Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV)

Sind Sie als Arbeitgeber oder Betriebsrat unsicher, wie Sie die Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) effektiv integrieren und unterstützen können? Oder möchten Sie mehr über die Rechte und Pflichten der JAV erfahren?

Im Folgenden werden die Aufgaben und Rechte der JAV (dazu unter 1.), typische Konfliktpunkte und Herausforderungen (dazu unter 2.), sowie praktische Tipps für die Zusammenarbeit mit der JAV gegeben (dazu unter 3.).

Anschließend beantworten ich häufige Fragen zu diesem Thema (dazu unter 4.) und stelle relevante Rechtsprechung dar (dazu unter 5.).

1. Aufgaben und Rechte der Jugend- und Auszubildendenvertretung

Die Jugend- und Auszubildendenvertretung ist ein wichtiges Gremium, das die Interessen der jugendlichen Arbeitnehmer und Auszubildenden im Betrieb vertritt. Die Rechte und Pflichten der JAV sind im Betriebsverfassungsgesetz verankert.

a) Wahl und Zusammensetzung der JAV

Die JAV wird von den jugendlichen Arbeitnehmern und Auszubildenden im Betrieb gewählt. Wahlberechtigt sind alle Arbeitnehmer unter 18 Jahren sowie alle Auszubildenden unter 25 Jahren (§ 60 Abs. 1 BetrVG).

Wählbar sind alle Arbeitnehmer und Auszubildenden des Betriebs unter 25 Jahren, die mehr als 6 Monate im Betrieb tätig sind (§ 61 Abs. 2 BetrVG). Die Amtszeit der JAV beträgt in der Regel zwei Jahre. Die JAV besteht aus einer bestimmten Anzahl von Mitgliedern, abhängig von der Größe des Betriebs.

Die Zusammensetzung der JAV sieht wie folgt aus:

  • 5 bis 20 wahlberechtigten jugendlichen Arbeitnehmern und Auszubildenden: aus einer Person,
  • 21 bis 50 wahlberechtigten jugendlichen Arbeitnehmern und Auszubildenden: 3 Mitgliedern,
  • 51 bis 150 wahlberechtigten jugendlichen Arbeitnehmern und Auszubildenden: 5 Mitgliedern,
  • 151 bis 300 wahlberechtigten jugendlichen Arbeitnehmern und Auszubildenden: 7 Mitgliedern,
  • 301 bis 500 wahlberechtigten jugendlichen Arbeitnehmern und Auszubildenden: 9 Mitgliedern,
  • 501 bis 700 wahlberechtigten jugendlichen Arbeitnehmern und Auszubildenden: 11 Mitgliedern,
  • 701 bis 1.000 wahlberechtigten jugendlichen Arbeitnehmern und Auszubildenden: 13 Mitgliedern,
  • mehr als 1.000 wahlberechtigten jugendlichen Arbeitnehmern und Auszubildenden: 15 Mitgliedern.

Mitglieder des Betriebsrats können nicht zu JAV gewählt werden.

b) Aufgaben der JAV

Die JAV hat die Aufgabe, die speziellen Interessen der jugendlichen Arbeitnehmer und Auszubildenden zu vertreten (§ 70 BetrVG).

Dazu gehört:

  • Überwachung der Einhaltung von Gesetzen, Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen: Die JAV überwacht, ob die gesetzlichen Bestimmungen zum Jugendschutz, die Regelungen der Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen eingehalten werden.
  • Anträge beim Betriebsrat: Die JAV kann beim Betriebsrat Anträge stellen, die die Belange der jugendlichen Arbeitnehmer und Auszubildenden betreffen. Der Betriebsrat muss diese Anträge in seinen Sitzungen behandeln und darüber entscheiden.
  • Förderung der Integration: Die JAV fördert die Integration jugendlicher Arbeitnehmer und Auszubildender in den Betrieb und unterstützt sie bei Problemen am Arbeitsplatz.
  • Beratung und Unterstützung: Die JAV berät und unterstützt die jugendlichen Arbeitnehmer und Auszubildenden bei Fragen und Problemen rund um Ausbildung und Arbeit.

c) Rechte der JAV

Die JAV hat umfassende Informations- und Mitbestimmungsrechte:

  • Teilnahmerecht an Betriebsratssitzungen: Die JAV darf an allen Sitzungen des Betriebsrats teilnehmen, wenn Angelegenheiten behandelt werden, die die jugendlichen Arbeitnehmer und Auszubildenden betreffen.
  • Stimmrecht: In Angelegenheiten, die ausschließlich die jugendlichen Arbeitnehmer und Auszubildenden betreffen, hat die JAV ein Stimmrecht im Betriebsrat.
  • Informationsrecht: Die JAV hat das Recht, von der Geschäftsführung über alle Angelegenheiten informiert zu werden, die die jugendlichen Arbeitnehmer und Auszubildenden betreffen.

Die Übernahme von Ausgebildeten in ein Arbeitsverhältnis ist dabei für die JAV von besonders zentraler Bedeutung.

Merke

Wichtige Aufgaben der JAV sind unter anderem:

  • Fragen der Ausbildung
  • Übernahme der Auszubildenden in ein Arbeitsverhältnis, beim Betriebsrat zu beantragen
  • Überwachen, ob die, zugunsten der jugendlichen Arbeitnehmer und Auszubildenden, Gesetze, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen durchgeführt werden.

2. Typische Konfliktpunkte und Herausforderungen

a) Einhaltung des Jugendschutzes

Ein häufiger Konfliktpunkt ist die Einhaltung der Bestimmungen des Jugendarbeitsschutzgesetzes. Die JAV muss sicherstellen, dass die gesetzlichen Vorgaben zu Arbeitszeiten, Pausen und Arbeitsbedingungen für jugendliche Arbeitnehmer eingehalten werden. Konflikte entstehen oft, wenn der Arbeitgeber diese Vorschriften nicht beachtet oder interpretiert.

b) Ausbildungsqualität

Ein weiterer Konfliktpunkt ist die Qualität der Ausbildung. Die JAV hat die Aufgabe, die Einhaltung der Ausbildungspläne zu überwachen und sicherzustellen, dass die Auszubildenden eine hochwertige Ausbildung erhalten. Konflikte können entstehen, wenn Auszubildende sich über mangelnde Ausbildungsinhalte oder unzureichende Betreuung beschweren.

c) Integration und Diskriminierung

Die Integration jugendlicher Arbeitnehmer und Auszubildender in den Betrieb kann ebenfalls zu Herausforderungen führen. Die JAV muss darauf achten, dass junge Arbeitnehmer nicht diskriminiert oder benachteiligt werden. Konflikte entstehen häufig, wenn jugendliche Arbeitnehmer sich ausgegrenzt oder ungerecht behandelt fühlen.

3. Praktische Tipps für die Zusammenarbeit mit der JAV

Der Betriebsrat sollte die JAV aktiv unterstützen und ihre Anliegen ernst nehmen. Regelmäßige gemeinsame Sitzungen und eine enge Zusammenarbeit fördern das gegenseitige Verständnis und die Durchsetzung der Interessen der jugendlichen Arbeitnehmer.

Die Mitglieder der JAV sollten regelmäßig geschult werden, um ihre Aufgaben kompetent wahrnehmen zu können. Dies umfasst sowohl rechtliche Schulungen als auch Seminare zur Konfliktlösung und Kommunikation.

Eine offene und transparente Kommunikation zwischen JAV, Betriebsrat und Geschäftsführung ist entscheidend. Regelmäßige Informationsveranstaltungen und Gespräche helfen, Missverständnisse zu vermeiden und gemeinsame Lösungen zu finden.

Die Arbeit der JAV sollte anerkannt und wertgeschätzt werden. Dies kann durch die Teilnahme an betrieblichen Entscheidungsprozessen, aber auch durch Anerkennung ihrer Arbeit in der betrieblichen Kommunikation geschehen.

Merke

Seine Mitbestimmungsrechte kann die JAV nicht direkt beim Arbeitgeber wahrnehmen. Die Interessen der JAV werden immer über den jeweiligen Betriebs- oder Personalrat dem Arbeitgeber gegenüber vertreten. 

4. Häufige Fragen zur Jugend- und Auszubildendenvertretung

a) Wer darf wählen und gewählt werden?

Wahlberechtigt sind alle jugendlichen Arbeitnehmer unter 18 Jahren sowie alle Auszubildenden unter 25 Jahren. Wählbar sind alle Arbeitnehmer und Auszubildenden unter 25 Jahren, die mindestens sechs Monate dem Betrieb angehören.

b) Wie wird die JAV gewählt?

Die Wahl der JAV erfolgt in geheimer und unmittelbarer Wahl. Die Wahl wird von einem Wahlvorstand organisiert, der aus drei Wahlberechtigten besteht. Die Amtszeit der JAV beträgt in der Regel zwei Jahre.

c) Welche Rechte hat die JAV in Betriebsratssitzungen?

Die JAV darf an allen Betriebsratssitzungen teilnehmen, wenn Angelegenheiten behandelt werden, die die jugendlichen Arbeitnehmer und Auszubildenden betreffen. In solchen Angelegenheiten hat die JAV ein Stimmrecht.

d) Was passiert, wenn der Arbeitgeber die JAV ignoriert?

Wenn der Arbeitgeber die JAV ignoriert oder ihre Rechte verletzt, kann die JAV Beschwerde beim Betriebsrat einlegen. Der Betriebsrat kann dann entsprechende Maßnahmen ergreifen und, wenn nötig, rechtliche Schritte einleiten.

e) Welche Rolle spielt die JAV bei Betriebsänderungen?

Die JAV hat das Recht, bei Betriebsänderungen, die die jugendlichen Arbeitnehmer und Auszubildenden betreffen, beteiligt zu werden. Sie kann Anträge beim Betriebsrat stellen und hat ein Mitbestimmungsrecht in entsprechenden Angelegenheiten.

5. Rechtsprechung zu Jugend- und Auszubildendenvertretung

  • Schließt der Jugendvertreter innerhalb der letzten drei Monate des Ausbildungsverhältnisses mit dem öffentlichen Arbeitgeber einen befristeten Arbeitsvertrag ab, so kann darin nach den Umständen des Einzelfalls der Verzicht auf unbefristete Weiterbeschäftigung liegen. Dass der Arbeitgeber sich auf einen derartigen Verzicht beruft, ist nicht allein deswegen treuwidrig, weil er seiner Hinweispflicht nach § 9 Abs. 1 BPersVG nicht nachgekommen ist (BVerwG 31.05.2005 – 6 PB 1.05).

  • Gemäß § 65 Abs. 1 in Verbindung mit § 37 BetrVG hat ein Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung wie ein Mitglied des Betriebsrats Anspruch darauf, anlässlich der Teilnahme an einer erforderlichen Schulungs- und Bildungsveranstaltung bei Fortzahlung des Entgeltes von seiner Arbeitspflicht freigestellt zu werden. Nach dem gemäß § 65 Abs. 1 BetrVG ebenfalls für entsprechend anwendbar erklärten § 40 BetrVG hat der Arbeitgeber die durch die Tätigkeit der Jugend- und Auszubildendenvertretung entstehenden Kosten zu tragen und die erforderlichen Sachmittel zur Verfügung zu stellen, wozu auch die Kosten einer erforderlichen Schulung gehören. Der Betriebsrat ist für die Entscheidung über die Teilnahme eines Mitglieds der Jugend- und Auszubildendenvertretung an einer Schulungsveranstaltung zuständig. Die Jugend- und Auszubildendenvertretung hat keine selbständigen Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte, sondern kann nur durch und über den Betriebsrat tätig werden (LAG Niedersachsen 31.01.2019 – 10 TaBVGa 6/19).

  • Für die hinreichend sichere Prognose der für die zu wählende Zahl der Mitglieder einer Jugend- und Auszubildendenvertretung (eines Personalrats) maßgeblichen Personalstärke ist die geringere Personenzahl zu berücksichtigen, wenn zum Zeitpunkt des Wahlausschreibens nicht sicher ist, wie viele Auszubildende im Alter bis zu 25 Jahren eingestellt werden (OVG Berlin-Brandenburg 18.06.2015 – OVG 62 PV 15.14).

Gerne berate ich Sie zu allen Fragen rund um die Jugend- und Auszubildendenvertretung und unterstütze Sie bei der Umsetzung rechtlicher Vorgaben und der Integration junger Arbeitnehmer in Ihren Betrieb.

Dr. Daniel Weigert, LL.M. (Lund)
Rechtsanwalt · Fachanwalt für Arbeitsrecht
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