Geschäftsführeranstellungsvertrag

Nachfolgend erhalten Sie wesentliche Informationen zum Geschäftsführeranstellungsvertrag (dazu unter 1.) und zum Status des Geschäftsführers zwischen Arbeitnehmer bzw. abhängig Beschäftigtem und freiem Dienstleister (dazu unter 2.). Zuletzt finden Sie ausgewählte Rechtsprechung zu Geschäftsführeranstellungsverträgen (dazu unter 3.).

1. Grundsätze zum Geschäftsführeranstellungsvertrag

Eine Gesellschaft (z.B. eine GmbH) ist eine juristische Person. Juristische Personen können nicht als solche rechtsverbindliche Willenserkärungen abgeben. Eine GmbH wird daher durch einen oder mehrere Geschäftsführer vertreten (§ 35 Abs. 1 GmbHG). Dessen bzw. deren Erklärungen wirken für und gegen die Gesellschaft.

Es ist zu unterscheiden zwischen der Organstellung und der vertraglichen Stellung des Geschäftsführers: Die Ernennung und der Widerruf des Geschäftsführers ist unabhängig von dem der Organstellung zugrundeliegenden Dienstvertrag. Das heißt etwa: Auch wenn dem Geschäftsführer die Organstellung entzogen wird, bleibt der Geschäftsführerdienstvertrag davon unberührt. Sowohl zu Beginn als auch am Ende des Geschäftsführeranstellungsverhältnisses ist also zu beachten, dass sowohl die Organstellung als auch die Vertragsbeziehung begründet bzw. beendet wird.

Merke

Der Geschäftsführeranstellungsvertrag ist unabhängig vom organschaftlichen Verhältnis.

 

a) Inhalte des Geschäftsführeranstellungsvertrages

Da das Arbeitsrecht für Geschäftsführer weitgehend nicht gilt, müssen in Anstellungsverträgen für Geschäftsführer zahlreiche Dinge geregelt werden, die in Bezug auf Arbeitnehmer gesetzlich geregelt sind. Das sind etwa Urlaubs- und Entgeltfortzahlungsansprüche im Krankheitsfall. Da auch das Kündigungsschutzgesetz nicht gilt und Geschäftsführer deshalb grundsätzlich jederzeit ohne Grund ordentlich gekündigt werden können, werden in Geschäftsführerdienstverträgen oft lange Kündigungsfristen vereinbart. Auch Wettbewerbsverbote für Geschäftsführer haben in der Regel eine besondere Praxisrelevanz. Schließlich werden typischerweise D&O-Versicherungen vereinbart, also die Pflicht der Gesellschaft, eine Versicherung abzuschließen, die die persönliche Haftung des Geschäftsführers bei Pflichtverletzungen (§ 43 Abs. 1 GmbHG) abdeckt. Insgesamt ist die typische Verhandlungssituation, dass Geschäftsführer möglichst weitgehend „wie Arbeitnehmer“ gestellt sein möchten (Urlaub, Entgeltfortzahlung). Auch die Geltund des Kündigungsschutzrechts kann in einem Geschäftsführeranstellungsvertrag vereinbart werden. Auf der anderen Seite will es die Gesellschaft in der Regel möglichst weitgehend bei den überschaubaren Rechten des freien Dienstleisters belassen. Deshalb benötigen sowohl die Gesellschaft als auch der Geschäftsführer in der Verhandlungsphase in der Regel eine Beratung, um einen möglichst interessengerechten Vertrag zu vereinbaren.

Merke

In Geschäftsführeranstellungsverträgen müssen Rechte, die im Arbeitsverhältnis aus dem Gesetz folgen, individuell vereinbart werden.

 

b) AGB-Kontrolle des Geschäftsführerdienstvertrags?

Fremdgeschäftsführer, also solche, die nicht zugleich Gesellschafter sind und in dieser Rolle über eine Sperrminorität verfügen, sind bei Abschluss eines Geschäftsführeranstellungsvertrages Verbraucher im Sinne des § 13 BGB (BAG 19. Mai 2010 – 5 AZR 253/09). Damit kann es sich bei den Regelungen in einem Geschäftsführeranstellungsvertrag um Allgemeine Geschäftsbedingungen handeln. Das bedeutet, dass alle Vereinbarungen auf ihre Angemessenheit überprüft werden können. Außerdem gehen Unklarheiten zu Lasten des Verwenders, also in der Regel der Gesellschaft (§ 305c Abs. 2 BGB). Deshalb ist darauf zu achten, dass die Vereinbarungen in Geschäftsführeranstellungsverträgen stets klar und präzise sind.

Merke

Klauseln im Geschäftsführeranstellungsvertrag sind in der Regel AGB‘en. Damit unterliegen sie einer strengen Kontrolle.

 

c) Die richtige Kündigungsfrist eines Geschäftsführeranstellungsvertrags

Wie lang ist die ordentliche Kündigungsfrist für einen GmbH-Geschäftsführer, wenn eine vertragliche Regelung fehlt? Diese Frage ist umstritten. Nach der Rechtsprechung des BAG ist § 621 BGB anzuwenden (BAG 11. Juni 2020 – 2 AZR 374/19), nach der Rechtsprechung des BGH jedoch § 622 BGB, was im Wesentlichen zu späteren Kündigungsterminen führt.

Merke

Die höchsten deutschen Gerichte berechnen die ordentliche Kündigungsfrist eines Geschäftsführers – sofern keine vertraglich vereinbart ist – unterschiedlich.

 

2. Der Status des Geschäftsführers zwischen Arbeitnehmer und freiem Dienstleister

Sehr problematisch ist die Statuseinordnung von Geschäftsführern im Arbeits- und Sozialversicherungsrecht.

a) Status im Arbeitsrecht

Der Vertrag zwischen Gesellschaft und Geschäftsführer stellt in der Regel ein freies Dienstverhältnis und kein Arbeitsverhältnis dar (BGH 10. Mai 2010 – II ZR 70/09). Das folgt im Wesentlichen daraus, dass der Geschäftsführer als Vertreter der Gesellschaft fungiert und somit die Arbeitgeberfunktion ausübt. Das schließt seine Weisungsgebundenheit, die für ein Arbeitsverhältnis prägend ist, aus. Der Geschäftsführer ist zwar der Gesellschafterversammlung weisungsunterworfen (§ 37 Abs. 1 GmbH). Die organschaftliche Weisungsgebundenheit ist aber mit der Weisungsgebundenheit eines Arbeitnehmers nicht gleichzusetzen. Gleichwohl kann nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts auch ein Geschäftsführer im Ausnahmefall als Arbeitnehmer angesehen werden. Dies sei der Fall, wenn eine starke interne Weisungsabhängigkeit des Geschäftsführers gegenüber der Gesellschafterversammlung besteht (BAG 20.08.2003 – 5 AZB 79/02). Dies komme insbesondere in Betracht, wenn es sich um einen Teil einer Mehrpersonen-Geschäftsführung handelt (BAG 26.05.1999 – 5 AZR 664/98). Allerdings gilt auf europarechtlicher Ebene ein anderer Arbeitnehmerbegriff (EuGH 11.11.2010 – C-232/09, „Danosa“). Das Europarecht differenziert nicht zwischen Arbeitnehmern und Geschäftsführern, sondern versteht letztere jedenfalls in der Regel ebenfalls als Arbeitnehmer. Das heißt im Ergebnis, dass Gesetze, die auf Europarecht beruhen, insoweit auch auf Geschäftsführer anwendbar sind.

b) Status im Sozialversicherungsrecht

Ein GmbH-Geschäftsführer kann sowohl abhängig beschäftigt als auch selbstständig sein (§ 7 Abs. 1 SGB IV). Abhängig beschäftigt ist er, wenn er seine Tätigkeit nach Weisungen und eingegliedert in die Arbeitsorganisation des Weisungsgegebers ausübt.

Danach ist der Fremdgeschäftsführer, der keine Gesellschaftsanteile hält, grundsätzlich abhängig beschäftigt (BSG 22.08.1973 – 12 RK 24/72). Ausnahmen sind etwa denkbar, wenn aufgrund familiärer Verbundenheit an der Weisungsgebundenheit fehlt (BSG 25.01.2006 – B 12 KR 30/04; BSG 29.08.2012 – B 12 R 14/10 R).

Bei einem Geschäftsführer mit Gesellschaftsbeteiligung ist zu differenzieren: Hält er mehr als 50 % der Anteile und ist somit Mehrheitsgesellschafter, liegt regelmäßig keine Weisungsgebundenheit und damit keine abhängige Beschäftigung vor. Im Ergebnis wäre der Geschäftsführer damit nur sich selbst weisungsgebunden. Das ist keine Weisungsgebundenheit, die zun einer abhängigen Beschäftigung führt.

Entsprechendes gilt, wenn der Geschäftsführer zwar nur Minderheitsgesellschafter ist, aber aufgrund einer vertraglichen im Gesellschaftsvertrag eine Sperrminorität hat. Auch dann kann er Weisungen gegen sich selbst verhindern und ist damit nicht weisungsgebunden (BSG 22.11.1974 – 1 RA 251/73). Auch zwei Gesellschafter, die jeweils 50 % der Anteile halten, sind jeweils nicht abhängig beschäftigt, weil sie Weisungen gegen sich unterbinden können (BSG 25.10.1989 – 2 RU 12/89).

In allen anderen Fällen ist jeweils einzelfallbezogen zu prüfen, ob ein abhängiges und damit sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorliegt.

3. Rechtsprechung zu Geschäftsführeranstellungsverträgen

  • Das Anstellungsverhältnis eines GmbH-Geschäftsführers kann durch eine Vereinbarung in der Weise an das Organverhältnis gekoppelt werden, dass mit einer vorzeitigen Abberufung als Geschäftsführer auch die Beendigung des Anstellungsvertrags verbunden sein soll (OLG München 17. März 2011 – 23 U 3673/10).
  • Kommt ein Geschäftsführeranstellungsvertrag nicht wirksam zustande, haben aber weder der Aufsichtsrat noch die Gesellschafterversammlung Zweifel an der Wirksamkeit des Vertrags, sind die Grundsätze des fehlerhaften Arbeitsverhältnisses anwendbar. Dem steht nicht entgegen, dass die Parteien, einen – ebenfalls unwirksamen – Aufhebungsvertrag geschlossen haben (OLG München 19. Mai 2011 – 23 U 5276/09).
  • Ein unwirksamer Anstellungsvertrag eines GmbH-Geschäftsführers, der unter sinngemäßer Heranziehung der Grundsätze des fehlerhaftren Arbeitsverhältnisses für die Dauer der Tätigkeit als wirksam zu behandeln ist, kann für die Zukunft grundsätzlich jederzeit auch ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes aufgelöst werden. Ausnahmsweise kann der Vertrag für die Zukunft als wirksam zu behandeln sein, wenn beiden Parteien ihn jahrelang als Grundlage ihrer Rechtsbeziehung betrachtet und die Gesellschaft den Geschäftsführer durch weitere Handlungen in seinem Vertrauen auf die Rechtsbeständigkeit des Vertrags bestärkt hat oder wenn das Scheitern des Vertrages an einem förmlichen Mangel für den Geschäftsführer zu einem schlechthin untragbaren Ergebnis führen würde (BGH 20. August 2019 – II ZR 121/16).
  • Ein Geschäftsführeranstellungsvertrag kann – vorbehaltlich anderer wirksamer vertraglicher Vereinbarungen – auch mündlich aufgehoben werden. Behauptet eine Partei eine solche mündliche Aufhebung, kann der Umstand, dass beide Parteien über Monate sich entsprechend dieser Behautpung tatsächlich verhalten haben, den Schluss darauf zulassen, dass die Vereinbarung tatsächlich zustande gekommen ist (LAG Schleswig-Holstein 10. April 2018 – 1 Sa 367/17).
  • Ein Geschäftsführer kann sich nicht auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz berufen, wenn andere Geschäftsführer eine andere (höhere) Versorgungszusage erhalten haben, da Zusagen auf betriebliche Altersversorgung individuell ausgehandelt werden (OLG München 25. November 2020 – 7 U 1297/20).
  • Bei der statusrechtlichen Beurteilung von GmbH-Geschäftsführern kommt es wegen des Grundsatzes sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände maßgeblich auf deren Eintragung in das Handelsregister an (LSG Baden-Württemberg 13. November 2020 – L 8 BA 889/20).
  • Außerhalb eines so genannten „sic-non-Falls“ reicht die bloße Behauptung der klagenden Partei, es handele sich um ein Arbeitsverhältnis, zur Begründung des Rechtswegs zu den Gerichten für Arbeitssachen nicht aus (LAG Mecklenburg-Vorpommern 3. November 2016 – 3 Ta 29/16).
  • Eine Beschränkung der variablen Vergütung in einem Geschäftsführerdienstvertrag auf die Dauer der Bestellung zum Geschäftsführer verstößt gegen den in § 38 Abs. 1 GmbH verkörperten Grundgedanken des GmbH-Rechts, wonach ein Geschäftsführer zwar jederzeit abberufen werden kann, die Abberufung als solche aber keinen Einfluss auf seinen Vergütungsanspruch hat, und ist deshalb gemäß § 307 Abs. 1, Abs. 2 BGB unwirksam (OLG München 03.05.2023 – 7 U 2865/21).
  • Macht ein ehemaliger Geschäftsführer nach Abberufung bei streitiger (Neu-)Begründung eines Arbeitsverhältnisses Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall geltend und fehlt eine vertragliche Regelung zu einem solchen Anspruch, so dass er allein auf § 3 Abs. 1 EFZG gestützt werden kann, begründet dieser Teil der Klage einen sog. sic-non Fall, in dem allein aufgrund der doppelrelevanten Rechtsansicht des Klägers, im Streitzeitraum Arbeitnehmer gewesen zu sein, insoweit der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten begründet ist (LAG Düsseldorf 19.07.2022 – 3 Ta 90/22).

Gern prüfe ich Ihren Entwurf eines Geschäftsführeranstellungsvertrages oder entwerfe einen auf die Bedürfnisse Ihrerseits bzw. des Unternehmens angepassten Dienstvertrag. Melden Sie sich bei Bedarf bei mir.

Dr. Daniel Weigert, LL.M. (Lund)

Rechtsanwalt · Fachanwalt für Arbeitsrecht
MBA
Data Protection Risk Manager
Wirtschaftsmediator (IHK)
Negotiator (EBS) · Negotiation Master Class (Harvard)

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