Urlaubsrecht (BUrlG)

Haben Sie als Arbeitgeber Fragen zur rechtssicheren Handhabung des Urlaubsanspruchs Ihrer Mitarbeiter? Möchten Sie sicherstellen, dass Ihre Regelungen den gesetzlichen Vorgaben des Bundesurlaubsgesetzes (BUrlG) entsprechen? Oder sind Sie als Arbeitnehmer unsicher, wie viele Urlaubstage Ihnen zustehen und welche Rechte Sie in Bezug auf Urlaubsplanung und -gewährung haben?

Das Urlaubsrecht ist ein zentrales Thema im Arbeitsrecht und sorgt in der Praxis immer wieder für Unsicherheiten und Konflikte. Das Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) regelt den Anspruch auf Erholungsurlaub und legt fest, unter welchen Voraussetzungen dieser gewährt und genommen werden kann. Zusätzlich gibt es Sonderregelungen, etwa für Schwerbehinderte und Jugendliche, die einen höheren Urlaubsanspruch haben. Auch Fragen der Urlaubsgewährung, des Verfalls von Urlaub und der Urlaubsabgeltung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses spielen eine wichtige Rolle.

Dieser Artikel beleuchtet die gesetzlichen Regelungen des Bundesurlaubsgesetzes (dazu unter 1.), die Voraussetzungen und Modalitäten der Urlaubsgewährung (dazu unter 2.) sowie die Besonderheiten bei Krankheit und Beendigung des Arbeitsverhältnisses (dazu unter 3.). Abschließend werden häufige Fragen rund um das Thema Urlaubsrecht beantwortet (dazu unter 4.) und relevante Rechtsprechung (dazu unter 5.) dargestellt. 

1. Gesetzliche Grundlagen des Urlaubsanspruchs 

a) Allgemeiner gesetzlicher Mindesturlaub

Jeder Arbeitnehmer hat Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub nach den Bestimmungen des Bundesurlaubsgesetzes (BUrlG). Gemäß § 3 Abs. 1 BUrlG hat jeder Arbeitnehmer Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub.

Der gesetzliche Mindesturlaub beträgt 24 Werktage bei einer Arbeitswoche mit sechs Werktagen. Da das BUrlG von einer Sechs-Tage-Woche ausgeht, entspricht dies einem Mindestanspruch von vier Wochen Erholungsurlaub pro Jahr.

Für Arbeitnehmer, die eine Fünf-Tage-Woche haben, reduziert sich der gesetzliche Mindesturlaub entsprechend auf 20 Arbeitstage.

In meinem Artikel zu dem Thema “Die Urlaubsberechnung bei einer Veränderung der Arbeitstage: Rechtsprechungsänderung des BAG” gehe ich detailliert darauf ein, wie sich die Urlaubstage bei einer Änderung der Anzahl der Arbeitstage berechnen lassen. 

b) Urlaubsanspruch bei Teilzeit und besonderer Arbeitszeitgestaltung

Der Urlaubsanspruch gilt unabhängig von der Art des Beschäftigungsverhältnisses, also auch für Teilzeitbeschäftigte und geringfügig Beschäftigte (Minijobber).

Dabei ist der Urlaubsanspruch für Teilzeitkräfte entsprechend ihrer vereinbarten Arbeitstage pro Woche anteilig zu berechnen. Wichtig ist, dass die Berechnung auf Grundlage der individuellen Arbeitszeit erfolgt und nicht auf Basis der Vollzeitbeschäftigung.

c) Mehrurlaub durch Arbeits- oder Tarifvertrag

Die gesetzliche Regelung des Mindesturlaubsanspruchs kann durch arbeitsvertragliche Vereinbarungen oder Tarifverträge zugunsten des Arbeitnehmers erweitert werden.

So ist es in vielen Unternehmen üblich, dass Arbeitnehmer mehr als den gesetzlichen Mindesturlaub erhalten, beispielsweise 30 Tage bei einer Fünf-Tage-Woche. Der gewährte Mehrurlaub unterliegt ebenfalls den Regelungen des BUrlG, sofern im Arbeits- oder Tarifvertrag nichts Abweichendes vereinbart ist.

d) Sonderregelungen für bestimmte Personengruppen

Für bestimmte Personengruppen gelten Sonderregelungen hinsichtlich des Urlaubsanspruchs. Schwerbehinderte Menschen haben nach § 208 SGB IX einen Anspruch auf einen zusätzlichen bezahlten Urlaub von fünf Arbeitstagen im Kalenderjahr. Für Jugendliche unter 18 Jahren gelten gemäß § 19 Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG) erhöhte Urlaubsansprüche, die abhängig vom Alter zwischen 25 und 30 Werktagen liegen.

2. Gewährung und Beantragung von Urlaub

a) Anspruchsvoraussetzungen und Berechnungszeitraum

Der Urlaubsanspruch entsteht grundsätzlich mit Beginn des Arbeitsverhältnisses, vollumfänglich jedoch erst nach einer sechsmonatigen Wartezeit (§ 4 BUrlG). Die Wartezeit dient dazu, dem Arbeitgeber eine gewisse Planungssicherheit zu geben. Für den Zeitraum vor Ablauf der Wartezeit besteht ein anteiliger Urlaubsanspruch. Der volle Urlaubsanspruch steht dem Arbeitnehmer ab dem ersten Tag des siebten Monats im Arbeitsverhältnis zu.

b) Urlaubsantrag und Berücksichtigung der Arbeitnehmerwünsche

Der Arbeitnehmer muss seinen Urlaub beantragen. Dabei hat der Arbeitgeber die Wünsche des Arbeitnehmers grundsätzlich zu berücksichtigen, sofern keine dringenden betrieblichen Gründe oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer entgegenstehen (§ 7 Abs. 1 BUrlG). Dies bedeutet, dass der Arbeitgeber zwar das Letztentscheidungsrecht über den Urlaubszeitraum hat, aber die Interessen der Belegschaft fair abwägen muss.

c) Betriebsurlaub und Zwangsurlaub

Der Arbeitgeber kann Betriebsurlaub anordnen, wenn dies im Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt ist oder dringende betriebliche Erfordernisse vorliegen. Betriebsurlaub bedeutet, dass ein bestimmter Zeitraum festgelegt wird, in dem alle oder bestimmte Arbeitnehmer Urlaub nehmen müssen.

Einseitig angeordneter Zwangsurlaub ist nur in Ausnahmefällen und unter engen Voraussetzungen zulässig und darf nicht willkürlich erfolgen.

d) Übertragung und Verfall von Urlaubsansprüchen

Grundsätzlich ist der Urlaub im laufenden Kalenderjahr zu nehmen (§ 7 Abs. 3 BUrlG). Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur möglich, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe vorliegen. Übertragener Urlaub muss in den ersten drei Monaten des folgenden Jahres genommen werden, sonst verfällt er. Eine Ausnahme besteht, wenn der Arbeitnehmer den Urlaub aus gesundheitlichen Gründen nicht nehmen konnte.

Merke

Der Urlaubsanspruch entfällt ersatzlos, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer tatsächlich in die Lage versetzt hat, seinen Urlaub zu nehmen!

3. Besonderheiten bei Krankheit und Beendigung des Arbeitsverhältnisses

a) Krankheit während des Urlaubs

Erkrankt ein Arbeitnehmer während seines Urlaubs und ist dadurch arbeitsunfähig, werden die Krankheitstage nicht auf den Urlaub angerechnet (§ 9 BUrlG).

Voraussetzung hierfür ist, dass die Arbeitsunfähigkeit durch ein ärztliches Attest nachgewiesen wird. Der erkrankte Arbeitnehmer hat somit Anspruch darauf, die durch Krankheit verlorenen Urlaubstage nachzuholen.

b) Urlaubsanspruch bei Kündigung und während der Kündigungsfrist

Auch während einer Kündigungsfrist besteht der Urlaubsanspruch fort. Der Arbeitnehmer kann seinen Resturlaub grundsätzlich noch in Natur nehmen, sofern dies nicht zu erheblichen betrieblichen Störungen führt. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Urlaub zu gewähren, es sei denn, dringende betriebliche Gründe sprechen dagegen. Wird der Urlaub während der Kündigungsfrist nicht genommen, entsteht ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung.

c) Urlaubsabgeltung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Bestehen bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch Urlaubsansprüche, die nicht mehr in Natur gewährt werden können, sind diese abzugelten (§ 7 Abs. 4 BUrlG). Die Urlaubsabgeltung berechnet sich nach dem Durchschnittsverdienst der letzten 13 Wochen vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Teilurlaub wird ebenfalls anteilig abgegolten.

d) Verjährung und Verfall von Urlaubsabgeltungsansprüchen

Urlaubsabgeltungsansprüche unterliegen der Verjährung nach den allgemeinen Regeln des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Die Verjährungsfrist beträgt drei Jahre und beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Wichtig ist, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer rechtzeitig und transparent über den drohenden Verfall informiert, sonst kann der Anspruch auch länger bestehen bleiben.

Merke

Bestehen bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch Urlaubsansprüche, die in Natura nicht mehr genommen werden, so sind diese auszuzahlen!

4. Häufige Fragen zum Urlaubsrecht (BUrlG):

a) Kann der Arbeitgeber den Urlaub einseitig festlegen?

Nein, der Arbeitgeber kann den Urlaub nicht einseitig festlegen. Er muss die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers berücksichtigen und diese nur ablehnen, wenn dringende betriebliche Gründe oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten Vorrang haben, entgegenstehen. Der Arbeitgeber hat jedoch das Recht, Betriebsurlaub anzuordnen, wenn dies im Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag vorgesehen ist.

b) Kann der Arbeitgeber den Urlaub aus betrieblichen Gründen widerrufen?

Grundsätzlich ist der Widerruf eines bereits genehmigten Urlaubs nicht zulässig. Nur in außergewöhnlichen Notfällen, die der Arbeitgeber nicht vorhersehen konnte und die schwerwiegende betriebliche Nachteile mit sich bringen, kann eine Ausnahme gemacht werden. In einem solchen Fall hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Ersatz der durch den Widerruf entstandenen Kosten, etwa für eine geplante Urlaubsreise.

c) Was passiert mit dem Resturlaub bei langer Krankheit?

Bei langer Krankheit verfällt der Urlaubsanspruch nicht automatisch am Ende des Jahres. Nach der Rechtsprechung verfällt der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit 15 Monate nach dem Ende des Urlaubsjahres. Dies bedeutet, dass der Urlaub erst am 31. März des übernächsten Jahres verfällt, wenn der Arbeitnehmer krankheitsbedingt nicht in der Lage ist, seinen Urlaub zu nehmen.

d) Was passiert mit dem Urlaubsanspruch bei einer Kündigung in der Probezeit?

Auch in der Probezeit erwirbt der Arbeitnehmer einen anteiligen Urlaubsanspruch. Wenn das Arbeitsverhältnis während der Probezeit endet, hat der Arbeitnehmer Anspruch auf den anteiligen Jahresurlaub, der bis zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses entstanden ist. Bei einer Kündigung muss der Arbeitgeber diesen Urlaub gewähren oder, falls dies nicht möglich ist, abgelten.

5. Rechtsprechung zu Urlaubsrecht (BUrlG):

  • Urlaubsgewährung bei fristloser Kündigung: Im Zusammenhang mit dem Ausspruch einer fristlosen Kündigung kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Urlaub vorsorglich für den Fall gewähren, dass die außerordentliche Kündigung das Arbeitsverhältnis nicht auflöst. Dazu muss er den Arbeitnehmer unmissverständlich und endgültig zur Erfüllung des Anspruchs auf Erholungsurlaub von der Arbeitspflicht befreien und das Urlaubsentgelt entweder vor Antritt des Urlaubs zahlen oder dessen Zahlung vorbehaltlos zusagen (BAG 25.08.2020 – 9 AZR 612/19). 
  • Kein automatischer Verfall von Resturlaub: Ein Arbeitnehmer darf seine erworbenen Ansprüche auf bezahlten Jahresurlaub nicht automatisch deshalb verlieren, weil er keinen Urlaub beantragt hat. Weist der Arbeitgeber jedoch nach, dass der Arbeitnehmer aus freien Stücken und in voller Kenntnis der Sachlage darauf verzichtet hat, seinen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen, nachdem er in die Lage versetzt worden war, seinen Urlaubsanspruch tatsächlich wahrzunehmen, steht das Unionsrecht dem Verlust dieses Anspruchs und – bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses – dem entsprechenden Wegfall einer finanziellen Vergütung nicht entgegen (EuGH 06.11.2018 – C-619/16 und C-684/16).
  • Urlaubsabgeltung bei Doppelarbeitsverhältnis: Begründet ein Arbeitnehmer ein neues Arbeitsverhältnis nach einer rechtswidrigen Kündigung, entstehen für den Zeitraum der zeitlichen Überschneidung beider Arbeitsverhältnisse auch dann ungeminderte Urlaubsansprüche gegenüber beiden Arbeitgebern, wenn der Arbeitnehmer die Pflichten aus beiden Arbeitsverhältnissen nicht gleichzeitig hätte erfüllen können. Zur Vermeidung der Verdoppelung von Urlaubsansprüchen ist der Urlaubsanspruch aus dem neuen Arbeitsverhältnis mit dem des ursprünglichen anzurechnen (BAG 05.12.2023 – 9 AZR 230/22).
  • Urlaubsverfall – Mitwirkungsobliegenheiten des Arbeitgebers: Erkrankt der Arbeitnehmer im Verlaufe des Urlaubsjahres, erlischt der Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub grundsätzlich nur, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer durch Erfüllung seiner Mitwirkungsobliegenheiten rechtzeitig in die Lage versetzt hat, diesen Anspruch auszuüben. (…) Die Mitwirkungsobliegenheiten eines Arbeitgebers im Zusammenhang mit dem Anspruch eines Arbeitnehmers auf bezahlten Erholungsurlaub umfassen auch den Hinweis auf vom Arbeitgeber geplante Betriebsferien (LAG Baden-Württemberg 11.10.2023 – 10 Sa 23/23).
  • Tod im laufenden Arbeitsverhältnis: Endet das Arbeitsverhältnis durch den Tod des Arbeitnehmers, haben dessen Erben nach § 1922 Abs. 1 BGB iVm. § 7 Abs. 4 BUrlG Anspruch auf Abgeltung des von dem Erblasser nicht genommenen Urlaubs (BAG 22.01.2019 – 9 AZR 45/16).

Ich berate Sie gern zu all diesen und weiteren Fragen, die sich rund um das Thema Urlaub stellen und trete je nach Bedarf nach innen oder auch nach außen für Sie auf.

Dr. Daniel Weigert, LL.M. (Lund)

Rechtsanwalt · Fachanwalt für Arbeitsrecht
MBA
Data Protection Risk Manager
Wirtschaftsmediator (IHK)
Negotiator (EBS) · Negotiation Master Class (Harvard)

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