Gründung eines Betriebsrats: Voraussetzungen & Tipps

Sie sind Arbeitnehmer und überlegen, einen Betriebsrat zu gründen? Die Gründung eines Betriebsrats kann komplex sein und sollte, um von vornherein grobe Fehler zu vermeiden, gut durchdacht und geplant werden.

Im Folgenden werden die Voraussetzungen für eine Betriebsratsgründung (dazu unter 1.) und die verschiedenen Aufgaben des Wahlvorstands erläutert (dazu unter 2.). Danach werden die Wahlverfahren für den Betriebsrat(dazu unter 3.) sowie die Berechnung der Größe des BR-Gremiums (dazu unter 4.) dargestellt.

Anschließend wird eine Auswahl relevanter Rechtsprechung dargestellt (dazu unter 5.) sowie häufige Fragen über die Gründung eines Betriebsrats beantwortet (dazu unter 6.).

  • Welche Voraussetzungen braucht man, um einen Betriebsrat zu gründen?

Voraussetzung, um einen Betriebsrat zu gründen, ist zunächst eine Anzahl von mindestens 5 wahlberechtigten Arbeitnehmern im Unternehmen und die Entscheidung der Belegschaft, einen Betriebsrat gründen zu wollen. Wahlberechtigt sind diejenigen Arbeitnehmer, die während der überwiegenden Zeit im Jahr im Betrieb tätig sind.

Grundsätzlich finden die Betriebsratswahlen alle vier Jahre von Anfang März bis Ende Mai statt. In Unternehmen ohne Betriebsrat ist dies jedoch jederzeit möglich.

Um die Betriebsratswahl kümmert sich der Wahlvorstand. Der Wahlvorstand wird, bei Betrieben mit bestehendem Betriebsrat, durch den amtierenden Betriebsrat bestellt. Gibt es in dem Betrieb bisher keinen Betriebsrat, dann wählt die Mehrheit der Arbeitnehmer in einer Betriebsversammlung den Wahlvorstand (§ 17 BetrVG). Zu der Betriebsversammlung können vorher drei wahlberechtigte Arbeitnehmer im Betrieb einladen.

  • Was für Aufgaben hat ein Wahlvorstand?

Der Wahlvorstand bereitet und führt die Betriebsratswahl unverzüglich durch. Dabei hat er sich an die Wahlordnung (WO) zu halten, die umfangreiche Regelungen zur Wahl beinhaltet. Insofern kann die Wahl fehleranfällig sein, sodass vor allem folgende Aufgaben des Wahlvorstands beachtet werden sollten:

  • Wählerliste: Zunächst hat der Wahlvorstand eine Wählerliste, eine Liste der wahlberechtigten Arbeitnehmer, aufzustellen (§ 2 WO). Die Unterlagen und Auskünfte hierzu hat der Arbeitgeber dem Wahlvorstand zur Verfügung zu stellen. Auf der Liste sind aktiv und passiv wahlberechtigte Arbeitnehmer zu benennen und die nicht passiv berechtigten auszuweisen. Aktiv wahlberechtigt ist jeder Arbeitnehmer des Betriebs, der das 16. Lebensjahr vollendet hat („Wählen dürfen“). Passiv wahlberechtigt sind Arbeitnehmer, die das 18. Lebensjahr vollendet haben und in dem Betrieb mindestens seit sechs Monaten tätig sind („Wählbarkeit“). Leiharbeitnehmer sind nur aktiv wahlberechtigt.
  • Wahlausschreiben: Spätestens sechs Wochen vor dem ersten Tag der Stimmabgabe hat der Wahlvorstand ein Wahlausschreiben zu erlassen unter anderem mit der Zahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder und weiteren Informationen bezüglich der Wahl (z.B. Ort, Tag und Zeit der Stimmabgabe, § 3 WO). Hiermit wird die Wahl eingeleitet.
  • Prüfung der Wahlvorschläge (z.B. fristgerechter Eingang)
  • Durchführung der Wahlhandlung
  • Feststellung des Wahlergebnisses: Der Wahlvorstand hat die Stimmen öffentlich und direkt nach Abschluss der Wahl auszuzählen und das Ergebnis festzustellen (§ 18 BetrVG).
  • Sitzung einberufen und Ende des Wahlvorstandsamtes: Mit Einberufung der Sitzung des neuen Betriebsrats durch den Vorsitzenden des Wahlvorstands endet das Amt des Wahlvorstands.

 

Merke

Der Wahlvorstand kümmert sich um die ordnungsgemäße Durchführung und Vorbereitung der Betriebsratswahl. Fehler können zur Anfechtbarkeit oder sogar zur Nichtigkeit der Wahl führen.

Der Wahlvorstand hat mindestens bis zur Bekanntgabe des Wahlergebnisses besonderen Kündigungsschutz. Hier mehr zum Thema Sonderkündigungsschutz.

3. Wie wird der Betriebsrat gewählt?

Im Rahmen der Betriebsratswahl gibt es zwei unterschiedliche Wahlverfahren: das vereinfachte und das normale Wahlverfahren.

a) Vereinfachtes Wahlverfahren bei der Betriebsratswahl

Das vereinfachte Wahlverfahren (§ 14 a BetrVG) findet Anwendung bei Betrieben mit in der Regel 5 bis 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern. Sind es regelmäßig 101 – 200 wahlberechtigte Arbeitnehmer, dann kann der Wahlvorstand mit dem Arbeitgeber eine Vereinbarung über die Anwendung des vereinfachten Wahlverfahren treffen.

Dieses Verfahren soll dazu dienen, eine Betriebsratswahl anzuregen und, beispielsweise durch verkürzte Fristen und eine Wahlversammlung, zu erleichtern.

Das vereinfachte Wahlverfahren ist zweistufig – es wird zunächst in der ersten Wahlversammlung der Wahlvorstand und in der zweiten Wahlversammlung, der Betriebsrat gewählt. Wenn ein Wahlvorstand bereits bestellt wurde, dann ist das Verfahren einstufig und gewählt wird nur noch der Betriebsrat.

Im Gegensatz zum normalen Wahlverfahren wählen die Arbeitnehmer im vereinfachten Wahlverfahren nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl. Die Arbeitnehmer wählen insofern einzelne Kandidaten auf einer Liste.

b) Normales Wahlverfahren bei der Betriebsratswahl

In Betrieben mit mehr als 200 wahlberechtigten Arbeitnehmern, findet das normale Wahlverfahren statt (§ 14 BetrVG). Wurde keine anderweitige Regelung mit dem Arbeitgeber getroffen, dann wird auch in Betrieben mit 101 bis 200 Arbeitnehmern das normale Wahlverfahren angewandt.

Das normale Wahlverfahren erfolgt nach dem Grundsatz der Verhältniswahl. Die Arbeitnehmer können somit zwischen verschiedenen Vorschlagslisten als Ganzes und nicht einzelnen Mitgliedern wählen. Wurde nur eine Liste zur Wahl eingereicht, dann gilt, wie bei dem vereinfachten Verfahren, die Mehrheitswahl.

Merke

5 -100 wahlberechtigte Arbeitnehmer → Vereinfachtes Wahlverfahren

101 – 200 wahlberechtigte Arbeitnehmer → Entscheidung zwischen beiden  Wahlverfahren

Mehr als 200 wahlberechtigte Arbeitnehmer → Normales Wahlverfahren

Wird nicht auf das richtige Wahlverfahren geachtet, ist die Betriebsratswahl anfechtbar. Hier Näheres zum Thema „Anfechtung einer Betriebsratswahl“.

4. Wie groß ist das Betriebsratsgremium?

Die Größe des Betriebsrats richtet sich nach der Anzahl der regelmäßig im Betrieb beschäftigten wahlberechtigten Arbeitnehmer.

Keine Arbeitnehmer – im Sinne des § 5 BetrVG – sind zum Beispiel:

  • Gesetzliche Vertreter
  • Gesellschafter
  • Leitende Angestellte.

Die grundsätzliche Anzahl der Mandate ist in § 9 BetrVG geregelt, wird vom Wahlvorstand festgestellt und ergibt sich wie folgt:

Anzahl arbeitnehmer

Anzahl Betriebsratsmitglieder

5 bis 20

1 Person

21 bis 50

3 Mitglieder

51 bis 100

5 Mitglieder

101 bis 200

7 Mitglieder

201 bis 400

9 Mitglieder

401 bis 700

11 Mitglieder

701 bis 1000

13 Mitglieder

1001 bis 1500

15 Mitglieder

1501 bis 2000

17 Mitglieder

2001 bis 2500

19 Mitglieder

2501 bis 3000

21 Mitglieder

3001 bis 3500

23 Mitglieder

3501 bis 4000

25 Mitglieder

4001 bis 4500

27 Mitglieder

4501 bis 5000

29 Mitglieder

5001 bis 6000

31 Mitglieder

6001 bis 7000

33 Mitglieder

7001 bis 9000

35 Mitglieder

Hat ein Betrieb mehr als 9000 Arbeitnehmer, dann erhöht sich die Anzahl der Betriebsratsmitglieder um 2 Personen für je weitere 3000 Arbeitnehmer. Die falsche Berechnung der Anzahl der Betriebsratsmitglieder führt zur Anfechtbarkeit der Betriebsratswahl.

5. Rechtsprechung zum Thema Gründung eines Betriebsrats

  • Wird in einem bislang betriebsratslosen Betrieb ein Betriebsrat erst gebildet, nachdem der Arbeitgeber mit der Umsetzung der Betriebsänderung begonnen hat, steht dem Betriebsrat kein erzwingbares Mitbestimmungsrecht auf Abschluss eines Sozialplans zu (BAG 08.02.2022 – 1 ABR 2/21).
  • Ein leitender Angestellter im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG ist bei der Betriebsratswahl nach § 7 BetrVG nicht wahlberechtigt und nach § 8 Abs. 1 BetrVG nicht wählbar. Mangels Wahlberechtigung kann ein leitender Angestellter nach § 16 Abs. 1 BetrVG auch nicht zum Mitglied des Wahlvorstands bestellt werden. Ein Verstoß gegen diese Vorgaben kann – unter den weiteren Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 BetrVG – zur Unwirksamkeit der Betriebsratswahl führen (BAG 04.05.2022 – 7 ABR 14/21).
  • Ist in dem Wahlausschreiben für eine Betriebsratswahl keine Uhrzeit angegeben, bis zu der am letzten Tag der zweiwöchigen Frist zur Einreichung von Wahlvorschlägen der Zugang von Vorschlagslisten beim Wahlvorstand bewirkt werden kann, dürfen die wahlberechtigten Arbeitnehmer davon ausgehen, dass der Wahlvorstand Vorkehrungen dafür trifft, bis 24:00 Uhr von eingereichten Vorschlagslisten Kenntnis nehmen zu können. Ein vor 24:00 Uhr in den Briefkasten des Wahlvorstands eingelegter Wahlvorschlag ist dann noch rechtzeitig eingereicht (BAG 28.4.2021 – 7 ABR 10/20).
  • Die Amtszeit der Schwerbehindertenvertretung endet, wenn der Schwellenwert gem. § 177 Abs. 1 SGB IX (5 Personen) unterschritten wird. Der für den Betriebsrat geltende Grundsatz, nach dem beim Absinken unter den Schwellenwert die Amtszeit endet, ist auf die Schwerbehindertenvertretung übertragbar. (LAG Köln 31.8.2021 – 4 TaBV 19/21).

6. Häufige Fragen zum Thema Gründung eines Betriebsrats

a) Zählt die Betriebsratsarbeit als Arbeitszeit oder wird mir diese Zeit vom Gehalt abgezogen?

Die Betriebsratsarbeit ist grundsätzlich ein unentgeltliches Ehrenamt. Gemäß § 37 BetrVG sind die Betriebsratsmitglieder „von ihrer beruflichen Tätigkeit ohne Minderung des Arbeitsentgelts zu befreien, wenn und soweit es nach Umfang und Art des Betriebs zur ordnungsgemäßen Durchführung ihrer Aufgaben erforderlich ist“. Der Arbeitgeber ist daher bei einer notwendigen Betriebsratstätigkeit nicht dazu berechtigt, das Gehalt wegen der fehlenden Arbeitszeit zu mindern. Werden also während der Arbeitszeit Betriebsratsaufgaben erforderlich, dann ist es ausreichend, wenn sich das jeweilige Betriebsratsmitglied vor Verlassen des Arbeitsplatzes ab-, und nach erledigten Aufgaben, wieder anmeldet. Die Betriebsratstätigkeit hat somit keine Auswirkung auf ihr Gehalt.

b) Habe ich Kündigungsschutz, wenn ich im Betriebsrat bin?

Ja, als Betriebsratsmitglied genießen Sie einen Sonderkündigungsschutz (§§ 15 KSchG, 103 BetrVG). Sie sind während Ihrer Amtszeit nur außerordentlich kündbar. Auch Wahlbewerber genießen von ihrer Benennung an Sonderkündigungsschutz.

c) Wer kann Betriebsratsmitglied werden?

Grundsätzlich können Arbeitnehmer, die das 18. Lebensjahr vollendet haben und in dem Betrieb mindestens seit sechs Monaten tätig sind, sich zur Betriebsratswahl zur Verfügung stellen. Dazu gehören auch Arbeitnehmer die nur befristet angestellt sind. Angestellte in leitender Position (im Sinne des § 5 BetrVG) und Leiharbeiter hingegen nicht.

d) Warum sollte man einen Betriebsrat gründen? Welche Nachteile hat ein Betriebsrat?

Die Bildung eines Betriebsrats ermöglicht es dem Gremium mitbestimmen und die Interessen der Arbeitnehmer vertreten zu können. Es kann eine abwechslungsreiche und herausfordernde Tätigkeit darstellen, die aber auch nicht zu unterschätzen ist. Als Betriebsrat ist man oftmals mit problematischen Situationen konfrontiert und hat gegebenenfalls Konflikte mit dem Arbeitgeber zu bewältigen. Diese Konfliktmomente können Ihr Verhältnis zu Ihren Kollegen oder Ihrem Arbeitgeber im Einzelfall beeinflussen. Die Betriebsratstätigkeit bietet eine Gelegenheit, einen Einblick in das Unternehmen und die Zukunftsvorstellungen des Arbeitgebers zu bekommen.

e) Kann mein Arbeitgeber die Gründung eines Betriebsrats verbieten?

Nein, Ihr Arbeitgeber hat keinen Einfluss darauf, ob Sie einen Betriebsrat gründen können oder nicht. Im Gegenteil: wer eine Betriebsratswahl behindert oder durch Androhung von Nachteilen beziehungsweise Anbieten von Vorteilen versucht die Betriebsratswahl zu beeinflussen, macht sich gemäß § 119 BetrVG strafbar (Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe).

f) Was kostet ein Betriebsrat im Jahr?

Die Betriebsratskosten variieren je nach Unternehmensgröße, Zusammenarbeit des Betriebsrats mit dem Arbeitgeber, etc. Eine einzelne Einigungsstelle kann mehrere tausend Euro kosten, auch arbeitsrechtliche Verfahren können kostspielig sein. Nach einer Unternehmensanalyse des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln vom Jahr 2004 betragen die jährlichen Gesamtkosten für den Arbeitgeber ca. 650 € pro Mitarbeiter.  

Wenn Sie sicher gehen möchten, auf was Sie alles bei einer Betriebsratswahl achten müssen beziehungsweise, ob Sie einen Betriebsrat gründen können, bin ich Ihnen gern behilflich.

Gern stehe ich Ihnen zur Beantwortung in allen Fragen bezüglich der Gründung eines Betriebsrats oder auch für Betriebsratsseminare und Schulungen zur Verfügung.

Dr. Daniel Weigert, LL.M. (Lund)
Rechtsanwalt · Fachanwalt für Arbeitsrecht
Data Protection Risk Manager

Ballindamm 6 · 20095 Hamburg

t +49 40 2285 11210
dw@danielweigert.de

Anrufen! Emailen!