Wettbewerbsverbote, Kundenschutz und Abwerbeverbote

Haben Sie Bedenken, dass ein ehemaliger Mitarbeiter in unzulässiger Weise in Wettbewerb zu Ihnen tritt? Möchten Sie wissen, welche rechtlichen Mittel Ihnen zur Verfügung stehen, um Abwerbeversuche von ehemaligen Kollegen zu verhindern? Oder sind Sie unsicher, ob Geschäftsgeheimnisse durch einen ausgeschiedenen Arbeitnehmer geschützt bleiben?

Typischerweise kurz vor und nach der Beendigung von Arbeitsverhältnissen kommt es häufig zu dem Problem, dass der ehemalige Arbeitnehmer in Konkurrenz zum Arbeitgeber tritt. Dies entweder, indem er selbst Wettbewerb betreibt oder, indem er Kunden oder Arbeitnehmer abwirbt oder Geschäftsgeheimnisse verwertet.

Nachfolgend wird erläutert, wann ein Wettbewerbsverbot während und nach dem Arbeitsverhältnis greift (dazu unter 1.), welche rechtlichen Vorgaben beim Abwerben von Mitarbeitern zu beachten sind (dazu unter 2.), und wie der Kundenschutz rechtlich geregelt ist (dazu unter 3.). Zudem wird die Bedeutung von Geschäftsgeheimnissen in diesem Kontext angesprochen (dazu unter 4.).

Schließlich werden typische Fragen beantwortet (dazu unter 5.) und relevante Rechtsprechung dargestellt (dazu unter 6.). 

1. Wettbewerbsverbot

Während des Arbeitsverhältnisses ist Arbeitnehmern der Wettbewerb grundsätzlich verboten (§ 60 HGB; BAG 23.10.2014 – 2 AZR 644/13). Das Wettbewerbsverbot ist abzugrenzen vom bloßen Nebentätigkeitsverbot: Eine Nebentätigkeit kann vom Arbeitgeber zu erlauben sein, wenn die Nebentätigkeit die Interessen des Arbeitgebers nicht beeinträchtigt. Unzulässig ist jedoch grundsätzlich jede Nebentätigkeit, in der auch ein Wettbewerb mit dem Arbeitgeber liegt.

Anwendbar ist das Wettbewerbsverbot zwar auf alle Arbeitnehmer, aber nicht auf freie Mitarbeiter oder Handelsvertreter. Es gilt während des rechtlichen Bestandes des Arbeitsverhältnisses, also auch etwa während einer Elternzeit oder Freistellung.

Auch während eines Kündigungsschutzverfahrens ist der Arbeitnehmer an das Wettbewerbsverbot gebunden, weil er sich andernfalls in Widerspruch zu seinem Prozessverhalten stellen würde.

Inhaltlich umfasst das Wettbewerbsverbot jede unternehmerische Tätigkeit, sowohl in eigenem als auch in fremdem Namen. Die reine Kapitalbeteiligung an Konkurrenzunternehmen ist hingegen zulässig, solange damit kein Einfluss auf das Konkurrenzunternehmen einhergeht. Allerdings ist das Wettbewerbsverbot örtlich und inhaltlich beschränkt auf den Geschäftsbereich des Arbeitgebers. Die bloße Vorbereitung von Konkurrenz (etwa die Entwicklung der Planungen oder das Erstellen einer – noch nicht publizierten – website) stellt noch kein Betreiben von Wettbewerb dar.

Typische Rechtsfolgen sind Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche des Arbeitgebers. Da ein Schaden häufig schwer nachzuweisen ist, ist es empfehlenswert, präventiv Vertragsstrafenklauseln in Arbeitsverträge aufzunehmen.

Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses sind Konkurrenztätigkeiten grundsätzlich zulässig. Sie sind nur ausnahmsweise verboten, wenn die Parteien ein verbindliches nachvertragliches Wettbewerbsverbot im Arbeitsvertrag vereinbart haben. Ein solches hat recht hohe rechtliche Voraussetzungen. Insbesondere ist es nur verbindlich, wenn der Arbeitgeber eine Karenzentschädigung zahlt, die für jedes Jahr des Verbots mindestens die Hälfte der vorherigen Bezüge des Arbeitnehmers umfasst (§ 74 Abs. 2 HGB). Jedenfalls ist das nachvertragliche Wettbewerbsverbot auf zwei Jahre beschränkt.

Der Arbeitgeber hat gemäß § 75 a HGB bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Möglichkeit, auf das Wettbewerbsverbot zu verzichten.

2. Abwerbeverbot

Das Abwerbeverbot unterscheidet sich grundlegend vom Wettbewerbsverbot, indem es nicht den Wettbewerb selbst betrifft, sondern die gezielte Abwerbung von Arbeitnehmern des bisherigen Arbeitgebers durch einen scheidenden oder bereits ausgeschiedenen Mitarbeiter.

Diese Situation tritt insbesondere dann ein, wenn ein Arbeitnehmer bei oder nach der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses versucht, andere Arbeitnehmer desselben Arbeitgebers dazu zu bewegen, ebenfalls zu kündigen und möglicherweise zu einem neuen Arbeitgeber zu wechseln, bei dem der abwerbende Arbeitnehmer künftig tätig sein wird.

a) Abwerbeverbot während des Arbeitsverhältnisses

Während der Dauer eines bestehenden Arbeitsverhältnisses ist es Arbeitnehmern strikt untersagt, andere Kollegen aktiv zur Kündigung zu ermutigen oder sie zu einem Wechsel des Arbeitgebers zu bewegen. Dieses Verbot gründet sich auf die arbeitsvertragliche Treuepflicht des Arbeitnehmers gegenüber seinem Arbeitgeber, die es dem Arbeitnehmer untersagt, den Arbeitgeber durch solche Abwerbeversuche zu schädigen.

Ein Verstoß gegen dieses Abwerbeverbot kann erhebliche rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, einschließlich arbeitsrechtlicher Sanktionen wie Abmahnungen oder sogar fristlosen Kündigungen. Im Extremfall kann der Arbeitgeber auch Schadensersatzansprüche geltend machen, wenn durch das Abwerben ein konkreter wirtschaftlicher Schaden entsteht.

Wichtig ist jedoch, dass nicht jede Kommunikation zwischen Kollegen als Abwerben im rechtlichen Sinne zu qualifizieren ist. So stellt die bloße Information darüber, dass man selbst das Unternehmen verlässt, oder die Mitteilung von Gründen für die eigene Kündigung noch keinen Abwerbeversuch dar. Entscheidend ist, ob der Arbeitnehmer aktiv und zielgerichtet darauf hinwirkt, dass andere Kollegen ihm in die Kündigung folgen.

b) Abwerbeverbot nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist das Abwerben von ehemaligen Kollegen grundsätzlich zulässig. Hier greift die Treuepflicht nicht mehr, sodass ehemalige Arbeitnehmer grundsätzlich frei sind, anderen Arbeitnehmern attraktive Alternativen zu ihrem bisherigen Arbeitsplatz aufzuzeigen. Dies umfasst auch die proaktive Ansprache von Kollegen, um sie zu einem Wechsel zu motivieren.

Die rechtliche Grenze wird jedoch dort gezogen, wo das Abwerben unlauter wird. Unlauterkeit kann insbesondere dann gegeben sein, wenn der abwerbende Ex-Arbeitnehmer seine ehemaligen Kollegen zu einem Vertragsbruch verleitet, beispielsweise indem er sie dazu ermuntert, vertragliche Kündigungsfristen nicht einzuhalten. Ebenfalls unlauter und damit unzulässig wäre es, den alten Arbeitgeber in sittenwidriger Weise herabzusetzen oder unwahre Tatsachen zu behaupten, um andere Arbeitnehmer zu einer Kündigung zu bewegen.

3. Kundenschutz

Wettbewerbsverbote umfassen auch das Verbot, Kunden des Alt-Arbeitgebers abzuwerben. Es ist aber auch möglich, ausschließlich Kundenschutzvereinbarungen (statt eines umfassenden Wettbewerbsverbots) zu treffen. Allerdings wäre auch dann eine Karenzentschädigung zu gewähren (§ 74 HGB). Insofern sind Kundenschutzklauseln für Arbeitgeber nur sinnvoll, wenn ein umfassendes Wettbewerbsverbot unwirksam wäre (etwa mangels berechtigten Interesses) oder lediglich, um eine psychologische Abschreckungswirkung zu erzielen.

Das Kundenschutzverbot stellt eine spezifische Ausprägung des Wettbewerbsverbots dar, indem es dem Arbeitnehmer untersagt, nach der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses Kunden des ehemaligen Arbeitgebers abzuwerben. Während des Arbeitsverhältnisses ist ein solches Verhalten durch die allgemeinen Wettbewerbsverbote ohnehin untersagt. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses bedarf es jedoch besonderer Regelungen, um den Kundenschutz auch weiterhin sicherzustellen.

a) Kundenschutzvereinbarungen

Kundenschutzvereinbarungen können entweder als Teil eines umfassenden nachvertraglichen Wettbewerbsverbots oder separat vereinbart werden. Diese Vereinbarungen sollen verhindern, dass ein ausgeschiedener Arbeitnehmer nach seinem Austritt aus dem Unternehmen gezielt auf die Kunden des ehemaligen Arbeitgebers zugeht, um sie für ein konkurrierendes Unternehmen zu gewinnen.

Gemäß § 74 HGB muss auch eine solche Kundenschutzvereinbarung durch eine angemessene Karenzentschädigung abgesichert sein, damit sie rechtlich bindend ist. Diese Entschädigung muss mindestens die Hälfte der zuletzt vom Arbeitnehmer bezogenen vertraglichen Leistungen betragen. Fehlt diese Entschädigung, ist die Kundenschutzvereinbarung rechtlich unwirksam, und der ehemalige Arbeitnehmer wäre grundsätzlich frei, Kunden abzuwerben.

b) Praktische Relevanz des Kundenschutzes

Für Arbeitgeber ist eine separate Kundenschutzvereinbarung vor allem dann sinnvoll, wenn ein umfassendes Wettbewerbsverbot nicht durchsetzbar oder erforderlich ist. Dies könnte der Fall sein, wenn das Unternehmen beispielsweise nur bei bestimmten Schlüssel-Kunden einen besonderen Schutzbedarf sieht, der allgemeine Wettbewerb des ehemaligen Arbeitnehmers jedoch als weniger problematisch eingeschätzt wird.

Kundenschutzklauseln können auch eine psychologische Abschreckungswirkung erzielen, indem sie den ehemaligen Arbeitnehmer davon abhalten, sich überhaupt mit den Kunden seines alten Arbeitgebers in Verbindung zu setzen, um rechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden.

Merke

Nachträgliche Wettbewerbsverbote sind nur zulässig, wenn für die Verbotsdauer eine Karenzentschädigung vereinbart wurde. Diese muss für jedes Jahr des Verbots mindestens die Hälfte der vom Arbeitnehmer zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen erreichen (§ 74 HGB).

4. Geschäftsgeheimnisse

Im Zusammenhang mit Wettbewerb kommt es häufig auch zu der Frage, ob der ausscheidende Arbeitnehmer Geschäftsgeheimnisse weiter nutzen darf. Lesen Sie dazu die separate Seite über Geschäftsgeheimnisse.

5. Häufige Fragen zu den Themen Wettbewerbsverbote, Kundenschutz und Abwerbeverbote

a) Was passiert, wenn ein Arbeitnehmer gegen das Wettbewerbsverbot während des Arbeitsverhältnisses verstößt?

Ein Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot während des Arbeitsverhältnisses kann erhebliche rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, einschließlich Schadensersatzansprüchen des Arbeitgebers und der Möglichkeit einer fristlosen Kündigung. Darüber hinaus können Vertragsstrafenklauseln greifen, die präventiv im Arbeitsvertrag vereinbart wurden.

b) Ist es möglich, ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ohne Karenzentschädigung zu vereinbaren?

Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ist nur dann verbindlich, wenn der Arbeitgeber eine angemessene Karenzentschädigung zahlt. Diese muss mindestens die Hälfte der vorherigen Bezüge des Arbeitnehmers betragen. Ohne eine solche Entschädigung wäre das Wettbewerbsverbot unwirksam.

c) Was zählt als unlauteres Abwerben von Mitarbeitern nach Ende des Arbeitsverhältnisses?

Nach Ende des Arbeitsverhältnisses ist das Abwerben von ehemaligen Kollegen grundsätzlich zulässig. Unlauter wird es jedoch, wenn der ehemalige Arbeitnehmer seine ehemaligen Kollegen zum Vertragsbruch verleitet oder den ehemaligen Arbeitgeber auf sittenwidrige Weise diffamiert.

d) Können Kundenschutzvereinbarungen ohne ein umfassendes Wettbewerbsverbot getroffen werden?

Ja, es ist möglich, eine reine Kundenschutzvereinbarung zu treffen. Allerdings gelten auch hier die Vorschriften zur Karenzentschädigung. Kundenschutzvereinbarungen sind insbesondere dann sinnvoll, wenn ein umfassendes Wettbewerbsverbot nicht durchsetzbar oder erforderlich ist.

e) Darf ein ausgeschiedener Mitarbeiter Geschäftsgeheimnisse nutzen?

Geschäftsgeheimnisse sind auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses geschützt. Ein ehemaliger Arbeitnehmer darf diese nicht unbefugt nutzen oder offenlegen. Verstöße gegen diese Pflicht können sowohl zivilrechtliche Ansprüche wie Unterlassung und Schadensersatz als auch strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

6. Rechtsprechung zu Wettbewerbsverboten, Kundenschutz und Abwerbeverboten

  • Das vertragliche Wettbewerbsverbot gilt während der gesamten rechtlichen Dauer des Arbeitsverhältnisses. Ein Arbeitnehmer darf deshalb grundsätzlich auch nach Zugang einer von ihm gerichtlich angegriffenen fristlosen Kündigung des Arbeitgebers keine Konkurrenztätigkeit ausüben, falls sich die Kündigung später als unwirksam herausstellt. Die Unterlassung von Wettbewerb kann grundsätzlich auch nach einer fristlosen Kündigung durch den Arbeitgeber und nach Erhebung einer Kündigungsschutzklage durch den Arbeitnehmer geltend gemacht werden. Dem steht nicht entgegen, dass sich dabei beide Parteien widersprüchlich verhalten (LAG Düsseldorf 25.10.2023 –12 Sa 262/23).
  • Eine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 BGB liegt vor, wenn ein Vertragsstrafeversprechen für jeden Einzelfall eines Wettbewerbsverstoßes eine Vertragsstrafe in Höhe eines Bruttomonatsverdienstes vorsieht, ohne eine Differenzierung zu treffen nach der Schwere des Verstoßes, nach dem Grad des Verschuldens, der Möglichkeit eines Schadens und dessen Höhe, ohne eine Obergrenze der Vertragsstrafe sowie eine Berücksichtigung von Fortsetzungszusammenhang vorzusehen (LAG Mecklenburg-Vorpommern 28.03.2023 – 2 Sa 112/22).
  • Wird bei einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot die Höhe der Entschädigung in das Ermessen des Arbeitgebers gestellt, ohne dass eine Mindesthöhe im Sinne von § 74 Abs. 2 HGB vereinbart wird, ist das Wettbewerbsverbot für den Arbeitnehmer unverbindlich (BAG 15.01.2014 – 10 AZR 243/13).
  • Bei der Bestimmung der Reichweite des im laufenden Arbeitsverhältnis bestehenden Wettbewerbverbots muss die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit des Arbeitnehmers stets Berücksichtigung finden. Daher ist im Rahmen einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls festzustellen, ob die anderweitige Tätigkeit zu einer Gefährdung oder Beeinträchtigung der Interessen des Arbeitgebers führt. Es spricht viel dafür, dass bloße Hilfstätigkeiten ohne Wettbewerbsbezug nicht erfasst werden (BAG 24.03.2010 – 10 AZR 66/09). 

 

Wenn Sie wissen möchten, wie Sie als Arbeitgeber Wettbewerb vorbeugen können oder was Sie als Arbeitnehmer wissen wollen, wie weit Sie gehen dürfen – dann melden Sie sich jederzeit gern.

Dr. Daniel Weigert, LL.M. (Lund)

Rechtsanwalt · Fachanwalt für Arbeitsrecht
MBA
Data Protection Risk Manager
Wirtschaftsmediator (IHK)
Negotiator (EBS) · Negotiation Master Class (Harvard)

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