifizierten Zeugnis, das auch die Leistung und das Verhalten des Arbeitnehmers bewertet. 

a) Anspruch auf ein Arbeitszeugnis

Gemäß § 109 GewO hat jeder Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein schriftliches Arbeitszeugnis. Dieser Anspruch besteht unabhängig von der Art des Beschäftigungsverhältnisses – also auch für

  • Teilzeitbeschäftigte,
  • Minijobber und
  • Auszubildende.

Der Arbeitnehmer muss das Zeugnis beim Arbeitgeber einfordern; eine automatische Ausstellungspflicht besteht nicht. Das Arbeitszeugnis muss schriftlich und eigenhändig vom Arbeitgeber oder einer vertretungsberechtigten Person unterzeichnet werden. Eine elektronische Form ist unzulässig.

b) Einfaches und qualifiziertes Arbeitszeugnis

Das Gesetz unterscheidet zwischen zwei Arten von Arbeitszeugnissen:

  • Einfaches Arbeitszeugnis: Ein einfaches Arbeitszeugnis enthält lediglich Angaben über Art und Dauer der Beschäftigung. Es bietet keine Bewertung der Leistung oder des Verhaltens des Arbeitnehmers.

  • Qualifiziertes Arbeitszeugnis: Ein qualifiziertes Arbeitszeugnis enthält darüber hinaus eine Beurteilung der Leistung und des Sozialverhaltens des Arbeitnehmers im Arbeitsverhältnis. In der Praxis ist das qualifizierte Zeugnis die Regel, da es für Arbeitnehmer deutlich aussagekräftiger und für zukünftige Bewerbungen von größerer Bedeutung ist.

c) Zwischenzeugnis

Der Arbeitnehmer kann auch während eines laufenden Arbeitsverhältnisses ein Zwischenzeugnis fordern, einen gesetzlichen Anspruch haben Arbeitnehmer jedoch nicht.

Oftmals haben Arbeitnehmer ein Interesse an einem Zwischenzeugnis. Ein solches Interesse kann beispielsweise bei

  • einem internen Abteilungswechsel,
  • einer bevorstehenden Elternzeit,
  • einer längeren Krankheit oder
  • einer Versetzung bestehen.

Ein Zwischenzeugnis hat grundsätzlich denselben Inhalt wie ein qualifiziertes Endzeugnis und muss ebenfalls wohlwollend und wahrheitsgemäß formuliert sein. im Gegensatz zum Endzeugnis wird das Zwischenzeugnis im Präsens formuliert, da der Arbeitnehmer weiterhin für den Arbeitgeber tätig ist. 

d) Zeitlicher Rahmen und Verjährung von Zeugnisansprüchen

Der Anspruch auf ein Arbeitszeugnis verjährt gemäß § 195 BGB innerhalb von drei Jahren ab dem Ende des Jahres, in dem das Arbeitsverhältnis beendet wurde. Dies bedeutet, dass ein Arbeitnehmer innerhalb dieser Frist seinen Anspruch auf ein Zeugnis gerichtlich geltend machen muss. Für Zwischenzeugnisse gelten entsprechende Regeln, wobei das berechtigte Interesse zeitnah nachgewiesen werden muss.

Merke

Arbeitnehmer haben einen gesetzlichen Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis!

2. Inhaltliche und formelle Anforderungen an ein qualifiziertes Arbeitszeugnis

a) Grundsatz der Wahrheit und Wohlwollenspflicht

Das Arbeitszeugnis muss gemäß § 109 Abs. 1 GewO wahrheitsgemäß und wohlwollend formuliert sein. Diese doppelte Verpflichtung führt in der Praxis häufig zu Konflikten. Einerseits darf der Arbeitgeber keine falschen Angaben machen oder wesentliche Tatsachen verschweigen, die für die Beurteilung des Arbeitnehmers von Bedeutung sind. Andererseits darf das Zeugnis dem Arbeitnehmer das berufliche Fortkommen nicht unnötig erschweren. Die Kunst besteht darin, eine angemessene und ausgewogene Formulierung zu finden, die den Anforderungen an Wahrheit und Wohlwollen gerecht wird.

b) Form und Aufbau eines qualifizierten Arbeitszeugnisses

Ein qualifiziertes Arbeitszeugnis gliedert sich üblicherweise in mehrere Abschnitte:

  1. Kopfzeile: Angaben zum Arbeitgeber, Ort und Datum.
  2. Einleitung: Angaben zur Person des Arbeitnehmers, zur Dauer des Arbeitsverhältnisses und zur Position.
  3. Tätigkeitsbeschreibung: Detaillierte Darstellung der Aufgaben und Verantwortlichkeiten des Arbeitnehmers.
  4. Leistungsbeurteilung: Bewertung der Arbeitsqualität, -quantität, Fachkenntnisse, Arbeitsweise, Belastbarkeit, Initiative und anderer relevanter Kriterien.
  5. Verhaltensbeurteilung: Einschätzung des Sozialverhaltens des Arbeitnehmers gegenüber Vorgesetzten, Kollegen und ggf. Kunden.
  6. Schlussformel: Bedauern über das Ausscheiden, Dank für die geleistete Arbeit und Wünsche für die Zukunft (optional).

c) Zeugniscode und versteckte Formulierungen

Es hat sich in der Praxis ein sogenannter Zeugniscode entwickelt, der standardisierte Formulierungen verwendet, die juristisch als wohlwollend gelten, aber zwischen den Zeilen eine differenzierte Bewertung zulassen.

Beispielsweise bedeutet die Formulierung “Er hat sich stets bemüht” häufig eine durchschnittliche bis schlechte Leistung. Für den Arbeitnehmer ist es wichtig, diesen Code zu kennen und zu prüfen, ob die Formulierungen seinem Leistungsbild entsprechen.

d) Formalien eines Arbeitszeugnisses

Ein Arbeitszeugnis muss schriftlich und auf Firmenbriefpapier des Arbeitgebers ausgestellt sein. Es darf keine Rechtschreibfehler, Flecken, Durchstreichungen oder anderweitige sichtbare Mängel enthalten, da diese als negative Beeinträchtigung des Arbeitnehmers gewertet werden könnten. Das Zeugnis muss vollständig sein und alle wesentlichen Angaben zur Beurteilung des Arbeitnehmers enthalten.

Hier geht es zur Checkliste für Anforderungen an Arbeitszeugnisse: Noten und Formulierungen.

3. Typische Streitpunkte und Durchsetzung von Zeugnisansprüchen

a)  Leistungsbewertung

Ein häufiger Streitpunkt ist die Bewertung der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers. Arbeitnehmer haben einen Anspruch darauf, dass ihre Leistungen im Zeugnis “durchschnittlich” (Note “befriedigend”) bewertet werden, sofern der Arbeitgeber keine triftigen Gründe für eine schlechtere Bewertung vorbringen kann.

Bei einer besseren Bewertung (“gut” oder “sehr gut”) liegt die Darlegungslast beim Arbeitnehmer, dass er tatsächlich entsprechend gute Leistungen erbracht hat.

Ein Muster für ein Arbeitszeugnis, das der Note “gut” entsprechen würde, finden Sie hier

b) Tätigkeitsbeschreibung

Ein weiterer Konfliktbereich ist die Tätigkeitsbeschreibung. Diese sollte möglichst detailliert und vollständig sein, um ein umfassendes Bild der ausgeübten Tätigkeiten und der Verantwortung des Arbeitnehmers zu geben. Es besteht häufig Streit darüber, welche Tätigkeiten im Zeugnis erwähnt werden sollen und in welchem Umfang. Hierbei ist es wichtig, dass die Beschreibung sachlich und vollständig erfolgt.

c) Schlussformel

Die Schlussformel ist formal zwar kein zwingender Bestandteil eines Arbeitszeugnisses, wird jedoch häufig verwendet, um dem Arbeitnehmer für die Zusammenarbeit zu danken und ihm alles Gute für die Zukunft zu wünschen. Ein Streitpunkt kann sein, wenn der Arbeitgeber keine Schlussformel verwendet oder diese zu kurz oder neutral ausfällt, was als negatives Signal interpretiert werden kann.

d) Durchsetzung von Zeugnisansprüchen

Arbeitnehmer haben die Möglichkeit, ihre Ansprüche auf Ausstellung oder Berichtigung eines Arbeitszeugnisses zunächst außergerichtlich geltend zu machen. Sollte dies nicht zum Erfolg führen, kann der Arbeitnehmer vor dem Arbeitsgericht klagen. Dabei hat der Arbeitnehmer den Anspruch darzulegen und zu beweisen, dass das ausgestellte Zeugnis unrichtig ist und nicht der Wahrheitspflicht entspricht.

e) Zeugnisberichtigungsklagen und Beweislast

In Zeugnisberichtigungsverfahren vor dem Arbeitsgericht hat der Arbeitnehmer grundsätzlich die Beweislast für die Unrichtigkeit des Zeugnisses. Der Arbeitgeber hingegen muss die Richtigkeit und Vollständigkeit der im Zeugnis enthaltenen Angaben nachweisen. In der Regel geht es in solchen Verfahren um die Frage, ob das Zeugnis formal und inhaltlich korrekt sowie wohlwollend formuliert ist.

Wichtig zu wissen ist dabei, dass bei der Zeugnisberichtigungsklage der Arbeitgeber das Zeugnis nicht zum Nachteil des Arbeitnehmers verändern darf. 

Merke

Das Arbeitszeugnis muss wahrheitsgemäß und wohlwollend formuliert sein!

4. Häufige Fragen zu Arbeitszeugnissen

a) Kann der Arbeitgeber das Arbeitszeugnis verweigern?

Nein, der Arbeitgeber darf das Arbeitszeugnis nicht verweigern, wenn der Arbeitnehmer dies verlangt. Es besteht eine gesetzliche Verpflichtung, dem Arbeitnehmer ein einfaches oder auf Wunsch ein qualifiziertes Zeugnis auszustellen. Eine Verweigerung kann rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, einschließlich einer Klage auf Ausstellung oder Berichtigung des Zeugnisses.

b) Kann der Arbeitnehmer ein Zeugnis nachträglich ändern lassen?

Ja, der Arbeitnehmer hat das Recht, ein fehlerhaftes oder unvollständiges Zeugnis ändern zu lassen. Dies gilt sowohl für inhaltliche Fehler (Beispiel: falsche Tätigkeitsbeschreibungen oder Leistungsbeurteilungen) als auch für formelle Mängel (Beispiel: fehlende Unterschrift oder unpassendes Firmenpapier). Eine Zeugnisberichtigung kann auch gefordert werden, wenn die Formulierungen des Zeugnisses nicht dem Zeugniscode entsprechen.

c) Muss ein Arbeitszeugnis bei einer Kündigung in der Probezeit erstellt werden?

Ja, auch bei einer Kündigung in der Probezeit hat der Arbeitnehmer Anspruch auf ein Arbeitszeugnis. Dies kann in der Regel ein einfaches Zeugnis sein, es sei denn, der Arbeitnehmer wünscht ausdrücklich ein qualifiziertes Zeugnis. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die Tätigkeiten und, soweit möglich, die erbrachte Leistung zu bewerten.

d) Was passiert, wenn ein Arbeitszeugnis negativ ausfällt?

Ein negativ formuliertes Arbeitszeugnis kann die beruflichen Chancen des Arbeitnehmers erheblich beeinträchtigen. Deshalb sollte der Arbeitnehmer das Zeugnis genau prüfen und bei Unstimmigkeiten oder unvorteilhaften Formulierungen eine Berichtigung verlangen. Kommt der Arbeitgeber dem nicht nach, kann der Arbeitnehmer vor dem Arbeitsgericht klagen.

5. Rechtsprechung zu Arbeitszeugnissen:

  • Äußere Form des Arbeitszeugnisses: Ein Arbeitszeugnis darf regelmäßig ein Adressfeld enthalten, in dem nicht nur der Name des Arbeitnehmers, sondern auch dessen Anschrift angegeben ist. Bei einem Arbeitszeugnis muss ohne weiteres, d. h. auf den ersten Blick, zuverlässig erkennbar sein, wer es ausgestellt und welche Stellung derjenige im Betrieb hat. Aufgrund dessen ist der Unterschrift regelmäßig der Name des Unterzeichners und ein seine Stellung kennzeichnender Zusatz in Druckschrift beizufügen (LAG Mecklenburg-Vorpommern 02.11.2023 – 5 Sa 35/23).
  • Zwar sind Schlusssätze, mit denen der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für seine Mitarbeit dankt und ihm für die Zukunft alles Gute wünscht, geeignet, die Bewerbungschancen des Arbeitnehmers zu erhöhen. Arbeitnehmer haben jedoch keinen Anspruch auf eine Dankes- und Wunschformel. Bei einer Abwägung gegenseitiger Interessen überwiegt die negative Meinungsfreiheit des Arbeitgebers (BAG 25.01.2022 – 9 AZR 146/21).
  • Macht ein Arbeitnehmer von seinem Recht auf Korrektur des Arbeitszeugnisses Gebrauch und verschlechtert der Arbeitgeber daraufhin sachgrundlos das Zeugnis, verstößt er gegen das arbeitsrechtliche Maßregelungsverbot. Dies betrifft auch die sogenannte Dankes-und Wunschformel (BAG 06.06.2023 – 9 AZR 272/22).
  • Der Arbeitgeber hat kein schutzwürdiges Vertrauen auf den Bestand des erteilten Zeugnisses, wenn er den Arbeitnehmer böswillig mit “ungenügend” beurteilt hat und der Arbeitnehmer das Zeugnis als “sittenwidrig”, “unterirdisch” und von vorsätzlicher Schädigungsabsicht getragen beanstandet hat. Das gilt auch dann, wenn zwischen Beanstandung und Klageerhebung zwei Jahre liegen (LAG Baden-Württemberg 31.05.2023 – 4 Sa 54/22).

Es ist nicht immer leicht, gerade bei einer emotionalen Beendigung, ein wohlwollendes Zeugnis zu erstellen oder den Arbeitgeber dazu zu bewegen. Gern bin ich Ihnen dabei behilflich und erstelle einen Zeugnisentwurf, der alle notwendigen Formulierungen enthält oder prüfe Ihr Arbeitszeugnis auf Vollständigkeit und darauf ob es der vereinbarten Note entspricht.

Wenn Sie Fragen zum Zeugnisrecht haben, sprechen Sie mich gern an.

Dr. Daniel Weigert, LL.M. (Lund)

Rechtsanwalt · Fachanwalt für Arbeitsrecht
MBA
Data Protection Risk Manager
Wirtschaftsmediator (IHK)
Negotiator (EBS) · Negotiation Master Class (Harvard)

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