Arbeitgeberdarlehen bieten eine flexible Möglichkeit, Arbeitnehmer finanziell zu unterstützen und gleichzeitig deren Loyalität zum Unternehmen zu stärken.
Dieser Leitfaden behandelt die rechtlichen Rahmenbedingungen (dazu unter 1.), die steuerlichen Aspekte (dazu unter 2.), die Gestaltung von Arbeitgeberdarlehen (dazu unter 3.) und die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats (dazu unter 4.).
Abschließend werden häufige Fragen beantwortet (dazu unter 5.) und eine Auswahl relevanter Rechtsprechung dargestellt (dazu unter 6.).
1. Rechtliche Rahmenbedingungen für Arbeitgeberdarlehen
Die Gewährung von Arbeitgeberdarlehen ist rechtlich zulässig und in Deutschland durch verschiedene Gesetze geregelt. Gelddarlehen sind in den §§ 488 ff. BGB geregelt. Hier sind einige der wichtigsten rechtlichen Aspekte, die beachtet werden müssen:
a) Schriftform und Vertragsgestaltung
Ein Arbeitgeberdarlehen sollte aus Gründen der Rechtssicherheit stets schriftlich vereinbart werden. Der Darlehensvertrag sollte alle wesentlichen Punkte wie:
- Darlehenssumme,
- Zinssatz,
- Rückzahlungsmodalitäten und
- Sicherheiten enthalten.
Dies schafft Klarheit für beide Parteien und verhindert spätere Missverständnisse.
Unklare oder unvollständige Verträge können zu rechtlichen Problemen und Missverständnissen führen. Es ist daher ratsam, den Darlehensvertrag sorgfältig und präzise zu formulieren. Fehlt zum Beispiel eine Vereinbarung über den Zinssatz im Darlehensvertrag, ist das Darlehen zinslos zurückzuzahlen.
b) Gleichbehandlungsgrundsatz
Arbeitgeber müssen den Gleichbehandlungsgrundsatz beachten. Das bedeutet, dass Darlehen nicht willkürlich oder diskriminierend vergeben werden dürfen. Alle Arbeitnehmer sollten grundsätzlich die gleichen Chancen auf ein Darlehen haben, sofern sie die entsprechenden Voraussetzungen erfüllen. So dürfen etwa nicht Arbeitgeberdarlehen nur Vollzeit-, aber keinen Teilzeitbeschäftigten gegeben werden.
Eine ungleiche Behandlung der Arbeitnehmer bei der Vergabe von Darlehen kann zu arbeitsrechtlichen Konflikten führen. Der Gleichbehandlungsgrundsatz sollte stets beachtet werden.
c) Zinshöhe und Marktüblichkeit
Die Zinshöhe des Arbeitgeberdarlehens sollte marktüblich sein. Ein zu niedriger Zinssatz könnte als geldwerter Vorteil angesehen und entsprechend versteuert werden müssen. Arbeitgeber sollten daher darauf achten, dass die Konditionen des Darlehens marktgerecht sind.
d) Verbraucherdarlehen
Arbeitgeberdarlehen können unter bestimmten Umständen als Verbraucherdarlehen gemäß § 491 BGB eingestuft werden. Dies ist der Fall, wenn das Darlehen an einen Verbraucher, also in diesem Fall einen Arbeitnehmer, vergeben wird und eine gewisse Schwelle hinsichtlich der Darlehenssumme überschritten wird. Hier sind einige der wichtigsten Punkte, die Arbeitgeber beachten müssen:
- Informationspflichten: Bei Verbraucherdarlehen bestehen umfassende Informationspflichten. Der Arbeitgeber muss den Arbeitnehmer über alle wesentlichen Vertragsbedingungen informieren, bevor der Vertrag abgeschlossen wird. Dazu gehören unter anderem:
- Effektiver Jahreszins
- Gesamtkreditbetrag
- Laufzeit des Kredits
- Zahlungsmodalitäten
- Widerrufsrecht
2. Widerrufsrecht: Arbeitnehmer als Verbraucher haben das Recht, den Darlehensvertrag innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen zu widerrufen (§ 495 BGB). Dieses Widerrufsrecht muss im Vertrag klar und verständlich erläutert werden. Der Arbeitgeber muss den Arbeitnehmer schriftlich über sein Widerrufsrecht informieren.
3. Kreditwürdigkeitsprüfung: Vor der Vergabe eines Darlehens ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Kreditwürdigkeit des Arbeitnehmers zu prüfen. Dies soll sicherstellen, dass der Arbeitnehmer in der Lage ist, das Darlehen zurückzuzahlen. Die Prüfung kann durch eine Bonitätsauskunft oder durch die Prüfung von Einkommensnachweisen erfolgen.
4. Vertragsdokumentation: Der Arbeitgeber muss dem Arbeitnehmer eine Vertragskopie sowie alle relevanten Informationen zur Verfügung stellen. Dies umfasst auch eventuelle Zusatzvereinbarungen oder Änderungen des Darlehensvertrags.
5. Transparenz und Fairness: Die Bedingungen des Darlehens müssen fair und transparent gestaltet sein. Unfaire oder unklare Klauseln können zur Unwirksamkeit des Vertrags führen. Der Vertrag sollte so gestaltet sein, dass der Arbeitnehmer alle wesentlichen Bedingungen leicht verstehen kann.
6. Zinsregelungen: Bei der Festlegung des Zinssatzes müssen die Regelungen zur Marktüblichkeit und die möglichen steuerlichen Auswirkungen beachtet werden. Ein zu niedriger Zinssatz kann als geldwerter Vorteil angesehen werden und steuerliche Konsequenzen nach sich ziehen.
2. Steuerliche Aspekte von Arbeitgeberdarlehen
Arbeitgeberdarlehen haben steuerliche Auswirkungen, die sowohl den Arbeitgeber als auch den Arbeitnehmer betreffen. Die steuerlichen Auswirkungen eines Arbeitgeberdarlehens dürfen nicht unterschätzt werden. Eine sorgfältige Planung und Berücksichtigung der steuerlichen Regelungen ist unerlässlich. Die wichtigsten steuerlichen Aspekte sind:
a) Versteuerung des geldwerten Vorteils
Wenn das Darlehen zu einem Zinssatz gewährt wird, der unter dem marktüblichen Zinssatz liegt, entsteht ein geldwerter Vorteil. Dieser Vorteil ist steuerpflichtig und muss vom Arbeitnehmer versteuert werden (§ 8 EStG). Der geldwerte Vorteil berechnet sich aus der Differenz zwischen dem marktüblichen und dem tatsächlichen Zinssatz.
b) Lohnsteuer und Sozialversicherung
Der geldwerte Vorteil aus einem Arbeitgeberdarlehen zählt zum steuerpflichtigen Arbeitslohn. Somit unterliegt er der Lohnsteuer und ist sozialversicherungspflichtig. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den geldwerten Vorteil entsprechend in der Lohnabrechnung zu berücksichtigen.
c) Zinsloses oder zinsverbilligtes Darlehen
Bei zinslosen oder zinsverbilligten Darlehen wird der geldwerte Vorteil regelmäßig anhand des Durchschnittszinssatzes für vergleichbare Kredite berechnet. Dieser wird von der Finanzverwaltung festgelegt und veröffentlicht.
3. Gestaltung von Arbeitgeberdarlehen
Die Gestaltung von Arbeitgeberdarlehen kann flexibel erfolgen, sollte jedoch einige wesentliche Punkte berücksichtigen:
a) Darlehenszweck
Der Zweck des Darlehens sollte klar definiert sein. Häufige Zwecke sind der Erwerb von Wohneigentum, die Finanzierung von Weiterbildungsmaßnahmen oder die Überbrückung finanzieller Engpässe.
b) Rückzahlungsmodalitäten
Die Rückzahlungsmodalitäten sollten klar und eindeutig im Darlehensvertrag festgehalten werden. Dies umfasst die Laufzeit des Darlehens, die Höhe der monatlichen Raten und eventuelle Sondertilgungsmöglichkeiten.
In den Rückzahlungsmodalitäten kann vereinbart werden, dass das gesamte Darlehen bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig wird. Vereinbarungen über die Fälligkeit des Darlehens bei betriebsbedingten Kündigungen sind beispielsweise unwirksam.
c) Sicherheiten
Je nach Höhe des Darlehens und Bonität des Arbeitnehmers kann es sinnvoll sein, Sicherheiten zu verlangen. Dies können beispielsweise Bürgschaften, Lebensversicherungen oder Grundschulden sein.
d) Abgrenzung zum Gehaltsvorschuss
Ein Darlehen ist abzugrenzen von einem Gehaltsvorschuss. Ein Vorschuss ist anzunehmen, wenn eine zeitnah fällige Gehaltszahlung vorverlegt wird. Ein Arbeitgeberdarlehen liegt hingegen vor, wenn der gewährte Betrag das Gehalt wesentlich übersteigt und zu einem Zweck gegeben wird, zu dessen Erfüllung üblicherweise Kredite genommen werden.
4. Mitbestimmung des Betriebsrats
Ferner ist die Ausgestaltung von Arbeitgeberdarlehen nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG („betriebliche Lohngestaltung“) mitbestimmungspflichtig, wenn sie zinsvergünstigt sind. Dies bedeutet, dass der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht hat, wenn es um die Bedingungen und Konditionen von zinsgünstigen Arbeitgeberdarlehen geht. Diese Mitbestimmungspflicht umfasst mehrere Aspekte:
a) Zinssatz und Rückzahlungsmodalitäten
Der Betriebsrat hat ein Mitspracherecht bei der Festlegung des Zinssatzes und der Rückzahlungsmodalitäten. Ziel ist es, eine faire und transparente Regelung zu gewährleisten, die alle Arbeitnehmer gleich behandelt und keine ungerechtfertigten Vorteile für einzelne Arbeitnehmer schafft.
b) Vergabekriterien
Der Betriebsrat muss in die Entscheidung über die Vergabekriterien eingebunden werden. Dies schließt ein, welche Voraussetzungen Arbeitnehmer erfüllen müssen, um ein zinsvergünstigtes Darlehen zu erhalten, und welche Nachweise dafür erbracht werden müssen.
c) Verwendung und Zweckbindung
Der Betriebsrat kann auch Einfluss darauf nehmen, zu welchen Zwecken die Arbeitgeberdarlehen verwendet werden dürfen. Dies kann zum Beispiel festlegen, ob die Darlehen nur für bestimmte Ausgaben wie Wohnungsbau, Weiterbildung oder andere spezifische Zwecke genutzt werden dürfen.
d) Informationspflichten
Arbeitgeber müssen den Betriebsrat umfassend informieren, bevor Änderungen an bestehenden Regelungen zu Arbeitgeberdarlehen vorgenommen werden. Dies beinhaltet auch die Vorlage aller relevanten Unterlagen und Verträge, damit der Betriebsrat eine fundierte Entscheidung treffen kann.
e) Einhaltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes
Der Betriebsrat wacht darüber, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz eingehalten wird. Dies bedeutet, dass alle Arbeitnehmer die gleichen Chancen auf ein zinsvergünstigtes Darlehen haben sollen, sofern sie die entsprechenden Voraussetzungen erfüllen.
5. Häufige Fragen zu Arbeitgeberdarlehen
a) Wer kann ein Arbeitgeberdarlehen beantragen?
Grundsätzlich kann jeder Arbeitnehmer ein Arbeitgeberdarlehen beantragen. Es obliegt jedoch dem Arbeitgeber, die Bonität und die Notwendigkeit des Darlehens zu prüfen.
b) Welche Vorteile bieten Arbeitgeberdarlehen?
Arbeitgeberdarlehen bieten oft günstigere Konditionen als Bankkredite. Sie können die Bindung der Mitarbeiter ans Unternehmen stärken und helfen, finanzielle Engpässe zu überbrücken.
c) Was passiert bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses?
Endet das Arbeitsverhältnis, ist damit – sofern nichts Abweichendes geregelt ist – nicht automatisch auch das Darlehen vollständig zurückzuzahlen. Es kann jedoch auch eine andere Vereinbarung getroffen werden, beispielsweise eine Fälligkeit der Rückzahlung des Darlehens bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
d) Können Arbeitgeberdarlehen gekündigt werden?
Ja, ein Arbeitgeberdarlehen kann unter bestimmten Bedingungen gekündigt werden. Diese Bedingungen sollten im Darlehensvertrag festgehalten sein.
e) Wie werden Arbeitgeberdarlehen in der Bilanz des Unternehmens ausgewiesen?
Arbeitgeberdarlehen werden als Forderungen gegenüber verbundenen Unternehmen oder als sonstige Vermögensgegenstände in der Bilanz ausgewiesen. Die genaue Bilanzierung hängt von den individuellen Umständen des Unternehmens ab.
f) Gibt es eine Obergrenze für Arbeitgeberdarlehen?
Eine gesetzliche Obergrenze für Arbeitgeberdarlehen gibt es nicht. Die Höhe des Darlehens sollte jedoch in einem angemessenen Verhältnis zum Einkommen des Arbeitnehmers stehen und dessen Rückzahlungsfähigkeit berücksichtigen.
g) Müssen Arbeitgeberdarlehen im Jahresabschluss offengelegt werden?
Ja, Arbeitgeberdarlehen müssen im Jahresabschluss des Unternehmens offengelegt werden, sofern sie eine wesentliche Größe erreichen. Dies dient der Transparenz und der ordnungsgemäßen Bilanzierung.
h) Wie erfolgt die Verzinsung von Arbeitgeberdarlehen?
Die Verzinsung von Arbeitgeberdarlehen sollte marktüblich sein. Ein zu niedriger Zinssatz kann als geldwerter Vorteil versteuert werden müssen.
i) Kann der Arbeitnehmer Sondertilgungen leisten?
Ja, Sondertilgungen können im Darlehensvertrag vereinbart werden. Sie bieten dem Arbeitnehmer die Möglichkeit, das Darlehen schneller zurückzuzahlen und Zinskosten zu sparen.
j) Was geschieht bei Zahlungsschwierigkeiten des Arbeitnehmers?
Bei Zahlungsschwierigkeiten sollte der Arbeitnehmer frühzeitig das Gespräch mit dem Arbeitgeber suchen. Es können individuelle Lösungen gefunden werden, wie z.B. eine Stundung der Raten oder eine Anpassung der Rückzahlungsmodalitäten.
6. Rechtsprechung zu Arbeitgeberdarlehen:
- Ausschlussfristen können Ansprüche aus einem Arbeitgeberdarlehen mit umfassen, wenn sie sich nicht nur auf Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, sondern auch auf solche Ansprüche beziehen, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen. Solch weit gefasste Ausschlussfristen schließen alle Ansprüche in ihren Anwendungsbereich mit ein, die mit dem Arbeitsverhältnis tatsächlich oder rechtlich zusammenhängen. Dabei genügt ein nur entfernter Zusammenhang (BAG 04.10.2005 – 9 AZR 598/04).
- Kündigungs- oder Fälligkeitsklauseln, welche die weitere Gewährung eines Arbeitgeberdarlehens an den Fortbestand des zugrunde liegenden Arbeitsverhältnisses knüpfen sind grundsätzlich zulässig. Solche Klauseln können aber wenn sie zu weit gefasst sind und kein schützenswertes Interesse des Arbeitgebers vorliegt, dennoch im Einzelfall gegen Treu und Glauben verstoßen. Eine Klausel wonach der Arbeitgeber das Darlehen bei einer vom Arbeitnehmer veranlassten Eigenkündigung kündigen kann, stellt eine unangemessene Benachteiligung dar (BAG 12.12.2013 – 8 AZR 829/12).
- Gewährt der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer ein Darlehen zu einem marktüblichen Zinssatz, erlangt der Arbeitnehmer keinen lohnsteuerlich zu erfassenden Vorteil (BFH – VI R 28/05).
Wenn Sie Hilfe bei der Ausgestaltung eines Arbeitgeberdarlehens benötigen, sprechen Sie mich jederzeit gern an.
Dr. Daniel Weigert, LL.M. (Lund)
Rechtsanwalt · Fachanwalt für Arbeitsrecht
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