Möchten Sie einer geringfügigen Beschäftigung nachgehen und vorher überprüfen, worauf Sie genau zu achten haben? Oder wollen Sie einen Arbeitnehmer geringfügig beschäftigen und sich über die rechtlichen Rahmenbedingungen informieren?
In diesem Artikel erfahren Sie, was geringfügige Beschäftigung ist (1.), anhand welcher Kriterien man sie definiert (dazu unter 2.) und welche rechtlichen und steuerlichen Aspekte zu beachten sind (3.).
Schließlich finden Sie häufig auftretende Fragen zu diesem Thema (4.) und eine Auswahl relevanter Rechtsprechung (5.).
1. Was ist eine geringfügige Beschäftigung?
Geringfügige Beschäftigung, auch bekannt als Minijob, bezeichnet Arbeitsverhältnisse, bei denen das Entgelt oder die Arbeitszeit bestimmte Grenzen nicht überschreitet. Diese Beschäftigungsform hat besondere arbeits-, sozialversicherungs- und steuerrechtliche Regelungen, die für Arbeitgeber und Arbeitnehmer attraktiv sein können.
Wenn Sie ein Arbeitsverhältnis als geringfügig Beschäftigter eingehen oder geringfügig Beschäftigte einstellen möchten, muss zunächst geklärt werden, ob das angestrebte Beschäftigungsverhältnis tatsächlich geringfügig ist.
Geringfügige Beschäftigungen lassen sich in zwei Kategorien unterteilen:
- Geringfügig entlohnte Beschäftigung (sog. Entgeltgeringfügigkeit, § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV): Hierbei darf der monatliche Verdienst EUR 538 bzw. jährlich EUR 6.456 (Stand: 2024) nicht übersteigen. Die Anzahl der wöchentlichen Arbeitsstunden spielen hier keine Rolle.
- Kurzfristige Beschäftigung (sog. Zeitgeringfügigkeit, § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV): Diese ist zeitlich auf maximal drei Monate oder 70 Arbeitstage im Kalenderjahr beschränkt und wird unabhängig von der Höhe des Verdienstes ausgeübt. Hier gilt die Entgeltgrenze von EUR 538 pro Monat in der Regel nicht.
Auch wenn die Arbeitszeit dadurch nach oben beschränkt ist, ist der geltende Mindestlohn auch für ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis zwingend zu zahlen. Die speziellen Regelungen für geringfügig entlohnte Beschäftigte gelten nicht für Auszubildende. Praktika während des Studiums sind grundsätzlich sozialversicherungsfrei, außer sie werden vor oder nach dem Studium absolviert.
Geringfügig Beschäftigte haben arbeitsvertraglich die gleichen Rechte wie Arbeitnehmer in Vollzeit. Das bedeutet, dass in einem solchen Arbeitsvertrag Urlaub zu regeln ist und eine Lohnfortzahlung bei Krankheit erfolgt. Darüber hinaus genießen auch geringfügig Beschäftigte Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz.
Es ist also in jedem Fall zu prüfen, ob dieses Arbeitsverhältnis für die Arbeitsvertragsparteien zweckdienlich ist. Auch dieser Vertrag ist mit Sorgfalt zu gestalten, wenngleich der Umfang etwas geringer ist als bei anderen Arbeitsverhältnissen. In diesem Fall bietet es sich für Arbeitgeber tatsächlich an, einen Musterarbeitsvertrag für geringfügig Beschäftigte aufzusetzen, da sich hier die Klauseln individuell eher selten unterscheiden.
2. Kriterien einer geringfügigen Beschäftigung
Eine geringfügige Beschäftigung muss bestimmten Kriterien entsprechen, um als solche anerkannt zu werden:
- Verdienstgrenze: Bei geringfügig entlohnter Beschäftigung darf der monatliche Verdienst EUR 538 nicht überschreiten. Diese Grenze gilt unabhängig davon, wie viele Stunden gearbeitet werden. Die Geringfügigkeitsgrenze darf nur gelegentlich und unvorhersehbar überschritten werden. Als gelegentlich gilt ein Zeitraum von bis zu zwei Monaten innerhalb eines Jahres. Unvorhersehbare Überschreitungen, wie zusätzliche Arbeit durch Krankheitsvertretung, sind zulässig, planbare Ereignisse wie Urlaubsvertretungen hingegen nicht.
- Regelmäßig ausgeübte Beschäftigung: Eine Beschäftigung gilt als regelmäßig ausgeübt, wenn sie nicht nur gelegentlich stattfindet und eine gewisse wirtschaftliche Bedeutung für den Beschäftigten hat. Es spielt keine Rolle, ob es sich um ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis handelt.
- Arbeitszeit: Kurzfristige Beschäftigungen dürfen maximal drei Monate oder 70 Arbeitstage im Kalenderjahr ausgeübt werden.
- Sozialversicherungspflicht: Geringfügig entlohnte Beschäftigungen sind für den Arbeitnehmer sozialversicherungsfrei. Der Arbeitgeber muss jedoch pauschale Beiträge zur Kranken- und Rentenversicherung sowie zur Umlage U1 und U2 zahlen. Bei kurzfristigen Beschäftigungen entfällt die Sozialversicherungspflicht vollständig.
- Lohnsteuer: Die Lohnsteuer kann pauschal vom Arbeitgeber übernommen oder individuell nach den Lohnsteuerabzugsmerkmalen des Arbeitnehmers berechnet werden.
- Mehrere Minijobs: Ein Arbeitnehmer kann mehrere Minijobs ausüben, solange die Gesamtverdienstgrenze von EUR 538 monatlich nicht überschritten wird. Andernfalls tritt Sozialversicherungspflicht ein.
Was ist ein “Midijob”?
Die sog. “Midijobs” sind Beschäftigungsverhältnisse mit einem monatlichen Entgelt zwischen EUR 538,01 und EUR 2.000, fallen daher in den Übergangsbereich gemäß § 20 Abs. 2 SGB IV und gelten nicht mehr als “geringfügige Beschäftigung”. Midijobs sind eine Zwischenstufe zwischen Minijobs und einer Beschäftigung mit voller Beitragspflicht zu den Sozialversicherungen.
Hier steigen die Sozialabgaben für den Arbeitnehmer linear an, während der Arbeitgeber den vollen Beitragssatz zahlt.
Die Vergünstigungen zählen beispielsweise nicht für Auszubildende, Praktikanten oder im Bundesfreiwilligendienst.
3. Rechtliche und steuerliche Aspekte
Die geringfügige Beschäftigung unterliegt speziellen rechtlichen und steuerlichen Regelungen:
- Arbeitsrechtlich: Minijobber haben die gleichen arbeitsrechtlichen Ansprüche wie reguläre Arbeitnehmer, einschließlich des Anspruchs auf Mindestlohn, bezahlten Urlaub und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.
- Sozialversicherungsrechtlich: Bei geringfügig entlohnter Beschäftigung zahlt der Arbeitgeber pauschale Beiträge zur Kranken- und Rentenversicherung. Arbeitnehmer können auf die Versicherungsfreiheit in der Rentenversicherung verzichten, um volle Rentenansprüche zu erwerben. Kurzfristige Beschäftigungen sind sozialversicherungsfrei.
- Steuerrechtlich: Die Lohnsteuer kann pauschal mit 2% erhoben und vom Arbeitgeber abgeführt werden. Alternativ kann sie nach den individuellen Lohnsteuerabzugsmerkmalen des Arbeitnehmers berechnet werden. In bestimmten Fällen sind Minijobs steuerfrei.
- Bußgeldbewehrte Meldepflichten: Der Arbeitgeber muss geringfügige Beschäftigungen bei der Minijob-Zentrale anmelden und die entsprechenden Beiträge abführen. Dies gilt auch für kurzfristige Beschäftigungen. Der Arbeitgeber muss geringfügig Beschäftigte innerhalb von zwei Wochen nach Arbeitsaufnahme und innerhalb von sechs Wochen nach Beendigung der Beschäftigung bei der zuständigen Einzugsstelle melden. Bei Verstößen drohen Bußgelder bis zu EUR 5.000.
4. Häufige Fragen zur geringfügigen Beschäftigung
a) Wer kann einen Minijob ausüben?
Grundsätzlich kann jeder, der das 15. Lebensjahr vollendet hat, einen Minijob ausüben. Für Jugendliche unter 18 Jahren gelten besondere Jugendschutzbestimmungen. Rentner, Studenten und Hausfrauen gehören zu den häufigsten Gruppen von Minijobbern, aber auch Arbeitnehmer können nebenbei einen Minijob ausüben.
b) Wie viele Stunden darf ich im Rahmen eines Minijobs arbeiten?
Die Anzahl der Arbeitsstunden im Minijob richtet sich nach dem vereinbarten Stundenlohn und der Verdienstgrenze von EUR 538. Bei einem Stundenlohn von EUR 13 beispielsweise dürfen maximal 41,38 Stunden pro Monat gearbeitet werden.
c) Welche Pflichten hat der Arbeitgeber bei einem Minijob?
Der Arbeitgeber muss den Minijob bei der Minijob-Zentrale anmelden, die pauschalen Sozialversicherungsbeiträge abführen und die Lohnsteuer berechnen und abführen. Zudem hat er die Pflichten zur Zahlung des Mindestlohns (Stand 2024: EUR 12,41 pro Stunde), zur Gewährung von bezahltem Urlaub und zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.
d) Was passiert, wenn ich mehrere Minijobs habe?
Mehrere Minijobs bei verschiedenen Arbeitgebern sind möglich, solange der Gesamtverdienst EUR 538 pro Monat nicht übersteigt. Bei mehreren geringfügigen Beschäftigungen werden die Arbeitsentgelte zusammengerechnet. Wird diese Grenze überschritten, tritt Sozialversicherungspflicht ein. Besteht neben dem Minijob eine Hauptbeschäftigung, bleibt der Minijob sozialversicherungsfrei, solange die 538-Euro-Grenze nicht überschritten wird.
e) Wie wird der Verdienst aus einem Minijob versteuert?
Der Verdienst aus einem Minijob kann pauschal mit 2% versteuert werden, die der Arbeitgeber abführt. Alternativ kann die Versteuerung nach den individuellen Lohnsteuerabzugsmerkmalen des Arbeitnehmers erfolgen. Bei kurzfristigen Beschäftigungen entfällt die Pauschalbesteuerung und die Lohnsteuer wird nach den individuellen Merkmalen berechnet.
f) Welche Vorteile bietet die Rentenversicherungspflicht für Minijobber?
Durch den Verzicht auf die Versicherungsfreiheit in der Rentenversicherung erwerben Minijobber volle Rentenansprüche. Dies kann insbesondere für den Erwerb von Wartezeiten und die Berechnung der Rentenhöhe von Vorteil sein. Der Arbeitnehmer zahlt dann den Differenzbetrag zum vollen Rentenversicherungsbeitrag.
g) Was gilt bei der Beschäftigung von Werkstudenten?
Werkstudenten sind von den Pauschalbeiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung befreit, sofern sie eine ordentliche Immatrikulation und eine wöchentliche Arbeitszeit von maximal 20 Stunden vorweisen können.
5. Rechtsprechung zur geringfügigen Beschäftigung
- Geringfügig Beschäftigte, die in Bezug auf Umfang und Lage der Arbeitszeit keinen Weisungen des Arbeitgebers unterliegen, dürfen bei gleicher Qualifikation für die identische Tätigkeit keine geringere Stundenvergütung erhalten als vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer, die durch den Arbeitgeber verbindlich zur Arbeit eingeteilt werden (BAG 18.01.2023 – 5 AZR 108/22).
- Eine nur gelegentlich und nicht berufsmäßig ausgeübte Beschäftigung die vertraglich im Voraus auf längstens die im Gesetz genannte Anzahl von Arbeitstagen innerhalb eines Kalenderjahres begrenzt ist erfüllt die Voraussetzungen der Zeitgeringfügigkeit ohne Rücksicht auf die Verteilung der Arbeitstage (BSG 24.11.2020 – B 12 KR 34/19 R).
- Werden Beschäftigte in dem fortgeführten Hauptarbeitsverhältnis für drei Monate von Arbeitsleistungen mit der Zielsetzung freigestellt, dass sie während dieser Zeit einer befristeten (mehr als) vollschichtigen Tätigkeit in einem kooperierenden weiteren Betrieb nachgehen, dann spricht bereits das aufeinander abgestimmte Verhalten der beteiligten beiden Arbeitnehmer für eine berufsmäßige Ausübung auch der befristeten Tätigkeit, welche einer Beitragspriviligierung nach § 8 Abs. 1 Ziffer 2 SGB IV entgegensteht (LSG Niedersachsen-Bremen 20.12.2023 – L 2 BA 59/23).
Gern berate ich Sie in diesem Zusammenhang und prüfe den Entwurf Ihres Arbeitsvertrages.
Dr. Daniel Weigert, LL.M. (Lund)
Rechtsanwalt · Fachanwalt für Arbeitsrecht
MBA
Data Protection Risk Manager
Wirtschaftsmediator (IHK)
Negotiator (EBS) · Negotiation Master Class (Harvard)
Ballindamm 6 · 20095 Hamburg
t +49 40 2285 11210
dw@danielweigert.de